Wirtschaft

Menschen mit Behinderung können durchaus als Fachkräfte arbeiten. (Foto: dpa / Hendrik Schmidt)

15.02.2019

Jobs für Menschen mit Handicap

Die bayerischen Bezirke propagieren das neue Instrument „Budget für Arbeit“, das Menschen mit Behinderung den Weg in den ersten Arbeitsmarkt ebnet

Ärztemangel, Pflegenotstand, Fachkräfte-Engpässe im Handwerk, Tausende Landwirte vor dem Rentenalter: Der deutsche Arbeitsmarkt braucht einer Studie zufolge mittel- und langfristig Jahr für Jahr mindestens 260 000 Zuwanderer. In einer alternden Gesellschaft werde das Angebot an Arbeitskräften ohne Migration bis zum Jahr 2060 um rund 16 Millionen Personen – also um fast ein Drittel – massiv schrumpfen. Das prognostiziert eine Untersuchung im Auftrag der Bertelsmann Stiftung, die diese Woche in Gütersloh veröffentlicht wurde. Experten sagen dazu: Es wird ein äußerst harter Job, so viele möglichst qualifizierte Menschen aus dem Ausland zu rekrutieren.

Doch der Fachkräftemangel lässt sich auch durch Anstrengungen in Sachen Inklusion etwas dämpfen. Menschen mit Behinderung waren in der Vergangenheit fast nur in Behindertenwerkstätten beschäftigt. Das Bundesteilhabegesetz (BTHG) eröffnet seit Beginn 2018 die Möglichkeit, dass erwerbsunfähige Menschen mit Behinderung ein sozialversicherungspflichtiges Arbeitsverhältnis aufnehmen. In diesem Fall haben sie einen Anspruch auf Assistenzleistungen am Arbeitsplatz durch besonders geschultes Personal und die Arbeitgeber erhalten Lohnkostenzuschüsse – das sogenannte Budget für Arbeit.

Neue Wahlmöglichkeit


„Die bayerischen Bezirke begrüßen es sehr, dass Menschen mit Behinderung nun wählen können, ob sie in einer Behindertenwerkstatt oder auf dem ersten Arbeitsmarkt tätig sein wollen“, sagte Franz Löffler (CSU), Präsident des Bayerischen Bezirketags und Präsident des Bezirks Oberpfalz sowie Landrat des Landkreises Cham, vor der Presse in Nürnberg. Aber erst zehn Menschen mit Behinderung hätten bislang von diesem Angebot Gebrauch gemacht. Löffler appelliert deshalb an die Arbeitgeber, Berührungsängste abzubauen und dieses Angebot weiter auszubauen, da es „ein wichtiger Beitrag für eine gelingende Inklusion“ sei.

Maximal 1500 Euro pro Monat erhalten Arbeitgeber für die Einstellung eines Menschen mit Behinderung. „Damit werden Leistungsdefizite monetär ausgeglichen“, erläuterte der Bezirketagspräsident. Doch von dieser neuen Möglichkeit wissen laut Löffler noch zu wenige Firmen- und Personalchefs.

Betroffene könnten einen Antrag beim jeweiligen Bezirk stellen und der Integrationsfachdienst evaluiere diesen. Gleichzeitig sollten die Betroffenen sich nach einem Arbeitsplatz umsehen. „Wir haben es bisher vier Personen bewilligt und fünf befinden sich in der Prüfung“, erläuterte Armin Kroder (FW), Bezirkstagspräsident von Mittelfranken.

Mehr Fahrt aufnehmen


Damit dieses neue Instrument des „Budgets für Arbeit“ mehr Fahrt aufnimmt, müssen Löffler zufolge die Bundesagentur für Arbeit und die jeweiligen Jobcenter noch viel enger mit den Bezirken kooperieren. Er betont aber auch: „Wir wollen niemanden aus den Werkstätten herausdrängen.“ Diese seien ein Segen, denn dort würden sich die Betroffenen sehr wohlfühlen. Für Menschen mit Behinderung sei die Arbeit ein wichtiges Betätigungsfeld, um sich wertgeschätzt zu fühlen. Und für diejenigen, die sich fit genug fühlen für den ersten Arbeitsmarkt, ist laut Löffler das „Budget für Arbeit“ eine prima Hilfestellung, um dort auch eine Chance zu haben.

Als großen Erfolg bewertet der Bezirketagspräsident auch das Projekt BÜWA (Begleiteter Übergang Werkstatt – allgemeiner Arbeitsmarkt), das es in Bayern seit Dezember 2014 gibt. Rund 250 Werkstattbeschäftigte hätten bislang daran teilgenommen. Über 30 Prozent, fast 80 Personen, konnten erfolgreich ein sozialversicherungspflichtiges Arbeitsverhältnis begründen. „Die Bezirke wenden für die Qualifizierungs- und Vermittlungsmaßnahmen pro Teilnehmendem zwischen 17.000 und fast 27.000 Euro auf. Hinzu kommt ein Anteil an Lohnkostenzuschüssen, die die Arbeitgeber erhalten, sowie Vermittlungsprämien“, erklärte Löffler. Diese Ausgaben rechneten sich nicht nur wegen der eingesparten Werkstattkosten, sondern vorrangig wegen der gelungenen Inklusionsleistung im Arbeitsleben.

Der Hauptausschuss des Bayerischen Bezirketags, der kommende Woche in Neuendettelsau (Landkreis Ansbach) tagt, wird sich noch in diesem Jahr mit der Fortsetzung von BÜWA über den 30. November 2019 hinaus befassen. „Eine Fortführung dieses erfolgreichen Projekts, das es Menschen ermöglicht, unabhängig von Leistungen der Eingliederungshilfe am Arbeitsleben teilzuhaben, würde ich sehr begrüßen“, betonte Löffler.
(rs, dpa)

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