Wirtschaft

Michael Kliebenstein hat es sich zur Aufgabe gemacht, Niederbayern zu vermarkten. (Foto: Niederbayern-Forum)

05.10.2012

„Niederbayern ist eine Aufsteigerregion“

Chef des Regionalmarketingvereins Niederbayern-Forum zieht nach einem Jahr eine erfolgreiche Bilanz

Regionalmarketing ist ein wichtiges Instrument, um ein bestimmtes Gebiet über die Landesgrenzen hinaus bekannt zu machen. Vor etwa einem Jahr gründete sich deshalb das Niederbayern-Forum. Wir sprachen mit Geschäftsführer Michael Kliebenstein über die Vermarktung dieses bayerischen Regierungsbezirks. BSZ: Warum braucht Niederbayern ein Regionalmarketing durch den Verein Niederbayern-Forum e.V.? Bayern ist doch auf der ganzen Welt ein Begriff!Kliebenstein: Klar kennt jeder Bayern – das ist quasi unsere übergeordnete Dachmarke. Aber Niederbayern ist eine ganz eigenständige Region innerhalb Bayerns mit vielen Alleinstellungsmerkmalen. Deshalb konzentrieren wir uns im Regionalmarketing primär auf die Vermittlung unserer eigenen Kernbotschaften – immer jedoch im großen Kontext Bayerns. Der Verein Niederbayern-Forum e. V. ist hierfür die überregionale Plattform, die alle Anstrengungen vereint, den Wirtschaftsstandort zu vermarkten. Niederbayern ist einzigartig und das wollen wir auch so kommunizieren. BSZ: Was macht den Wirtschaftsstandort Niederbayern so einzigartig?
KLiebenstein: Neben den wirtschaftlichen Spitzenleistungen natürlich die attraktive geographische Lage im europäischen Vieleck München, Regensburg, Nürnberg, Budweis, Salzburg und Wien, aber natürlich auch die hohe Lebensqualität und die vielen Zukunftsangebote, speziell für junge Familien. Niederbayern ist inzwischen so etwas wie ein Paradies für Innovation und Unternehmenserfolg geworden. Unsere Unternehmen weisen stetiges Wachstum in Umsatz und Beschäftigung bei soliden Eigenkapitalquoten aus. Aus vielen bodenständigen Mittelständlern sind heute internationale Marktführer in einer Nische geworden. Die Arbeitslosenquote ist weiter gesunken auf aktuell rund 3,0 Prozent. BSZ: Wo sehen Sie die besonderen Vorteile für junge Familien in Niederbayern?
Kliebenstein: In Niederbayern ist Leben einfach preiswerter als zum Beispiel in den Metropolregionen. Zusätzlich haben wir die intakte Natur und eine perfekte medizinische Versorgung in der Fläche. Und wenn sie einmal Sehnsucht nach Großstadtflair haben, dann sind die großen Städte wirklich gleich um die Ecke. Darüber hinaus bietet Niederbayern ungeheuer interessante Karrierechancen für junge Fach- und Führungskräfte. Das Job-Angebot ist insgesamt sehr attraktiv. Wir haben zusätzlich ein tolles Bildungsangebot, ein vielfältiges Kulturangebot sowie eine hervorragende Technologie- und Wissenschaftskompetenz an unseren beiden Hochschulen und an der Uni Passau. Niederbayern ist ein attraktiver Wirtschaftsstandort für junge Menschen geworden. Von den vielen touristischen Highlights einmal ganz abgesehen. BSZ: Wie lange gibt es das Niederbayern-Forum schon?/ Wie ist es aufgestellt, wer zahlt und über wie viel Geld kann es verfügen?
Kliebenstein: Vor rund einem Jahr haben wir den Verein Niederbayern-Forum e. V. aus der Taufe gehoben, um das Regionalmarketing auf eine breitere Basis zu stellen. Das gelang uns durch die Einbeziehung der Wirtschaft, der Hochschulen, der Landkreise und Städte, der beiden Kammern und vieler engagierter Unternehmen. Wir haben inzwischen mehr als 100 hochkarätige Mitglieder – womit wir endlich die schlagkräftige Organisation haben, die wir brauchen. Das Staatsministerium für Wirtschaft, Infrastruktur, Verkehr und Technologie gewährt uns eine für einen Zeitraum von rund 4 Jahren genau festgesetzte Summe, die projektbezogen, also in kleinen Stufen und streng reglementiert, ausgeschüttet wird. Insgesamt können dies für den genannten Zeitraum bis zu 300.000 Euro sein. Die gleiche Summe wird vom Bezirk Niederbayern zur Verfügung gestellt, allerdings mit der Maßgabe, einen Großteil davon selbst zu refinanzieren. Wir refinanzieren uns durch Mitgliedsbeiträge, Co-Finanzierungen oder durch Zuwendungen. BSZ: Welchen Bekanntheitsgrad hat Niederbayern inzwischen in Deutschland, Europa und der Welt durch die Aktivitäten des Niederbayern-Forum e.V. erlangt?
