Wirtschaft

Immer mehr bayerische Industrieunternehmen wollen laut Umfrage ihre Produktion verlagern – vor allem wegen hoher Kosten und Standortnachteilen in Deutschland. (Foto: dpa/Pia Bayer)

12.11.2025

vbw-Studie: Unternehmen verlagern Produktion ins Ausland

Die bayerische Industrie bietet gutbezahlte Jobs – doch neue Arbeitsplätze wollen viele Unternehmen künftig vor allem im Ausland schaffen

Laut einer Umfrage der Vereinigung der bayerischen Wirtschaft unter 500 Firmen rechnen mehr als 25 Prozent mit sinkender Inlandsproduktion, sieben Prozent sogar mit deren Einstellung. Dagegen erwarten rund 21 Prozent der Unternehmen, dass der Anteil der Auslandsproduktion bis 2027 weiter steigt. Befragt wurden die Unternehmen von IW Consult, dem Beratungsunternehmen des arbeitgebernahen IW Köln.

Standortnachteile in Deutschland

Als Hauptgründe für den Schritt ins Ausland nannten die Betriebe Kostenvorteile und zunehmende Standortschwächen in Deutschland – etwa bei Energiepreisen, Steuern und Bürokratie. Diese Faktoren seien für die Firmen inzwischen wichtiger als Absatzmärkte oder Handelsbarrieren. „Es zeigt sich ein besorgniserregender Trend“, sagte vbw-Hauptgeschäftsführer Bertram Brossardt. „Für unsere internationalen Wettbewerbsnachteile bezahlen wir mit der zunehmenden Deindustrialisierung einen hohen Preis.“

Ganz neu ist diese Entwicklung nicht: Bereits seit 2013 wachsen die Direktinvestitionen bayerischer Firmen im Ausland schneller als die Exporte aus Deutschland. Beliebtestes Ziel sind dabei die USA mit einem Anteil von 27,3 Prozent.

Eine aktuelle Umfrage des Ifo-Instituts bestätigt den Trend: Mehr als ein Drittel der deutschen Unternehmen sieht seine Wettbewerbsfähigkeit im Vergleich zu außereuropäischen Firmen im Sinkflug.

IG Metall Bayern kritisiert EU-Subventionen bei Standortverlagerungen

Die IG Metall Bayern kritisiert einen subventionierten Arbeitsplatzabbau durch EU-Fördermittel. „Es ist nicht hinnehmbar, dass Unternehmen, die profitable Standorte in Deutschland schließen, gleichzeitig EU-Subventionen für neue Standorte im Ausland erhalten. Diese Förderpraxis fördert indirekt Lohndumping und sozialen Wettbewerb innerhalb der EU“, sagt Bayerns IG Metall-Bezirksleiter Horst Ott.

Ein aktuelles Beispiel sind die geplanten Verlagerungen des Augsburger Roboterherstellers Kuka nach Ungarn. „Mein Eindruck ist: Viele Unternehmen richten ihre Investitionsentscheidungen verstärkt daran aus, wo sie die meisten Fördergelder abgreifen können. Am besten zweimal – erst in Deutschland, dann für die Verlagerung in ein anderes Land“, schildert Ott. „Sogar Banken fragen vor der Kreditvergabe an Unternehmen nach, ob diese denn auch die EU-Fördermöglichkeiten bei Verlagerungen ins Ausland bedacht haben.“

Die Folgen dieser durch die EU-Förderpraxis ermöglichten fragwürdigen Unternehmensstrategien sind für die betroffenen Regionen gravierend: Arbeitsplatzverlust, Verlust von industrieller Wertschöpfung, sinkende kommunale Einnahmen, Schwächung der Infrastruktur.

Die IG Metall Bayern fordert deshalb in einem Positionspapier eine Reform der EU-Förderpolitik: Subventionen dürfen nicht zur Finanzierung von Standortverlagerungen genutzt werden, die mit Arbeitsplatzabbau verbunden sind. Außerdem dürfen EU-Gelder nur an Unternehmen gehen, die an allen Standorten Tarifverträge respektieren und Mitbestimmung ermöglichen. Betriebsräte und Gewerkschaften sollen deshalb bei Förderentscheidungen einbezogen werden.

Ott sagt abschließend: „Als überzeugter Europäer warne ich: Wenn EU-Gelder als Instrument zur Standortverlagerung und zum Arbeitsplatzabbau wahrgenommen werden, fördert das die Entfremdung gegenüber Europa und stärkt populistische und europafeindliche Kräfte. Wir fordern eine EU-Förderpolitik, die soziale Verantwortung, Mitbestimmung und regionale Entwicklung in den Mittelpunkt stellt – und damit auch die Akzeptanz Europas stärkt.“ (BSZ/dpa)

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