Wirtschaft

Ein teures und vermutlich überflüssiges Projekt - eine Brücke für Fledermäuse zwischen Pocking und Bad Füssing. (Foto: Maria Ritch/Michael Stocker)

10.10.2024

Fahrlässiger Umgang mit Steuergeldern

Vorstellung „Das Schwarzbuch – Die öffentliche Verschwendung 2024/25“

Seit 52 Jahren veröffentlicht der Bund der Steuerzahler in seinen Schwarzbüchern nicht nur skandalöse Fälle, bei denen Millionen und Milliarden D-Mark und Euro in den Sand gesetzt wurden, sondern berichtet auch über kleine und skurrile Fälle direkt vor der Haustür der Bürgerinnen und Bürger. Dabei ist dem Bund der Steuerzahler eines klar: Die veröffentlichten Fälle sind nur die Spitze des Eisbergs.

Der Bund der Steuerzahler ist die unabhängige, gemeinnützige und parteipolitisch neutrale Schutzvereinigung aller Steuerzahler in Deutschland. Er hat sich insbesondere folgende Zielsetzungen zur Aufgabe gemacht:
- für ein einfaches und gerechtes Steuersystem,
– für eine geringere Steuer- und Abgabenbelastung,
– für eine sparsame und wirtschaftliche Verwendung von Steuergeldern,
– für eine Verhinderung der Verschwendung von Steuergeldern sowie
– für einen leistungsfähigen und modernen Staatsapparat.

Die gesamtstaatliche Verschuldung beträgt derzeit weit über 2 494 244 730 000 Euro und wächst mit jeder Sekunde um weitere 3974 Euro. Dabei müssten, so Maria Ritch, Vizepräsidentin Bund der Steuerzahler in Bayern e.V., bei der Vorstellung des neuen Schwarzbuchs Die öffentliche Verschwendung 2024/25, eigentlich Sparsamkeit und Wirtschaftlichkeit zwingendes Gebot bei der Verausgabung öffentlicher Mittel sein. Leider gebe es jedoch „unzählige Löcher, wo Steuergelder in den öffentlichen Haushalten gleichsam versickern“, so Ritch.

Teure Imagepflege

Auch die diesjährigen Recherchen mit exemplarischen Fällen aus Bayern würden laut Ritch zeigen, dass mit dem Steuergeld immer wieder zu sorglos umgegangen wurde. „Die Steuergeldverschwendungen reichen von Kostenexplosionen bei öffentlichen Bauvorhaben, kostenintensiven Annehmlichkeiten, teurer Imagepflege bis hin zu teuren Fehlern und Draufzahlgeschäften sowie einem schlampigen Umgang mit Steuergeldern.“

Wie jedes Jahr sind Baukostenüberschreitungen bei öffentlichen Bauvorhaben im Schwarzbuch nicht wegzudenken. Nach Ritch Worten ist die öffentliche Hand nach wie vor nicht in der Lage, öffentliche Projekte im vorgegebenen Kosten- und Zeitrahmen durchzuführen. Zu beobachten sei vielmehr, dass die Kosten schon oft im Planungsstadium davonlaufen. „Wären zusätzliche hohe Kosten eine Bau- oder Sanierungsmaßnahme bereits zum Zeitpunkt der Entscheidungsfindung im zuständigen Gremium bekannt gewesen, würden auf jeden Fall klarere Verhältnisse bestehen und man könnte sich von vornherein auf eine hohe Ausgabenbelastung einstellen. Doch oft muss nachgebessert werden, was zu erheblichen Finanzierungsproblemen führen kann.“

Hier nun einige Beispiele:

Während man beim „Museum für Konkrete Kunst und Design“, einer ehemaligen Industriehalle, in Ingolstadt ursprünglich von Kosten in Höhe von maximal 33 Millionen Euro ausging, war man 2021 bereits bei rund 47 Millionen Euro angelangt. Ursächlich hierfür waren archäologische Arbeiten bis in eine Tiefe von acht Metern. Die Funde mussten freigelegt und dokumentiert werden. Dieser Aufwand war höher als erwartet. Die dadurch verursachten Bauzeitverzögerungen erhöhten die Kosten weiter wie auch zusätzliche statische Maßnahmen, sodass man schließlich bei 58,7 Millionen Euo angelangt war. Preissteigerungen und Materialengpässe taten ihr Übriges.

Ein Dauerbrenner in den Schwarzbüchern des Bundes der Steuerzahler ist das Projekt „Zweistöckige Straßenbahnunterführung am Augsburger Hauptbahnhof“. Die Stadt errichtet einen neuen Straßenbahntunnel unter den Bahngleisen im zweiten Untergeschoss des Hauptbahnhofs. Damit wird eine Verbindung zum neuen Westzugang des Hauptbahnhofs für Straßenbahn und Fußgänger geschaffen. Die Kosten sind bereits in der Planungsphase von Jahr zu Jahr gestiegen. Dies setzte sich auch während der Bauausführung fort. Die im Jahr 2006 veranschlagten 70 Millionen Euro haben sich auf 252 Millionen Euro (2022) vervielfacht.

Ende letzten Jahres wurde dann die Zwischenebene unter den Gleisen und der neue Fußgängertunnel freigegeben. Die Inbetriebnahme der Straßenbahnebene im Tiefgeschoss ist für kommendes Jahr vorgesehen. „Doch selbst dann“, so Ritch, „wird noch keine Straßenbahn den Tunnel in ganzer Länge durchqueren können, da es noch keinen westlichen Gleisanschluss gibt. Wann einmal die Arbeiten für die westliche Bahnhofstunnelöffnung weitergehen werden, ist aktuell noch nicht absehbar.“ Der Bund der Steuerzahler befürchtet, das das kostenträchtige Augsburger Tunnelprojekt am Ende den Steuerzahler mit rund 300 Millionen Euro belasten wird. In diesem Zusammenhang sprach sich Ritch generell für mehr Transparenz sowie strikte, korrekte und genaue Planung aus.

