Wirtschaft

Diesel-Wiesel-Chef Bernhard Leitner erklärt den interessierten Bikern die Vorteile einer Maschine, die mit Diesel fährt. (Foto: Wraneschitz)

22.07.2016

Traktorklang auf zwei Rädern

In Deutschland gibt es etwa 1000 Dieselmotorräder – 80 Prozent davon stammen von bayerischen Herstellern

Ein Traktor bei Tempo 90? Das kann nicht sein! Beim Blick in den Rückspiegel rieben sich kürzlich Autofahrer rund um Wilhermsdorf (Landkreis Fürth) die Augen. Denn nicht Ackerschlepper, sondern Motorräder mit Dieselmotoren gaben sich im Zenngrund ein Stelldichein.

Wer bislang nichts von Diesel-Bikern gehört hat, braucht sich nicht zu grämen. Denn die sind schon eine exklusive Clique. Etwa 1000 Zweiräder mit Dieselmotoren soll es hierzulande geben. Ein Bruchteil der insgesamt zugelassenen Kräder Deutschlands.

Die Technik ist so etwas wie ein Zufallsprodukt, entstanden bei Royal Enfield in England, der ältesten Motorradfabrik der Welt, weiß Michael Oberhoff aus dem Langenzenner Ortsteil Lohe. Denn „normale“ Bikes mit Ottomotoren seien nicht für die Zweitnutzung als Bewässerungsantrieb für Reisfelder in Indien geeignet gewesen, die Diesel mit Zwangskühlung dagegen schon, doziert Oberhoff.

Lange Lebensdauer


Der schwärmt im Übrigen von seiner eigenen Maschine: 1,5 Liter Verbrauch auf 100 Kilometer, welches Kraftrad könne mit etwa 500 Kubikzentimetern Hubraum könne da schon mithalten? Von der langen Lebensdauer der Diesel einmal ganz zu schweigen. Doch weil diese Maschinen meist tagtäglich und viel gefahren werden, seien sie selten so blitzblank wie beispielsweise Harley-Davidsons.

Doch hin und wieder einmal müsse ein Ventil eingestellt werden, gibt Overhoff zu. Was eigne sich da besser als ein Treffen von Gleichgesinnten? Bisher mussten er und andere Diesel-Biker aus Süddeutschland immer nach Hamm in Nordrhein-Westfalen dieseln, um zu fachsimpeln, zu feiern – und sich fachlich weiterzubilden. Dort haben solche Treffen bereits lange Tradition, heuer findet in Hamm schon das 16. dieser Art statt.

Hersteller in Franken und der Oberpfalz


Etwa 20 Prozent der in Deutschland zugelassenen Diesel-Krads ist von Freaks selber zusammengeschraubt. Doch der Großteil stammt aus den Werkstätten zweier Hersteller in Franken und der Oberpfalz. Beide verwenden meist Einzylinder-Diesel vom Hersteller Hatz, die eigentlich für den Einsatz in Rüttelplatten zur Pflasterung entwickelt wurden.

Bei Motorrad-Leitner in Nittendorf bei Regensburg werden die Diesel-Wiesel DW 406 zusammengebaut. 406 Kubikzentimeter haben die 10PS-Motoren. Höchstgeschwindigkeit nach Herstellerangabe: 110 km/h. Die Grundausstattung kostet 8850 Euro.

Die Motorradmanufaktur Sommer hat ihren Sitz in Bergen-Geyern bei Weißenburg – wenn auch erst seit einem guten Jahr. Vorher war die Fertigung von „Europas Dieselmotorrad Nummer Eins, Handmade in Germany“ in Eppstein im Taunus angesiedelt. Der Motor im „Kult-Urtyp 462“ hat 462 Kubikzentimeter, 11 PS und bringt die Maschine auf maximal 99 km/h. „Aber die Beschleunigung drückt einen in den Sitz“, verspricht Geschäftsführer Jochen Sommer. Der Grundpreis dafür: 9300 Euro.

Süddeutsches Diesel-Biker-Treffen


Wenn schon die Hersteller hier sitzen, warum nicht ein süddeutsches Pendant zum Hammer Treffen ins Leben rufen, dachte sich eine Gruppe fränkischer Diesel-Biker um Overhoff und Angelus Grüner aus Nürnberg.

Gut, dass auch Wilhermsdorfs Schwimmmeisterin Karin Bayliss von Dieselruß begeistert ist: So war der Platz neben dem dortigen Hallenbad als Treffpunkt schnell gefunden. Weil das erste im vergangenen Jahr gleich einen großen Zuspruch fand, ging es heuer weiter. Und so tuckerten an diesem Wochenende insgesamt etwa 50 Besitzer auf ihren Diesel-Krafträdern zum „2. International-fränkischen Diesel-Motorrad-Treffen 2016“ nach Wilhermsdorf. Dort gab es eine Ausfahrt durch den Zenngrund. Oder ein Zeltcamp, in dem etwa 20 Diesel-Biker übers ganze Wochenende ihren Spaß hatten. Wichtig natürlich auch der Workshop, bei dem „Diesel-Wiesel“-Chef Bernhard Leitner die Ventile eines Lombardini-Dieselmotor an einer Royal Enfield-Maschine fachgerecht einstellte. Danach tuckerte die Maschine wieder fast genauso wie ein Oldtimer-Traktor.

Glaubt man den Diesel-Motorrad-Produzenten, dann sind ihre Kunden „meistens ältere, gutsituierte Herren“. Auch wenn sie sich wie ihre dieselnden Motorräder optisch ganz schön verstellen können. Ein recht exklusives Hobby also.
(Heinz Wraneschitz)

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