Kliebenstein: Niederbayern zeigt mithilfe der Medien inzwischen eine stärkere Präsenz. Sowohl in den regionalen bayerischen Printmedien, TV-Sendern und Radiostationen, wie auch in ausgewählten überregionalen Wirtschaftsmedien. Das wollen wir besonders auf digitaler Ebene weiter ausbauen. Wir wissen aus unserer Fremdimageanalyse, dass Niederbayern inzwischen als Aufsteigerregion wahrgenommen wird. Überrascht hat uns in der Umfrage, dass nahezu alle Befragten die Nähe zum Flughafen München als Positiv-Kriterium anführten. In allen Experteninterviews ist zudem die besondere Lebensqualität hervorgehoben worden, eine intakte Natur und viele Freizeitmöglichkeiten. Natürlich müssen noch einige Aspekte zum dynamischen Wirtschaftsstandort Niederbayern klarer werden. Daran arbeiten wir momentan. Und weil wir nicht mit massiven Medienetats agieren können, setzen wir auf ein anderes Mittel: Unsere über 100 Niederbayern-Botschafter, die in der ganzen Welt unterwegs sind. Die Botschafter zeigen Entscheidern und Multiplikatoren aus anderen Regionen und Ländern: „So ist Niederbayern!“, „So lebt man in Niederbayern!“ und vor allem auch „So funktionieren Firmen, Institutionen, Vereine oder die Kunst in Niederbayern!“ Unsere Marken-Botschafter tragen diese Botschaft buchstäblich in die Welt hinaus. BSZ: Mit welchen Partnern arbeiten Sie sonst im Niederbayern-Forum zusammen?
Kliebenstein: Hier spielt die flächendeckende Vernetzung mit den wichtigsten Akteuren vor Ort eine große Rolle. Die Ernennung herausragender, regionaler Persönlichkeiten zu Botschaftern Niederbayerns ist da nur eine Maßnahme. Auch die Kooperation mit den Wirtschaftsförderern, den Clustersprechern der Hochschulen und die Zusammenarbeit mit den Kammern ist wichtig. Alle sind inzwischen mit unseren Aktivitäten eng vernetzt. Ein Beispiel: Wir konnten alle gemeinsam mit dem gelungenen Netzwerktag der niederbayerischen Unternehmen am 1. März 2012 in Deggendorf zum Thema Energiewende mit rund 750 Besuchern einen schönen Erfolg feiern. Da haben wirklich alle an einem Strang gezogen. BSZWelches Marketingkonzept setzen Sie für Niederbayern ein?
Kliebenstein: Wir wollen eine neue Begehrlichkeit für die Marke Niederbayern schaffen. Wir wollen uns weg bewegen von der einfachen Herkunftsmarke Niederbayern hin zu einem neuen Leitbild für die „Qualitätsmarke Niederbayern“, die stets mit attraktiven Zukunftsangeboten und mit wirtschaftlichen Spitzenleistungen assoziiert wird. Niederbayern steht heute für Zukunft und Offenheit, für wirtschaftliche Spitzenleistungen und für hochqualifiziertes Personal. Das ist unser Fokus. Natürlich beinhaltet das Angebot auch viele individuelle Karriere-Chancen für junge Fachkräfte. Um hierzu einen besseren Überblick zu bieten, arbeiten wir an verschiedenen Medienprojekten. Aber auch unsere Schul- und Hochschulabgänger sind in die Strategie mit einbezogen. Sie sollen einen besseren Schnell-Überblick über Niederbayern bekommen, damit sie ihre Karrieren besser planen können. Unser Marketingkonzept will die Qualitäten Niederbayerns nicht nur in den Köpfen der Entscheidungsträger fest verankern, sondern auch in der Region selbst. BSZ: Welche Aktivitäten planen Sie in der nächsten Zukunft?
Kliebenstein: Neue Handlungsfelder für das Niederbayern-Forum sind die Standortkampagne „Innovation und Zukunft“, die im Herbst anläuft und zusätzlich mit einer Fachkräftekampagne kombiniert wird. Die Fachkräfteansprache planen wir übrigens zusammen mit ausgewählten Unternehmen. Ein Bestandteil davon ist eine digitale Kampagne für das mobile Internet, die über internetfähige Endgeräte, also Smartphones, Pads, Tablets etc., abrufbar ist. Daneben stellen wir gerade das „Who’s who“ der niederbayerischen IT-Branche zusammen und planen gemeinsam mit unseren Verlagen zwei Wirtschaftsbeilagen für 2012. Eine Netzwerkkonferenz mit dem Flughafen München ist in Arbeit genau so wie das große Botschafter-Jahrestreffen und die Beteiligung am Best Business Award, der in der Dreiländerregion Bayern – Oberösterreich – Tschechien stattfindet. Parallel laufen viele kleinere und mittlere Aktivitäten, wie die Weiterentwicklung des Internetportals www.niederbayern.de, die teils genau so aufwendig zu organisieren sind , wie Großprojekte. Es ist insgesamt also viel los. BSZ: Wie definieren Sie die Rolle Niederbayerns zwischen den beiden Metropolregionen München und Nürnberg?
Kliebenstein: Der demografische Wandel, insbesondere die Abwanderung aus dem ländlichen Raum, wird Niederbayern und sein Verhältnis zu den Metropolregionen in den nächsten 20 Jahren stark beeinflussen und prägen. Die Frage ist: Wie wird die Politik auf die neuen Herausforderungen reagieren? Die starke Konkurrenzsituation mit den Ballungsräumen ist insgesamt eine sehr unbefriedigende Sache. Das negative Image der Fläche ist unberechtigt und eine der Folgen daraus. Die hohe Attraktivität der Metropolregionen ist in meinen Augen sowieso ein völliges Märchen, weil man dort nicht besser lebt, dafür aber mehr zahlt. Eine Konzentration der Politik auf die Metropolen wäre also, wenn es sie denn gäbe, grundfalsch. Wir verstehen uns als gleichwertiger Partner der Metropolregionen.
 
