Wirtschaft

Landwirtschaftsminister Helmut Brunner schätzt regionale Produkte wie heimische Milch. (Foto: dapd)

06.07.2012

„Marke Bayern in die Köpfe bringen“

Bayerns Landwirtschaftsminister Helmut Brunner über professionellere Regionalvermarktung

Regionale Produkte sind bei Verbrauchern sehr beliebt. Darum will Landwirtschaftsminister Helmut Brunner (CSU) die Regionalvermarktung stärken. Wir sprachen mit ihm darüber, wie das vor sich gehen soll. BSZ: Herr Brunner, wie groß ist das jährliche Umsatzvolumen der bayerischen Landwirte mit regional vermarkteten Produkten?
Brunner: Darüber gibt es leider keine statistischen Erhebungen. Es existiert nur eine handfeste Zahl: 37 Prozent der bayerischen Haushalte kaufen regional ein. Und dank Marktforschung ist festzustellen, dass immer mehr junge Menschen bevorzugt regionale Produkte kaufen. BSZ: Wie gut kommen die regionalen Produkte beim Verbraucher an?
Brunner: Sehr gut. Denn der Trend zu regionalen Produkten nimmt zu. Sie schätzen die Frische, die hohe Qualität und die Nähe der Lebensmittel. Mit 175 haben wir in Bayern die Hälfte aller deutschen Bauernmärkte. BSZ: Gibt es da noch Luft nach oben?
Brunner: Sicher. Darum setzen wir uns seitens der Ministeriums für die Regionalvermarktung ein. Wir wollen, dass sie noch professioneller und flächendeckender wird. BSZ: Braucht man dazu Vermarktungszusammenschlüsse wie zum Beispiel „Unser Land“ im Großraum München, „Original regional“ im Großraum Nürnberg oder „Von hier“ im Allgäu?
Brunner: Das braucht man in den Städten, um den Einzelhandel beliefern zu können. Doch auf dem Land können die Bauern gleich in die Direktvermarktung einsteigen, sprich ihre Produkte auf Bauernmärkte oder in Hofläden anbieten. Hierzu bieten wir auch Förderung an. BSZ: Sind regional vermarktete Produkte auch zugleich Bioprodukte?
Brunner: Nein nicht immer. Bio muss extra gekennzeichnet werden. Aber „BioRegio“ könnte ein neuer Qualitätsbegriff werden, der sicher von vielen Verbrauchern im Freistaat angenommen werden würde. BSZ: Wenn man bei manchen Landwirten in die Gewächshäuser blickt, könnte einem aber der Appetit vergehen. Da werden vor der neuen Saison im Winter die Häuser mit beißenden Chemikalien gereinigt. Finden sich dann diese Rückstände in den Regioprodukten wieder?
Brunner: Sicher nicht. Denn wir haben in Bayern die höchste Kontrolldichte landwirtschaftlicher Betriebe überhaupt. Und bei den Rückstandsuntersuchungen haben die bayerischen Betriebe die niedrigsten Werte. Das zeigt, dass sich unsere Bauern an die gesetzlichen Bestimmungen halten. BSZ: Regionale Produkte sollen ja noch stärker beim Verbaucher einschlagen als bisher. Was planen Sie da konkret?
Brunner: Wir wollen die Marke Bayern, also heimische Produkte, noch stärker in den Köpfen der bayerischen und deutschen Verbraucher verankern. Sie sollen beim Einkauf bewusst zu den bei ihnen vor Ort erzeugten Produkten greifen. Hierzu wollen wir auch die entsprechende Kennzeichnung ausbauen. Im Doppelhaushalt 2012/2013 stehen dafür 2 Millionen Euro zur Verfügung. Außerdem wollen wir die Verbraucher noch stärker informieren.
BSZ: Wie soll das geschehen?
Brunner: Übers Internet und über die Schulen. Im Internet kann man sich Informationen abholen und über das Schulfruchtprogramm an den bayerischen Schulen sollen die Kinder sensibilisiert werden. Sie sind ja Kommunikatoren, die das Erlebte in die Familien hineintragen. Wenn dann also die Kinder feststellen, dass nicht nur Scholoriegel, sondern auch Obst gut schmeckt, werden sie bei den Eltern entsprechende Weichenstellungen vornehmen. BSZ: Selbst wenn sich durch die Regionalvermarktung die Einkommenssituation der Landwirte verbessern lässt, so reicht das doch künftig nicht zum Überleben aus. Was raten Sie den Bauern?
Brunner: Die Biogaserzeugung könnte für viele Betriebe ein sinnvolles zweites Standbein werden. Viele Landwirte, die im Jahr 2009 unter der Milchkrise litten, aber gleichzeitig bereits eine Biogasanlage betrieben haben, konnte auf diese Weise wirtschaftlich besser zurechtkommen. BSZ: Sehen Sie die Biogaserzeugung auch als Baustein der Energiewende an, um Versorgungssicherheit zu gewährleisten?
Brunner: Hierin liegt in der Tat ein riesiges Potenzial. Denn Investoren halten sich wegen der geringen Jahresgesamtlaufzeit und der daraus resultierenden Unrentabilität beim Bau dringend benötigter neuer Gaskraftwerke zurück. Also muss man Auswege finden und diese bieten sich beim Biogas. Wer beispielsweise einen Milchviehbetrieb hat, kann die Gülle in der Biogasanlage nutzen. Der dann erzeugte Strom ist grundlastfähig, weil er 24 Stunden an 365 Tagen im Jahr zur Verfügung steht. Ideal wäre es, wenn die gleichzeitig entstehende Wärme genutzt würde, etwa zum Beheizen von Gebäuden via Nahwärmenetz. BSZ: Braucht man dann noch die gigantischen Stromleitungen von den Offshore-Windparks in Nord- und Ostsee nach Bayern?
Brunner: Eine gewisse Strommenge wird der Industriestandort Bayern sicher von den dortigen Windparks brauchen. Aber unser Ziel bei der Energiewende ist Energie aus Bayern für Bayern, wie das bisher schon der Fall ist.
(Interview: Ralph Schweinfurth)

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