Wirtschaft

Blick auf den Westhafen in Regensburg. (Foto: Bayernhafen Gruppe)

09.12.2016

Platz schaffen auf der Straße – durch Schiffstransporte

Chef der Bayernhafen Gruppe fordert die Politik auf, den unfairen Wettbewerb zwischen Bahn und Binnenschiff aufzulösen

Die Transportleistung der Bayernhafen Gruppe auf den Wasserstraßen Main, Donau und Main-Donaukanal wird sich in diesem Jahr maximal auf Vorjahresniveau bewegen. „Grund hierfür waren die niedrigen Wasserstände an Rhein und Donau“, sagt Joachim Zimmermann, Geschäftsführer der Bayernhafen GmbH & Co. KG mit Sitz in Regensburg, der Staatszeitung. Doch auch ein Trend im Frachtaufkommen selbst sorgt für ein verändertes geschäftliches Umfeld. „Massengüter wie zum Beispiel Kohle und Eisenerz sind rückläufig, hinzu kommt, dass die Gütermengen kleiner werden“, so Zimmermann. Darauf müssten sich die Binnenschiffer, die „bislang eher große Partien akquiriert haben“, einstellen. Dennoch sorgt die Binnenschifffahrt auch weiterhin dafür, dass viele Lkw-Fahrten auf langen Strecken eingespart und dadurch viele Tonnen CO2 reduziert werden.

Logistikansiedlungen zum Wohle der Umwelt


Auch im Bereich von Logistikansiedlungen spielt die Bayernhafen Gruppe ihre Stärken zum Wohle des jeweiligen Standorts und der Umwelt aus. „In den letzten Jahren haben wir zum Beispiel rund 82 Hektar Fläche im Bayernhafen Nürnberg neu besiedelt. Damit konnten Querverkehre durch das Stadtgebiet der Frankenmetropole signifikant reduziert und somit die Luftqualität verbessert werden“, sagt der Bayernhafen-Chef. So konnten der Zoll sowie die Güterterminals der Deutschen Bahn und Schenker von ihren eher innerstädtischen Lagen ins Hafengebiet im Süden der Stadt mit direktem Autobahnanschluss verlegt werden. Laut Zimmermann sind dort noch zwei bis fünf Hektar an Flächen verfügbar. Das könne für fünf bis sechs kleinere Betriebsansiedlungen oder -erweiterungen im Hafen Nürnberg reichen. Insgesamt sei es allerdings eine Aufgabe für alle Beteiligten zu überlegen, wie man mit dem Ansiedlungsdruck im gewerblichen Bereich umgeht.

Zwar könne durch Fluktuation einiges an Nachfrage aufgefangen werden, doch eben nicht alles. „Wir schließen mit unseren Kunden Verträge über 30 bis 50 Jahre ab“, so Zimmermann. Danach seien die Areale wieder verfügbar. Entweder verlängere der entsprechende Kunde seinen Vertrag, oder ein neues Unternehmen siedele sich auf der dann frei werdenden Fläche an. Es komme auch vor, dass an einem der sechs Bayernhafen-Standorte (Aschaffenburg, Bamberg, Nürnberg, Roth, Regensburg, Passau) schon mal ein Hektar über längere Zeit frei bleibe. „Das können wir uns leisten, weil wir ökologisch nachhaltig sein dürfen und nicht sofort jede freie Fläche wieder vermieten müssen“, erläutert der Bayernhafen-Chef. Auf diese Weise entstehe intelligentes Flächenmanagement, denn der freibleibende Hektar könne zusammen mit einer benachbarten Fläche weitervermietet werden, sobald diese frei ist. Diese Konstellation kommt laut Zimmermann öfter vor. Auf diese Weise seien dann größere Areale verfügbar. Die Nachfrage hierfür sei groß.

„So ein Hafengebiet ist ideal für eine Kommune, da dort immer auch Gewerbe mit Emissionen Platz findet. So wirkt ein Hafen wie ein Staubsauger, der Emissionen an einem Ort bündelt. Wichtig ist es deshalb, dass ein Hafen den notwendigen Platz hat und Wohngebiete eben nicht zu nah heranrücken“, so Zimmermann. Wo es aus historischen Gründen eine Nachbarschaft zu Wohnbebauung gebe, wie etwa im Bayernhafen Regensburg, werde etwas lauteres Gewerbe dann in den von der Wohnbebauung abgelegenen Teilen des Hafengebiets untergebracht. Auch diese planerische Herausforderung sei zu meistern.

Schwertransporte gehören aufs Binnenschiff


Eine klare Position hat die Bayernhafen Gruppe auch beim Thema Übermaß- und Schwertransporte, „denn die sind auf dem Binnenschiff viel besser aufgehoben als auf der Autobahn“, so Zimmermann. Er appelliert an die Genehmigungsbehörden, hier etwas restriktiver zu verfahren, da würden Lkw-Schwertransporte oft einfach nur durchgewunken. Denn ob eine schwere Anlage vom Hersteller in Bayern ganz schnell per Lkw zum Überseehafen nach Rotterdam oder Hamburg transportiert werden muss, um dann sechs bis acht Wochen per Hochseeschiff nach Asien zum Kunden unterwegs zu sein, sei schon fraglich. Wenn die Anlage via Binnenschiff nach Rotterdam kommt und dafür ein paar Tage länger braucht, sei das kein großer Zeitverlust angesichts der langen Reisezeit über die Weltmeere, so der Bayernhafen-Chef. Die Verladekapazitäten in den Häfen seien da, die Transportkapazitäten auf dem Schiff auch.