BSZ: Welche Potenziale für Niederbayern ergeben sich durch die neue Donau-Moldau-Region?
Kliebenstein: Hier kann ich nur aus Sicht des Niederbayern-Forum e.V. antworten. Wir sind an der Region Donau-Moldau beteiligt, weil die Euregio Mitglied im Beirat des Niederbayern Forums ist. Insgesamt wollen wir helfen, die Entwicklung voran zu treiben. Darüber hinaus kooperieren wir mit dem Best Business Award, der in der Dreiländerregion grenzübergreifend die besten Unternehmen prämiert. Für Niederbayern wird natürlich immer ganz entscheidend bleiben, wie sich die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit entwickelt. Denn ohne Wirtschaft und Arbeitsplätze ist eine Region – egal wie groß sie definiert ist – nichts wert. Das hat die Vergangenheit klar gezeigt. BSZ: Wie stehen die Niederbayern zum Vermarkten ihrer Region?
Kliebenstein: Wir wissen aus unserer Umfrage, dass sich die Niederbayern inzwischen ein offener gezeigtes Selbstbewusstsein wünschen. Das war nicht immer so. Wir haben mitunter Spontanassoziationen, Stärken und Schwächen und einige Details zum Eigen-Image Niederbayerns abgefragt. Ganz erstaunlich, wie selbstbewusst die Region mittlerweile geworden ist. Die Ergebnisse der Umfrage haben uns die Aufgabenstellung, die sich das Niederbayern-Forum gesetzt hat, in vollem Umfange bestätigt und uns eine neue Richtung für die Vermarktung vorgegeben. Die brillanten Zukunftsaussichten der Region stehen jetzt im Vordergrund.
(Interview: Ralph Schweinfurth)

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