„Auf welch ein finanzielles Abenteuer hat man sich da eingelassen?“, frägt da Ritch. Gleichzeitig betont sie aber auch, dass große Bauvorhaben per se komplex sind und auch immer Unvorhergesehenes passieren kann. Aber derart hohe Kostensteigerungen werfen für sie auch Fragen zum Risikomanagement auf.

Eine Brücke für Fledermäuse

Ein absolut absurdes Projekt ist auch eine Brücke für Fledermäuse zwischen Pocking und Bad Füssig. Hier wurde eine rund drei bis vier Millionen Euro teures, etwa 50 Meter langes Brückenbauwerk errichtet, das einen sicheren Übergang für Fledermäuse über die künftige Erweiterung der A 94 gewährleisten soll. Dort soll sich nämlich ein Flugkorridor fpr geschützte Fledermäuse befinden. Laut Experten orientieren sich Fledermäuse auf ihren Flügen per Echoortung an Heckenmustern, Gehölzstrukturen oder Reliefkanten. Daher wurde das Brückenbauwerk auch mit einer rund 2,5 Meter hohen Einzäunung versehen, damit die Fledermäuse gezielt über die Brücke geleitet werden können. Die Brücke wurde auch begrünt. So befinden sich sowohl auf rechten, als auch auf der linken Seite der Brücke jeweils ein etwa 5,2 Meter breiter Grünstreifen.

Gleichzeitig dient das Brückenbauwerk als Querungshilfe für Radfahrer, denn in der Mitte der Brücke verläuft ein rund 3,2 Meter breiter Radweg. In diesem Zusammenhang stellt sich für Ritch die Frage, ob dies etwa eine Alibibrücke ist? Ob die Fledermäuse einmal tatsächlich über ihre millionenteure Brücke fliegen werden, lässt sich allerdings schlecht beurteilen. Na dann mal guten Flug.

Und die Stadt Hof hat sich eine teure Stadtmöblierung geleistet, um die Innenstadt attraktiver zu gestalten. Im einzelnen wurden 20 Sitzgelegenheiten und Bänke, teilweise mit Pflanzbehältern angeschafft. Nach Mitteilung der Hofer Oberbürgermeisterin handelt es sich dabei „um hochwertige Anfertigungen aus einer Kombination von Stahl und langlebigem Hartholz und nicht nur um ’einfache’ Sitzbänke mit ’Baumarktqualität’. Dafür mussten die Steuerzahler mit rund 173 000 Euro tief in die Tasche greifen.

Die Stadtmöblierung wird laut Ritch zwar zu 80 Prozent aus staatlichen Mitteln im Rahmen der Städtebauförderung bezuschusst, doch dies ist aus Sicht der Steuerzahler unerheblich. „Denn gleich aus welchem Topf das Geld kommt – Steuergeld bleibt Steuergeld.“ Bereits im vergangenen Jahr hat Hof drei Sitzgelegenheiten, sogenannte „Waaf Bänk’la“ für rund 55 000 Euro angeschafft. Insgesamt hat man also 227 000 Euro für „Designersitzbänke“ ausgegeben.

Ursache für die verschwenderisches Ausgabegebaren ist für Ritch die immer noch existierende „Es-ist-ja-nicht-mein-Geld-Mentalität“ in Politik und Verwaltung. Sie gelte es zu bekämpfen. Um eine Sensibilisierung beim öffentlichen Ausgabegebaren zu erreiche, muss derjenige, der die in den Haushaltsgesetzen festgelegten Grundsätze der Sparsamkeit und Wirtschaftlichkeit missachtet, genauso zur Rechenschaft gezogen werden, wie jemand, der Steuern hinterzieht, so Ritch. Leider sei dies nach dem bisher geltenden Strafrecht nicht der Fall. „Aber beides – Steuerhinterziehung und Steuergeldverschwendung – ist gleichermaßen sozialschädlich und muss auch gleichermaßen geahndet werden.“ (Friedrich H. Hettler)

 

Kommentare (0)

Es sind noch keine Kommentare vorhanden!
Die Frage der Woche

Soll der Mindestlohn per Gesetz auf 15 Euro erhöht werden?

Unser Pro und Contra jede Woche neu
Diskutieren Sie mit!

Die Frage der Woche – Archiv
Vergabeplattform
Vergabeplattform

Staatsanzeiger eServices
die Vergabeplattform für öffentliche
Ausschreibungen und Aufträge Ausschreiber Bewerber

Jahresbeilage 2024

Nächster Erscheinungstermin:
28. November 2025

Weitere Infos unter Tel. 089 / 29 01 42 54 /56
oder
per Mail an anzeigen@bsz.de

Download der aktuellen Ausgabe vom 29.11.2024 (PDF, 19 MB)

E-Paper
Unser Bayern

Die kunst- und kulturhistorische Beilage der Bayerischen Staatszeitung

Abo Anmeldung

Benutzername

Kennwort

Bei Problemen: Tel. 089 – 290142-59 und -69 oder vertrieb@bsz.de.

Abo Anmeldung

Benutzername

Kennwort

Bei Problemen: Tel. 089 – 290142-59 und -69 oder vertrieb@bsz.de.