„Eine ganzheitliche Betrachtung von Verkehr wäre nötig, um entsprechende logistische und ökologische Schätze zu heben“, betont Zimmermann. Hier seien Politik und Verbände gefragt, um das noch schlummernde Optimierungspotenzial zu realisieren.

Diese engere Abstimmung sei sowieso nötig, „damit im Zeitalter der Digitalisierung diejenigen Unternehmen, die in Infrastruktur und Anlagen investieren, auch den entsprechenden Benefit aus ihrem unternehmerischen Risiko erhalten und dieser nicht nur bei denen landet, die nur virtuell Daten verknüpfen“, mahnt Zimmermann. Unternehmen wie Airbnb im Übernachtungsgeschäft oder Uber im Taxigeschäft hätten die jeweiligen Märkte umgekrempelt, die Logistiker müssten jetzt eng zusammenarbeiten, um das Disponieren von Waren auch in digitalisierten Buchungssystemen weiterhin selbst zu übernehmen.

"Trimodal" arbeiten


Die Bayernhafen Gruppe arbeitet „trimodal“, schlägt also Güter per Bahn, Binnenschiff und Lkw um und verknüpft dabei effizient die drei Verkehrsträger. Weil Containerverkehre via Bahn und Binnenschiff zunehmend an Bedeutung gewinnen, wird demnächst das Containerterminal im Bayernhafen Regensburg erweitert – mit Portalkränen, die die Container von einem Transportmittel auf das andere heben. Vergleichbare Containerterminals gibt es auch an den Bayernhafen Standorten Aschaffenburg, Bamberg und Nürnberg.

Doch die Bahn macht Zimmermann zufolge der Binnenschifffahrt das Leben schwer. Während noch vor ein paar Jahren Massengüter in aller Regel auf dem Binnenschiff transportiert wurden, übernehme die Bahn mehr und mehr dieser Güter. „Da werden zum Beispiel drei Tonnen Eisenerz heute von Neuss nach Linz per Bahn transportiert, die zuvor sechs Wochen von Australien aus unterwegs waren“, so Zimmermann. Und das, obwohl es sich dabei nicht um ein zeitkritisches Gut handle. Die Folge dieser Praxis seien stetig rückläufige Transportkapazitäten auf der Schiene für Waren, die schneller am Ziel sein müssten. „Statt dieses ruinösen Wettbewerbs mit der Binnenschifffahrt bräuchte es mehr Wettbewerb der Schiene mit der Straße. Was wir in der Logistik brauchen, ist eine ganzheitliche, faire Arbeitsteilung“, sagt der Bayernhafen-Chef. Diese sei dann auch im Sinne der Binnenschiffer, die als Kleinunternehmer ganz anders am Markt agieren müssten als ein Großunternehmen wie die Deutsche Bahn.

Doch nicht nur den unfairen Wettbewerb zwischen Bahn und Binnenschiff sollte die Politik angehen. Auch die ökologischen Folgen sollte sie im Auge haben. Denn um die Treibhausgas-Emissionen zu reduzieren, sei es laut Zimmermann entscheidend, Langstrecken-Gütertransporte vom Lkw auf die Bahn oder aufs Binnenschiff zu verlagern. Die Güter müssten entsprechend ihrer Dringlichkeit gemanagt werden, da könne durchaus auch mal kritisch beim Kunden nachgefragt werden. Denn die drei Tonnen Eisenerz müssten nicht zwingend am nächsten Tag beim Stahlwerk sein, um verarbeitet zu werden – elektronische Bauteile, die in eine just-in-time-Lieferkette eingebunden sind, hingegen schon.
Zimmermann zufolge wird es künftig leichter, ein entsprechendes Gütermanagement zu betreiben. Denn im Zuge der Digitalisierung werde nicht nur der jeweilige Container überall auf der Welt zu orten sein, sondern würden auch die Buchungssysteme der Binnenschiffer, der Lkw-Spediteure und der Bahn mittelfristig miteinander verschmelzen. Somit könnten freie Transportkapazitäten noch schneller genutzt werden. Und die Transporte könnten entsprechend ihrer Dringlichkeit auf die unterschiedlichen Verkehrsträger verteilt werden.

Druckerfarmen an den Häfen ansiedeln


Ein weiterer Trend, auf den sich nicht nur die Bayernhafen Gruppe einstellen muss, sind die 3D-Drucker. „Wenn Ersatzteile künftig nicht mehr aus Zentrallagern quer durch Deutschland zum Endkunden transportiert werden müssen, sondern quasi vor Ort via 3D-Druck entstehen können, wird das sowohl das Geschäft der Transportunternehmen als auch unser Geschäft tangieren“, so Zimmermann. Druckerfarmen könnten dann in den Hafenstandorten der Bayernhafen Gruppe entstehen, und für die Verteilung dieser vor Ort produzierten Ersatzteile seien dann nur noch regionale Verteilverkehre notwendig. „Dies wird übervolle Autobahnen und Schienen deutlich entlasten“, so Zimmermann.
Insgesamt gibt es also im Verkehrssektor noch sehr viel Optimierungspotenzial, um die Güterströme – gerade im zentral in Europa gelegenen Bayern – noch besser fließen zu lassen.
(Ralph Schweinfurth)

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