Wirtschaft

Seit 2017 wurden in Bayern pro Jahr mehr neue Sozialwohnungen gebaut als alte aus der Sozialbindung vielen. (Foto: dpa/Daniel Reinhardt)

25.03.2022

"Gemeinsame Lösungsansätze sind gefragt"

Hans Maier, Direktor des Verbands bayerischer Wohnungsunternehmen, über fehlende Sozialwohnungen, Ukraine-Flüchtlinge und mehr Bundesmittel für die Wohnraumförderung

Die Wohnungswirtschaft fordert angesichts des überall in Deutschland herrschenden Wohnraummangels, dass der Bund pro Jahr fünf Milliarden Euro für die Wohnraumförderung bereitstellt. Jetzt hat er die entsprechenden Mittel des Bundes auf 14,5 Milliarden Euro bis 2026 aufgestockt. Das kommt zwar nicht an die geforderte Summe heran, ist aber ein großer Schritt in die richtige Richtung. Jetzt liegt es an den Ländern, dem guten Beispiel des Bundes zu folgen und ihre eigenen Förderprogramme ebenfalls kräftig aufzustocken.

BSZ: Herr Maier, wie viele Sozialwohnungen gibt es noch in Bayern?
Hans Maier: In Bayern gab es 2020 rund 135.000 Sozialwohnungen. Davon sind 107.800 im Bestand der Mitgliedsunternehmen des VdW Bayern.

BSZ: Wie viele sind letztes Jahr aus der Sozialbindung gefallen?
Maier: Im Jahr 2020 sind bei den Verbandsmitgliedern 2700 Wohnungen aus der Sozialbindung gefallen.

BSZ: Wie viele neue Sozialwohnungen sind letztes Jahr hinzugekommen?
Maier: In den letzten Jahren kamen jährlich rund 3000 Sozialwohnungen dazu. 2020 waren es 3016 und 2019 waren es 3200 Sozialwohnungen, die von den Verbandsmitgliedern gebaut wurden. Der Saldo war seit 2017 stets positiv. Das hängt mit dem Wohnungspakt Bayern zusammen, der 2015 ausgerufen wurde. Seitdem haben die Mitgliedsunternehmen des VdW verstärkt in den Wohnungsbau investiert.

BSZ: Wie viele Sozialwohnungen müsste man pro Jahr in Bayern bauen, um die Nachfrage zu befriedigen?
Maier: Das Wohnungsbauziel der Staatsregierung von 70.000 neuen Wohnungen jährlich bis zum Jahr 2025 ist ambitioniert, aber notwendig. Beim bestehenden Mangel an bezahlbaren Wohnungen müssten im Zuwanderungsland Bayern jährlich mindestens 20 Prozent im Marktsegment bezahlbares Wohnen entstehen. Also geförderte Wohnungen oder auch Mietwohnungen von sozial orientierten Vermietern. Davon ist man derzeit weit entfernt.

BSZ: Wie viele Menschen stehen derzeit auf der Warteliste für eine Sozialwohnung?
Maier: So pauschal kann man das für Bayern nicht beantworten. Fakt ist, dass der Wohnungsmarkt inzwischen auch in vielen Klein- und Mittelstädten angespannt ist. Alleine in München stehen 30.000 Haushalte auf der Warteliste für eine Sozialwohnung, in Nürnberg sind es 7700 und in Augsburg 6800. Die Stadtbau Dachau hat 450 Haushalte auf ihrer Warteliste stehen.

BSZ: Mit wie viel mehr Bedarf rechnet der VdW wegen der Flüchtlinge aus der Ukraine?
Maier: Die Flüchtlinge aus der Ukraine treffen auf einen äußerst angespannten Wohnungsmarkt in vielen bayerischen Städten. Hier sind gemeinsame Lösungsansätze von Freistaat, Kommunen und der Wohnungswirtschaft gefragt. Die Wohnungswirtschaft hilft, wo sie kann, und viele Mieter nehmen zusätzlich ukrainische Kriegsflüchtlinge bei sich auf. Unsere Mitgliedsunternehmen sind bereits bei der Vermietung an Menschen aus der Ukraine aktiv und arbeiten eng mit den Kommunen zusammen. Die Hilfsbereitschaft ist groß, aber kurzfristig wird sich diese Herausforderung leider nicht lösen lassen. Wir haben weiter den fehlenden Zugang zu bezahlbarem Bauland, die langen Planungs- und Bauzeiten und die hohen Baukosten.

BSZ: Wie kann man denn aus VdW-Sicht die Bauprozesse beschleunigen?
Maier: Bayern ist bei der Beschleunigung des Bauprozesses bereits auf einem guten Weg. Mit der neuen Bayerischen Bauordnung soll der Weg zur Baugenehmigung nur noch drei Monate dauern, ansonsten greift beim vereinfachten Bauverfahren die Genehmigungsfriktion.

BSZ: Wie sieht es mit seriellem Bauen aus?
Maier: Unsere Mitgliedsunternehmen sammeln hier seit einigen Jahren Erfahrungen. Bei allen Vorteilen des seriellen Bauens sollte die Erwartungshaltung aber nicht zu groß sein. Bei Grundstücken auf der grünen Wiese, die eine einfache Bebauung zulassen, kann der Wohnungsbau sicher beschleunigt werden. Doch differenzierte Anforderungen an das Wohnen und unterschiedlichste Rahmenbedingungen im Projekt lassen sich durch serielles Bauen nicht so einfach, schnell und günstig lösen.

BSZ: Was müsste aus Ihrer Sicht noch passieren?
Maier: Wichtig ist aus Sicht der Wohnungswirtschaft, dass es einfachere aber transparente Vergabeverfahren gibt. Da könnten tatsächlich enorme Kosten gespart werden. Und die großen Themen für die sozial orientierten Mitgliedsunternehmen im VdW Bayern sind weiterhin unverändert die hohen Grundstückskosten und die nach wie vor steigenden Baukosten. Das macht den Bau von bezahlbaren Mietwohnungen fast unmöglich.
(Interview: Ralph Schweinfurth)

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