Wirtschaft

Batterien für E-Autos werden immer wichtiger. (Foto: dpa/Jens Büttner)

02.07.2019

Kritik an Standortwahl für Batteriefabrik

Bundesländer beschweren sich bei Merkel

Bundesforschungsministerin Anja Karliczek (CDU) gerät wegen der Standortwahl für die Batteriezellenforschung in Münster immer schwerer in die Kritik. Die Ministerpräsidenten von Bayern, Baden-Württemberg und Niedersachsen beschwerten sich in einem Brief an Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) über die Entscheidung Karliczeks. "Mit der Entscheidung für Münster, die wohl einen langwierigen Aufbau neuer Strukturen nach sich zieht, wird wertvolle Zeit im Wettlauf gegen Deutschlands Wettbewerber verloren", heißt es in dem Schreiben an Merkel, das der Deutschen Presse-Agentur vorlag.

Deutschland könne es sich nicht erlauben, die an den Standorten Ulm, Augsburg und Salzgitter vorhandenen Potenziale in Zukunft ungenutzt zu lassen. Die Regierungschefs Markus Söder (CSU/Bayern), Winfried Kretschmann (Grüne/Baden-Württemberg) und Stephan Weil (SPD/Niedersachsen) fordern Merkel auf, die Standortentscheidung nochmals zu prüfen und die fachlichen Gründe der Entscheidung "transparent und nachvollziehbar" darzulegen.

Die Bundesregierung will in der Batterietechnologie im internationalen Wettbewerb aufholen und kurbelt die Forschung mit 500 Millionen Euro an. Batterien werden künftig immer wichtiger. Leistungsfähige Speichertechnologien gelten als wichtiger Faktor für eine klimafreundlichere Entwicklung im Energie- und Verkehrsbereich.

Hauptforschungsstandort in Münster

Bis zuletzt war umstritten, welche Stadt den Zuschlag für die "Forschungsfertigung Batteriezelle" bekommen soll. Hauptforschungstandort wird nun Münster, wie Karliczek am Freitag mitgeteilt hatte. Die nordrhein-westfälische Stadt setzte sich gegen den Mitbewerber Ulm durch. Ulm zählt aber zu den weiteren Standorten für einzelne Aspekte der Forschung. Auch Salzgitter, Karlsruhe und Augsburg sind dafür vorgesehen. Die Entscheidung für Münster war etwa in Sachsen und Bayern bereits auf Kritik gestoßen.

Karliczek hatte am Montag im ARD-Mittagsmagazin die Entscheidung verteidigt. "Das überzeugendste Konzept für Batterieforschungsproduktion und Recycling hat Münster vorgelegt", sagte sie. Die Entscheidung habe nichts mit dem Standort in der Nähe ihres Wahlkreises zu tun. Karliczek kommt aus Ibbenbüren in der Nähe von Münster.

Söder, Kretschmann und Weil schreiben im Brief an Merkel, bei der Standortentscheidung seien nicht nur forschungs- und innovationspolitische Gesichtspunkte von Bedeutung gewesen. "Soweit bekannt haben in der Auswahlkommission weder die Vertreter der Industrie noch die Vertreter der Fraunhofer-Gesellschaft als Gutachter der Standortbewerbungen für Münster votiert. Vielmehr sah die Auswertung der Fraunhofer-Gesellschaft andere Standorte, wie zum Beispiel Ulm, Salzgitter und Augsburg, an der Spitze des Bewerberfeldes."

Herausragende Standortbedingungen

Sowohl aus Bayern als auch aus Baden-Württemberg und Niedersachsen seien hinsichtlich wissenschaftlicher Kompetenz, unternehmerischer Kooperationen, finanzieller Unterstützung der Batterieforschung und Fachkräfte herausragende Standortbewerbungen vorgelegt worden.

Weiter heißt es in dem Schreiben: "Mit der Forschungsfertigung sollte die weltweite Technologieführerschaft von Deutschland im Bereich der Batterietechnik der nächsten Generation behauptet und damit auch die Zukunftsfähigkeit unserer Industrie gesichert werden. Es ist enttäuschend und für den Forschungsstandort Deutschland angesichts des weltweiten Wettbewerbs um die besten Köpfe ein fatales Signal, Standortentscheidungen von solcher Tragweite überwiegend nach strukturpolitischen Erwägungen zu treffen."

Auch der SPD-Wirtschaftspolitiker Bernd Westphal nannte in einem Brief an Karliczek die Entscheidung, das Zentrum für Batterieforschung in Münster anzusiedeln, einen "groben Fehler". Er sprach sich mit Blick auf den Kohleausstieg für eine Batteriezellenforschung in Kohleregionen aus. Gerade die Menschen in den ostdeutschen Braunkohlerevieren bedürften einer besonderen Aufmerksamkeit, schrieb der wirtschaftspolitische Sprecher der SPD-Bundestagsfraktion an die Ministerin des Koalitionspartners. Das Schreiben lag der Deutschen Presse-Agentur vor.
(Theresa Münch und Andreas Hoenig, dpa)

Kommentare (1)

  1. haarthhoehe am 07.07.2019
    Bei einem Teilsatz bekomme ich Sodbrennen: "Technologieführerschaft von Deutschland im Bereich der Batterietechnik der nächsten Generation". In der Akkuforschung ist man weltweit tätig und zwar in Kapazitäten, die die deutsche Aktion bei weitem überragen, sowohl zeitlich als auch im Ausmaß. China, Korea, Japan, USA sind führend, da kommen die Deutschen nicht mehr nach. Es gibt kaum Infos, was die anderen so treiben, aber wenn Panasonic forscht, und das seit Jahrzehnten, dann kann man von echter Führerschaft ausgehen.
    Jetzt ist mit nicht ganz klar, warum gerade die Akkuforschung heute so wichtig ist. Die Teile kommen eh aus Fernost oder neuerdings zum selben Preis von uns? Es ist wohl so, dass die Physik hier klare Grenzen setzt. Ich fände viel interessanter, die Wasserstofftechnik zu forcieren. In der Brennstoffzellentechnik ist der Fächer der Entwicklungsmöglichkeiten weitaus größer als in der Akkutechnik. Aber was will ich von einer Politik erwarten, die 70 Jahre nach dem zweiten Weltkrieg immer noch den fossilen Energieträgern anhängt. Da fehlt es einfach an Glaubwürdigkeit, womöglich Kompetenz. Die soll hier mit Steuermitteln erkauft werden.
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