Wirtschaft

Wenn der Nachschub aus Übersee nicht kommt, hat die deutsche Industrie gewaltige Probleme. (Foto: dpa/Marcus Brandt)

05.11.2021

Lieferengpässe beseitigen

Westbalkanländer haben als Beschaffungsmärkte ein hohes Potenzial

Wer ein neues Auto kauft, muss immer länger darauf warten. „Je nach Fabrikat und Modell hat sich die Lieferzeit bei einem Großteil auf drei bis sechs Monate eingependelt“, sagte Marcus Weller, Marktexperte beim Zentralverband Deutsches Kraftfahrzeuggewerbe, der Deutschen Presse-Agentur. Bei manchen Premiummodellen müssten Kund*innen sogar neun Monate bis ein Jahr lang warten, bis sie den Wagen in Empfang nehmen können.

Hintergrund sind vor allem die Lieferengpässe bei wichtigen Bauteilen, darunter Halbleiter. Hersteller drosseln deshalb die Produktion. Stefan Reindl, Leiter des Geislinger Instituts für Automobilwirtschaft, sagt voraus: „Die Problematik langer Lieferzeiten könnte sich im Herbst 2021 bis weit ins Frühjahr 2022 verschärfen.“ Die Folge: Rabatte auf den Listenpreis werden seltener, auch Gebrauchtwagenpreise ziehen an.

Auch eine aktuelle Umfrage des Münchner Ifo-Instituts verheißt wenig Hoffnung. Zwar sei der Materialmangel in der deutschen Industrie im Oktober etwas geringer geworden. 70 Prozent der Firmen klagten nach einer laut Ifo-Institut über Engpässe und Probleme bei der Beschaffung von Vorprodukten und Rohstoffen – 7 Prozentpunkte weniger als im September. „Von einer Entspannung kann aber nicht gesprochen werden“, sagt der Leiter der Ifo-Umfragen, Klaus Wohlrabe, am Mittwoch in München.

Die Preise steigen

Die Firmen erwarteten, dass die „Engpässe bis weit ins neue Jahr bestehen bleiben“. Die Folge seien steigende Preise: „Wir sehen, wie sich die Preiserhöhungen durch die gesamte Wirtschaft ziehen“, sagt Wohlrabe. Probleme bei der Materialbeschaffung hätten annähernd 90 Prozent der Hersteller von elektrischen Ausrüstungen und der Autoindustrie, 81 Prozent der Maschinenbauer und jeder zweite Nahrungsmittelhersteller. Der Ifo-Umfrage zufolge gehen die Industriefirmen im Durchschnitt davon aus, dass die Probleme noch acht Monate andauern werden – die Chemie- und die Autoindustrie rechnen sogar mit fast zehn Monaten, die Nahrungsmittelindustrie mit fünfeinhalb Monaten.

Für Abhilfe kann das sogenannte Nearshoring sorgen. „Nearshoring im europäischen Ausland wird für unsere Unternehmen lohnenswert, weil es kurze Lieferketten ermöglicht und vor politischen Risiken schützt“, sagte Jürgen Helmes, Hauptgeschäftsführer der IHK Regensburg für Oberpfalz/Kelheim in der aktuellen Sitzung des IHK-Ausschusses International. Dabei gehe es nicht um eine Rückverlagerung von Produktionsstandorten etwa aus Asien, sondern um eine Diversifizierung der Bezugsquellen. Auf mehreren Beinen stehe man besser, so Helmes.

Vor allem die sechs Westbalkanländer Albanien, Bosnien und Herzegowina, Kosovo, Montenegro, Nordmazedonien und Serbien böten derzeit den Unternehmen Möglichkeiten. Balkan-Experte Martin Gabler von Germany Trade & Invest stellte den Ausschussmitgliedern das Potenzial dieser Region als Beschaffungsmarkt vor: „Der westliche Balkan verfügt über eine starke industrielle Basis und er liegt für die deutsche Wirtschaft quasi vor der Haustür.“ Für ausländische Direktinvestitionen bestünde Potenzial vor allem in den Bereichen Landwirtschaft und Lebensmittel, Kunststoff, holzverarbeitende Industrie und Möbel, Textil-, Schuh- und Lederindustrie.

Die „Einkaufsinitiative Westbalkan“ der Bundesregierung vernetzt laut Gabler Lieferanten aus dem Westbalkan mit Einkäufern aus Deutschland (mehr Informationen für Unternehmen hierzu erteilt IHK-Ansprechpartnerin Marion Freitag, Tel. 0941/5694-263, freitag@regensburg.ihk.de).
(rs, dpa)

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