Wirtschaft

14.06.2017

Wirtschaft läuft Sturm gegen Dieselverbot

Dürfen in München bald keine Diesel-Fahrzeuge mehr fahren? Münchens Oberbürgermeister hat eine große Diskussion in Gang gebracht - und macht sich damit nicht nur Freunde

Nach Stuttgart denkt auch die Stadt München über Fahrverbote für Dieselfahrzeuge nach. Oberbürgermeister Dieter Reiter (SPD) sagte, dass man über Zufahrtsbeschränkungen für Dieselautos nachdenken müsse - "wenn es keine andere Lösung gibt, und ich kenne gerade keine". Hintergrund für seine Überlegungen seien neuere Abgas-Messwerte, die ihm die "Süddeutsche Zeitung" vorgelegt habe. Nach einem im März veröffentlichten Beschluss des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs ist die Landeshauptstadt dazu verpflichtet, bis Ende des Jahres Pläne für Fahrverbote von Dieselfahrzeuge vorzubereiten.

Laut SZ-Recherche wird danach der von der EU zugelassene Mittelwert für die Belastung durch das giftige Stickstoffdioxid nicht nur auf den großen Ring- und Einfallstraßen regelmäßig überschritten, sondern auch in weit davon entfernten Gegenden. "Ich glaube, dass aus diesen Fakten hervorgeht, dass es Handlungsbedarf gibt", sagte Reiter der dpa. Betroffen wären von einem Verbot laut "SZ" - je nach angewandter Abgasnorm - zwischen 133 000 und 170 000 Fahrzeuge. Insgesamt haben 295 000 der 720 000 in München zugelassenen Autos einen Dieselmotor.

Reiter erklärte, er habe seine Verwaltung gebeten, kurzfristige aber wirkungsvolle Maßnahmen zur Reduzierung der Schadstoffbelastung auszuarbeiten. "Es geht ja um nicht viel weniger als die Gesundheit der Münchner Bevölkerung", sagte er. Auf Details etwa zu Ausnahmen für bestimmte Verkehrsmittel wollte sich der OB allerdings nicht festlegen - unter anderem, weil derzeit nicht klar ist, wer für den Erlass eine Dieselverbots in München zuständig ist. Darüber muss noch das Bundesverwaltungsgericht in Leipzig entscheiden.

Empörung bei Handwerk, Industrie und Handel

Handwerk, Industrie und Handel in Bayern lehnen die Pläne für ein Diesel-Fahrverbot bereits empört ab. Waren könnten nicht mehr angeliefert werden und viele Pendler könnten ihren Arbeitsplatz nicht mehr erreichen, weil der öffentliche Nahverkehr überfordert sei, warnten die Wirtschaftsverbände. Ein Drittel der oberbayerischen und die Hälfte der Münchner Handwerksbetriebe wären in ihrer Existenz bedroht, sagte der Sprecher der Handwerkskammer München und Oberbayern, Jens Christopher Ulrich. Das Dieselverbot wäre "eine Katastrophe". Die Vereinigung der bayerischen Wirtschaft warnte, ein solches Fahrverbot würde der bayerischen Wirtschaft massiv schaden.

Der Verband der Automobilindustrie (VDA) erklärte, es gebe "intelligentere und schneller wirkende Maßnahmen als temporäre oder gar dauerhafte Verkehrsbeschränkungen für einen Großteil der Diesel-Pkw". Als Beispiel nannte der VDA die Verbesserung des Verkehrsflusses und die Stauvermeidung.

Der Streit um die Abgasbelastung in München wird seit geraumer Zeit auch vor Gericht verhandelt. Die DUH klagt, damit die Behörden Maßnahmen zur Einhaltung der vorgeschriebenen Richtwerte umsetzen. Die DUH kündigte bereits an, Dieselverbote in München auch für die neuen Euro6-Diesel auf dem Rechtsweg erstreiten zu wollen. Die DUH ist eine Umwelt- und Verbraucherschutzorganisation, die als gemeinnütziger Verein organisiert ist. Sie finanziert sich unter anderem über Spendengelder und Fördermitgliedschaften, und Einnahmen aus Abmahnungen. Der Skandal um überhöhte Diesel-Abgaswerte ist seit Monaten eines der wichtigsten Themen der DUH, unter anderem misst sie selbst den Schadstoffausstoß von Pkw.

In Stuttgart drohen nach einem Beschluss der baden-württembergischen Landesregierung Fahrverbote für Diesel ab 2018 an Tagen mit besonders hoher Luftverschmutzung. Derzeit wird noch nach anderen Lösungen gesucht, Nachrüstungen an Diesel-Fahrzeugen sind etwa im Gespräch. Ministerpräsident Winfried Kretschmann (Grüüne) hatte wiederholt erklärt, dass Fahrverbote nur das allerletzte Mittel seien. (dpa)

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