Wirtschaft

Das Bezahlen an der Ladesäule soll einfacher werden. (Foto: M. Schweinfurth)

21.05.2021

Spontanes Laden von E-Autos soll einfacher werden

Bundeskabinett beschließt Änderungen an Ladesäulenverordnung

Wer sein Elektroauto an öffentlich zugänglichen Ladesäulen lädt, soll künftig durch ein einheitliches System einfacher bezahlen können. Das Bundeskabinett hat vor Kurzem eine entsprechende Novellierung der Ladesäulenverordnung auf den Weg gebracht. Diese sieht vor, dass Betreiber von Ladesäulen künftig mindestens eine kontaktlose Zahlung mit gängiger Debit- und Kreditkarte anbieten müssen. Die Regelung zum einheitlichen Bezahlsystem gilt für alle Ladesäulen, die ab dem 1. Juli 2023 in Betrieb genommen werden, schon betriebene Ladesäulen müssen nicht nachgerüstet werden.

„Damit die E-Mobilität sich auf breiter Front durchsetzt, müssen wir nicht nur die Autos fördern, sondern auch das Laden und Bezahlen einfach und unkompliziert gestalten“, so Bundeswirtschaftsminister Peter Altmaier (CDU). Auch Menschen ohne Smartphone könnten durch die neue Verordnung jederzeit an den Säulen Strom laden und bezahlen. Auch werde so das grenzüberschreitende Laden und Bezahlen an Ladesäulen ermöglicht – die Kreditkarte sei überall einsetzbar. Die Lösung soll dazu beitragen, ein einheitliches europäisches Bezahlsystem bei Ladesäulen zu etablieren, hieß es.

Zusätzliche Kosten

Das Wirtschaftsministerium geht durch die Änderungen von einer gesteigerten Akzeptanz der Elektromobilität aus – unumstritten sind die verabschiedenen Bezahlvorgaben aber nicht. Verbände fürchten beispielsweise zusätzliche Kosten für Kunden und Anbieter sowie Verzögerungen beim Ausbau des Ladesäulen-Netzes.

„Das Bundeskabinett hat mit seinem heutigen Beschluss den Hochlauf der Elektromobilität künstlich erschwert“, sagte Kerstin Andreae, Hauptgeschäftsführerin des Bundesverbands der Energie- und Wasserwirtschaft (BDEW). Durch die Pflicht zum Einbau von Kartenlesegeräten werde „ein zusätzlicher Bremsklotz geschaffen“.

Auch beim Bayernwerk in Regensburg und bei den Lechwerken (LEW) in Augsburg sieht man die neue Verordnung kritisch. „Die Verpflichtung zum Einbau physischer Kartenlesesysteme bei öffentlichen Ladesäulen erhöht unnötig Aufwand und Kosten für den weiteren Ausbau des Ladenetzes. Der BDEW schätzt die mit der Umsetzung verbundenen Kosten auf rund 165 Millionen Euro“, heißt es auf Nachfrage von beiden Stormversorgern unisono. Zur Einordnung: Der gesamte Fördertopf für öffentliche Ladeinfrastruktur enthält ein Volumen von 500 Millionen Euro ab 2021. Bayernwerk und LEW verweisen darauf, dass es mit web- und appbasierten Lösungen schon heute einfache, flexible und transparente Zugänge zu den Ladesäulen gibt. Die Systeme könnten schnell und kostengünstig an neue Anforderungen adaptiert werden.

Kontraproduktive Regelung

„Die neue Regelung wirkt kontraproduktiv – sie behindert den weiteren Ausbau und macht letztendlich Elektromobilität für die Verbraucher teurer und weniger transparent. Wir setzen uns deshalb für eine Lösung ein, die weiterhin den web- oder appbasierten Zugang als Option erhält“, so ein LEW-Sprecher.

Bei der Nürnberger N-Ergie AG, die den Ladeverbund+, der fast ganz Nordbayern mit Ladesäulen abdeckt, moniert eine Unternehmenssprecherin: „Aus unserer Sicht ist es ein technologischer Rückschritt, wenn es bei der Zahlung mit Debit- und Kreditkarten in Richtung eines Kartenlesegeräts analog zu den Geldautomaten geht.“ Diese Maßnahme wäre zudem mit sehr hohen Kosten verbunden. „Eine zukunftsfähigere Lösung wäre aus unserer Sicht, Debit- oder Kreditkarten in einer App zu hinterlegen“, so die Sprecherin.

Begrüßt wird seitens der N-Ergie hingegen, dass neu errichtete Ladesäulen bei der Bundesnetzagentur spätestens zwei Wochen nach Inbetriebnahme angezeigt werden müssen, statt wie bisher mindestens vier Wochen vor Aufbau.

Der Verband der Automobilindustrie (VDA) kritisierte, dass die meisten Kunden bereits vertragsbasiert laden oder digitale Bezahlsysteme nutzen würden – der Bedarf für ein terminalbasiertes Bezahlen sei darum wohl auch in Zukunft gering. Es sei völlig ausreichend, auf Verträge, Apps oder digitale Bezahlsysteme zurückzugreifen.

Unterstützung erhielt der Verband von Bundesverkehrsminister Andreas Scheuer. Der CSU-Politiker gab im Kabinett nach eigenen Angaben eine Protokollerklärung ab, in der er vor Verzögerungen warnte. „Ich sage, wir brauchen den schnellen Ausbau der Ladeinfrastruktur im öffentlichen Bereich. (...) Die Umsetzung darf jetzt nicht behindert werden.“ Scheuer riet dazu, die Verordnung nach der Bundestagswahl im September in diesem Punkt schnell wieder zu korrigieren.

Auf ein altes Pferd gesetzt

Auch aus der Opposition kamen kritische Töne: Lange sei die Begleitregulierung zur E-Mobilität in Deutschland ins Leere gelaufen – deswegen gebe es auch keine einfache und einheitliche Bezahlmöglichkeit an den Ladesäulen, sagte Grünen-Fraktionsvize Oliver Krischer. Der aktuelle Entwurf gehe in die richtige Richtung, setze aber falsche Prioritäten. „Mit der einheitlichen Vorschrift für EC-Karten wird auf ein altes Pferd gesetzt, was nicht unbedingt noch in zehn Jahren auf dem Markt sein könnte“, kritisierte er. „Warum man nicht ein einheitliches elektronisches Zahlverfahren vorschreibt, was zudem deutlich billiger ist, bleibt das Geheimnis von Peter Altmaier.“

Die Änderung der Ladesäulenverordnung umfasst neben den Bezahlvorgaben auch eine Datenschnittstelle für Nutzerinformationen und Vernetzung. Alle Ladesäulen, die ab dem 1. März 2022 in Betrieb genommen werden, sollen demnach Teil eines Systems sein, in dem Standortinformationen und dynamische Daten übermittelt werden können. So sollen Fahrerinnen und Fahrer dann wissen, wo freie Ladesäulen verfügbar sind. Neu ist unter anderem auch die Zulassung von Normalladepunkten, die ausschließlich mit fest angebrachtem Ladekabel ausgestattet sind – zuvor galt das nur bei Schnellladepunkten.
(Ralph Schweinfurth)

 

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