Für Projektleiter Tim Lorenz ist er „das Megaprojekt der kommenden Jahre, des nächsten Jahrzehnts“: Der 6500 Meter lange, geplante Güterzugtunnel, der nach Fertigstellung Fürths Hauptbahnhof vom „Mischverkehr“ aus Personen- und Güterzügen befreien soll.
Gerade die Bevölkerung der Kleeblattstadt hat großes Interesse an der Tunnelplanung und am Rest der zusammen 14 km langen, zweigleisigen Güterzug-Neubaustrecke. Deshalb kamen auch mehrere 100 Gäste zu einem Infomarkt, den die Deutsche Bahn (DB) am Mittwoch in der Stadthalle Fürth angeboten hatte.
Der Tunnel ist Teil des bereits im Jahr 1992 beschlossenen Verkehrsprojekts „Deutsche Einheit Nr. 8“ (VDE8). Damit soll(te) in erster Linie der Schienenverkehr zwischen München und Berlin massiv beschleunigt werden. Und die damals sieben (heute neun) Gleise von Fürths Hauptbahnhof waren und sind bis heute das Nadelöhr auf den Bahnstrecken zwischen Nürnberg und Bamberg auf dem Weg nach Berlin sowie Nürnberg und Würzburg in Richtung Nord- und Westdeutschland.
Endlich mal ein positiver Termin
„Endlich mal ein positiver Termin mit der Bahn!“ Fürths Oberbürgermeister Thomas Jung (SPD) macht keinen Hehl daraus, dass ihn insbesondere das jahrelange Hinauszögern einer Bahn-Entscheidung zum Verlauf der künftigen S-Bahn-Strecke nach Erlangen nervt, ebenfalls Teil von VDE8 (siehe unten). Doch beim Plan, die Güterzüge nicht mehr durch das Nadelöhr „Fürth Bayern Hbf“ schleusen zu wollen, ist er auf einer Linie mit der DB AG: „Der Tunnel wird die Lebensqualität und den Lärmschutz für viele Stadtteile verbessern“, da ist sich Jung jetzt schon sicher.
Wann es so weit sein wird? „Unsere Vorstellung ist: Mitte der 2030er Jahre“, schätzt Projektleiter Lorenz. Denn zuerst müssen die sogenannten Planfeststellungsbeschlüsse (PFB) vorliegen, danach muss die Finanzierung gesichert sein, dann folgen die Ausschreibungen. Zur Bauzeit selber sagt er, die 6000 Meter Tunnelgraberei werde „erfahrungsgemäß sechs Jahre dauern. Mit einer Inbetriebnahme rechne ich Mitte der 2030er-Jahre.“
Los kann es erst gehen, wenn – wie von der DB erwartet – das Eisenbahnbundesamt den PFB für den VDE8-Abschnitt 13 gefasst hat; spätestens Ende 2023 soll es so weit sein. Dann werden zunächst im Nürnberger Westen die bestehenden Gleise nach außen verlegt, um Platz für den Einsatz der Tunnelfräse zu schaffen.
Alle kritischen Fragen geklärt
Die Hoffnung auf den baldigen PFB scheint begründet. Offenbar wurden bei dem Erörterungstermin an gleicher Stelle im Oktober letzten Jahres alle kritischen Fragen geklärt; jedenfalls wissen die für Umwelt- und Wasserbelange zuständigen Fachleute auf Nachfrage nichts Gegenteiliges. So seien Bedenken wegen Erschütterungen in einem Mehrfamilienhaus ausgeräumt worden, das 17 Meter über dem geplanten Tunnel steht.
Die Einwendungen wegen Gefahren für ein Wasserschutzgebiet konnten wohl schon deshalb entkräftet werden, weil „auch während der Bauphase keine Grundwasserabsenkung geplant“ sei. Und weil sich die Bahn sicher ist, die bei der Grabung anfallenden 1.300.000 Kubikmeter Erdreich schon auf der Schienentrasse abfahren zu können, steht die Angst auch nicht mehr im Raum, das werde per Lkw über Straßen passieren.
Dennoch: Während er Bauphase werden die Anwohnenden rund um die neue Streckenführung zwischen Nürnberg-West und Fürth-Kronach stark betroffen sein. Wobei sich auf Nürnberger Gebiet neben den Gleisen am Tunneleingang Gewerbe- und Sportflächen befinden; am anderen Ende in Fürth sind eher landwirtschaftliche Flächen in der Nähe.
Einst war ein interkommunales Gewerbegebiet geplant
Hier schließt sich auch der VDE8-Abschnitt 16 an. In dem war anfangs auch geplant, die S-Bahn Nürnberg-Erlangen durch das bäuerliche Knoblauchsland zu führen, wo einst ein interkommunales Gewerbegebiet geplant war. Das ist längst vom Tisch. 2017 hat denn auch das Bundesverwaltungsgericht diesen sogenannten Verschwenkplan für „rechtswidrig“ erklärt. Doch bis heute hat die Bahn diesen Plan noch nicht begraben, sondern nur „nicht weiter verfolgt“. Um den Tunnel voranzubringen, hat die Bahn den betreffenden Abschnitt neu beplant. Tim Lorenz geht davon aus, im nächsten Jahr mit „Abschnitt 16 neu“ ebenfalls in die Erörterung mit den Betroffenen gehen zu können.
Bleibt noch die Kostenfrage. Der DB-Projektleiter sagt dazu: „Wir tun uns da schwer.“ Verständlich. Denn zuletzt liefen bei vielen Bahnprojekten die Kosten aus dem Ruder – man denke nur an die zweite S-Bahn-Stammstrecke in München. Und auch bei VDE8 war nur am Anfang (1993) von „geschätzten Projektkosten 12,4 Milliarden DM“ (circa 6,3 Milliarden Euro) die Rede. Über etwa 8 Milliarden Euro (1994) stieg die erwartete Summe im Jahre 2017 auf 10 Milliarden Euro. Aber weil der Güterzugtunnel unter Fürth im Bundesverkehrswegeplan steht, sehen die Bahnverantwortlichen die Finanzierung offenbar als gesichert an.
Ach ja: Einst war geplant, dass das gesamte Verkehrsprojekt Deutsche Einheit Nr. 8 bereits im Jahre 2000 fertiggestellt sein sollte. Nun halt „Mitte der 2030er-Jahre“. Falls nichts Großes mehr dazwischenkommt.
(Heinz Wraneschitz)
Wer mehr wissen will: www.bahnausbau-nuernberg-bamberg.de
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