Wirtschaft

Spargel so zubereitet, wie ihn viele am liebsten essen: mit Salzkartoffeln und Sauce Hollandaise. (Foto: dpa)

30.05.2018

Spargel-Inflation – aber nicht für den Verbraucher

Ein immer wärmeres Klima und immer mehr Anbauflächen lassen die Erntemenge explodieren und die Preise in den Keller rutschen

Heuer gibt es so viel Spargel wie kaum jemals zuvor. Nur leider spürt der Verbraucher davon nichts. Gewinner ist der Großhandel, Verlierer sind die Landwirte.

Weniger als 1,50 Euro für das Kilogramm Spargel. Nicht die allerbeste Qualität für einen Hauptgang, aber für Spargelcremesuppe oder kalten Spargelsalat noch immer gut geeignet. Diesen Preis erzielte in der vergangenen Woche ein Spargelbauer aus der südöstlichen Hallertau bei seinem Großhändler. „Das bedeutet, dass wir draufzahlen“, klagt der Landwirt, der den Hof – rund 80 Hektar Anbaufläche – gemeinsam mit seiner Ehefrau und den Schwiegereltern bewirtschaftet. Zwar kommen pro Hektar zwischen 50 und 60 Dezitonnen zusammen. Doch der Mittvierziger muss von den Einnahmen auch die Feldarbeiter, die Sortierer und die Verpacker bezahlen. Und in Deutschland gilt bekanntlich ein gesetzlicher Mindestlohn von 8,84 Euro.

Bis zu 30 Prozent mehr gegenüber dem Vorjahr


Deutschland ist Spargelland. In normalen Jahren werden von April bis Juni etwa 100.000 Tonnen geerntet, im Schnitt isst jeder Deutsche pro Jahr rund ein Kilogramm des kalorienarmen und gesunden weißen Gemüses; in Südbayern, Ostdeutschland und um Hamburg herum – also dort, wo sich die großen Anbaugebiete befinden – etwas mehr, im Westen und in der Mitte der Republik eher weniger.

Aber selbst ältere Landwirte können sich kaum noch daran erinnern, dass mal so viel geerntet wurde wie in diesem Jahr; die Rede ist von einem Plus von bis zu 30 Prozent. Die Märkte werden in diesen Wochen von Spargel aus heimischer Produktion geradezu überschwemmt – und das drückt natürlich die Preise. Der qualitativ schlechtere, aber eben auch günstigere griechische Spargel etwa hat gegen die deutsche Konkurrenz heuer gleich gar keine Chance.

Größere Ernte


Für die deutlich größere Erntemenge gibt es zwei Gründe, einen aktuellen und einen langfristigen. Zum einen war es bereits im April in den Nächten deutlich wärmer als üblich, das hat das Wachstum der weißen Stangen vorangetrieben. Auch regnete es kaum, Nässe mag der Spargel nicht so. Gleichzeitig wachsen die Anbauflächen. Denn weil Spargel beim Konsumenten immer beliebter wird und der Anbau im Vergleich zu anderen heimischen Obst- und Gemüsesorten den Klimawandel goutiert, setzen immer mehr Landwirte auf dieses Produkt. Dass treibt die Preise teilweise so sehr in den Keller, dass sich für viele Bauern seit Mitte Mai die Ernte kaum noch lohnt. „Es ist einfach zu viel Spargel auf dem Markt“, lauten die übereinstimmenden Beschwerden.

Wer das als Kunde hört oder liest und nun frohen Mutes eine örtliche Wirtschaft ansteuert, wird aber enttäuscht werden. Bei diesen Preisen hat sich nämlich in den vergangenen Jahren kaum etwas geändert, im Gegenteil. Bereits für die einfache und auch beliebteste Variation – Spargel mit Salzkartoffeln und Sauce Hollandaise – verlangen Landgasthöfe zwischen 15 und 20 Euro pro Person. Bei nobleren Restaurants in der Großstadt kann dieses Gericht dann auch schon mal knapp 30 Euro kosten.

Schuld daran ist der Großhandel. Dort zahlt man zwar den Landwirten wenig, hat aber kein Interesse daran, diese Einsparung auch an die Kunden weiterzugeben. Zur Not lässt sich der überschüssige Spargel immer noch in Konserven in bisher noch nicht vom deutschen Spargel-Fieber infizierte europäische Nachbarländer weiterverkaufen. Ein wenig geht es den Spargelbauern da wie vor einigen Jahren den Milchbauern. Die Kunden waren zwar durchaus bereit, mehr für den Liter Milch zu bezahlen.

Wer nur auf den Großmarkt setzte, ist angeschmiert


Doch viel kam davon am Ende bei den Landwirten nicht an. Wer sich als Bauer ausschließlich auf den Großmarkt konzentrierte, ist dieses Jahr angeschmiert. Um sich abzusichern, setzen inzwischen viele Spargelbauern in der Hallertau auf die Direktvermarktung als zweites wirtschaftliches Standbein: mit Hofläden – manchmal sogar mit eigenem Mittagstisch – oder in Buden entlang der Straßen. Wochenmärkte sind auch eine Möglichkeit, kosten aber. Immer beliebter wird es auch, den verwöhnten Kunden den Spargel gleich geschält zu verkaufen – ist das doch für den darin meist ungeübten Privatkoch eine mitunter nervige und anstrengende Tätigkeit.
(André Paul)

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