Wirtschaft

So stellt sich die Kommunistische Partei Chinas perfekte Innenstädte vor: Moderne Infrastruktur, glückliche Menschen – und über allem grüßt milde lächelnd der allmächtige Staats- und Parteichef Xi Jinping. Kritik ist unerwünscht. (Foto: dpa/Mark Schiefelbein)

03.12.2021

Gefahr von Technologie- und Wirtschaftsspionage

Eine neue Studie enthüllt, wie China mittels Städtepartnerschaften subtilen Einfluss auf deutsche Kommunen ausübt – Diese erhoffen sich Investitionen

Das Café Tibet in Nürnberg bietet leckere landestypische Kost – und einen beliebten Treffpunkt für Exil-Tibeter*innen aus der offiziell autonomen Region, die von China 1959 besetzt und deren Bevölkerung laut Amnesty International seither drangsaliert und zwangsweise assimiliert wird. Offizielle chinesische Stellen sehen derlei freilich weniger gern.

Norbert Schürgers kann davon ein Lied singen. Er leitet das Amt für Internationale Beziehungen der Stadt Nürnberg, die gemeinsam mit ihren Nachbarkommunen eine Partnerschaft mit der chinesischen Stadt Shenzhen unterhält. Ein Besuch des Dalai Lama in Nürnberg vor einigen Jahren hat laut Schürgens eine „Abkühlung der Beziehungen“ mit Shenzhen ausgelöst. Das habe sich aber inzwischen wieder normalisiert.

Rund 115 deutsche Kommunen pflegen aktuell Partnerschaften mit China – meist in der Hoffnung auf wirtschaftliche Investitionen und Handelsverbindungen. Eine neue Studie des Mercator Institute for China Studies (Merics) belegt nun, wie die Kommunistische Partei diese Beziehungen eiskalt nutzt. Die Stiftung Merics ist das größte unabhängige Forschungsinstitut in Europa, das sich mit dem gegenwärtigen China und dessen Beziehungen zu anderen Ländern und der EU beschäftigt. Das Institut beschäftigt rund 20 akademische Expert*innen aus ganz Europa, den USA, Australien und Singapur.

Interessen durchsetzen

„Subnationale Diplomatie – also diplomatische Beziehungen zu deutschen Bundesländern und Kommunen – ist für China ein Kanal zur Durchsetzung strategischer Interessen“, erläutert Claudia Wessling, die Kommunikationschefin von Merics. Dazu gehören wirtschaftliche Interessen und die Verbreitung chinesischer Propaganda. Und es bestehe die Gefahr von Technologie- und Wirtschaftsspionage. Kultureller und zivilgesellschaftlicher Austausch fände dagegen so gut wie nicht mehr statt.

Besonders viele Städtepartnerschaften wurden in den frühen 2000er-Jahren geschlossen. Auffällig: fast alle chinesischen Provinzen sind vertreten – nicht aber Tibet und Xinjiang, in denen Minderheiten unterdrückt werden. Dass die roten Mandarine in diesen Partnerschaften am längeren Hebel sitzen liegt auch daran, dass es im Verhältnis zwischen China und Deutschland eine strukturelle Asymmetrie gibt: Das zentralisierte chinesische System trifft auf das föderale deutsche System. Chinesische Städte müssen sich bei der Zentralregierung erst Genehmigungen einholen, bevor sie Städtepartnerschaften eingehen. Deutsche Städte dagegen entscheiden eigenverantwortlich über Partnerschaften.

Was Peking missfällt

Vor allem am 10. März jeden Jahres ruft laut Merics-Studie die chinesische Botschaft bei den Bürgermeister*innen an. Das ist der Gedenktag der tibetischen Exilregierung anlässlich des chinesischen Einmarschs. Zu den Unterstützenden der Tibeter gehören auch viele deutsche Städte – und zeigen mit der tibetischen Flagge vor ihren Amtsstuben Solidarität mit Tibet. Das missfällt Peking.

Manche Bürgermeister*innen knicken auch ein und zeigen die Flagge nicht mehr – wie beispielsweise Norbert Stumpf (CSU), Rathauschef der Gemeinde Bubenreuth im Landkreis Erlangen-Höchstadt, der die Tradition mit Verweis auf die offizielle bayerische Flaggen-Verwaltungsanordnung einstellte. Ein Einzelfall ist Bubenreuth damit freilich nicht. Laut Tibet Initiative Deutschland beteiligten sich bei Start der Flaggen-Solidarität 1996 noch mehr als 1000 Kommunen in der Bundesrepublik daran. Inzwischen seien es deutlich weniger als 500. Der lange Arm der Kommunistischen Partei Chinas: Er reicht inzwischen auch in deutsche Rathäuser.
(André Paul)

Kommentare (0)

Es sind noch keine Kommentare vorhanden!
Die Frage der Woche

Sollen Schwangerschaftsabbrüche entkriminalisiert werden?

Unser Pro und Contra jede Woche neu
Diskutieren Sie mit!

Die Frage der Woche – Archiv
Vergabeplattform
Vergabeplattform

Staatsanzeiger eServices
die Vergabeplattform für öffentliche
Ausschreibungen und Aufträge Ausschreiber Bewerber

Jahresbeilage 2023

Nächster Erscheinungstermin:
29. November 2024

Weitere Infos unter Tel. 089 / 29 01 42 54 /56
oder
per Mail an anzeigen@bsz.de

Download der aktuellen Ausgabe vom 24.11.2023 (PDF, 19 MB)

E-Paper
Unser Bayern

Die kunst- und kulturhistorische Beilage der Bayerischen Staatszeitung

Abo Anmeldung

Passwort vergessen?

Geben Sie Ihren Benutzernamen oder Ihre E-Mail ein um Ihr Passwort zurückzusetzen. Bei Fragen wenden Sie sich bitte an: vertrieb(at)bsz.de

Zurück zum Anmeldeformular 

Bei Problemen: Tel. 089 – 290142-59 und -69 oder vertrieb@bsz.de.

Abo Anmeldung

Passwort vergessen?

Geben Sie Ihren Benutzernamen oder Ihre E-Mail ein um Ihr Passwort zurückzusetzen. Bei Fragen wenden Sie sich bitte an: vertrieb(at)bsz.de

Zurück zum Anmeldeformular 

Bei Problemen: Tel. 089 – 290142-59 und -69 oder vertrieb@bsz.de.