Wissenschaft

Archäologin Astrid Stobbe untersucht eine Moorprobe. Rund um den Berg Ipf in Baden-Württemberg erhoffen sich Archäologen neue Erkenntnisse zur Bevölkerung und Bepflanzung. Hierfür werden die Proben aus dem Moor für Pollenanalysen, Schwermetallanalysen und C14-Datierungen verwendet. (Foto: dpa/Stefan Puchner)

25.12.2022

Wie Forscher 4000 Jahre Kulturlandschaft aus dem Boden ziehen

Sie bohren nach: Auch wenn es zur Region um den Berg Ipf im Grenzgebiet zwischen Bayern und Baden-Württemberg bereits viel Forschung gibt, wollen es zwei Wissenschaftler noch genauer wissen. Mit alten Daten und neuen Analysen haben sie Großes vor

Diese Wissenschaft ist echte Handarbeit. Mit viel Kraft treiben Rüdiger Krause und Kurt Kroepelin einen Metallstab in den moorigen Untergrund. Bis es nicht mehr weitergeht. Zum Vorschein kommt eine rund ein Meter tiefe Schicht aus dem Boden bei Ederheim im Grenzgebiet von Bayern und Baden-Württemberg. "Das ist wie eine Wundertüte", sagt Archäologe Krause. "Man weiß nie, was da drin steckt."

In der Moorschicht könnte sich zwischen 1000 und 5000 Jahre Geschichte verbergen, erklärt Forscherin Astrid Stobbe von der Goethe-Universität in Frankfurt. "Je nachdem, wie schnell sich die Landschaft damals verändert hat." Krause und Stobbe stehen inmitten von Schilfrohren, über ihnen thront die Burgruine Niederhaus.

Die beiden Frankfurter Forscher haben es sich zur Aufgabe gemacht, die Kulturlandschaft um den Berg Ipf bei Bopfingen im äußersten Osten Baden-Württembergs zu ergründen. Dabei greifen sie auf bestehende Proben aus Archiven zurück, sammeln aber zugleich umfangreich neues Material. Das Ziel: Vier Jahrtausende Kulturgeschichte am Westrand des Nördlinger Rieses zu rekonstruieren.

Ein Teil dieses Puzzles liegt bei Ederheim im Boden vergraben. Zusammen mit dem Geologen Kurt Kroepelin bohren sich die Forscher in den moorigen Untergrund. Er hatte bei der Auswahl der Orte für die Bohrungen geholfen. Die Erdschichten, die sie aus dem Moor ziehen, lassen Rückschlüsse auf die damalige Landschaft zu. Wie viele Bäume gab es? Welche Gräser wuchsen? Wie intensiv wurde Landwirtschaft betrieben? All diese Fragen ließen sich nach langwieriger Analyse im Labor letztlich beantworten, sagt Archäobotanikerin Stobbe.

Erkenntnisse auch für Anpassungen an Klimawandel relevant

Die Erkenntnisse wären nicht nur für den Blick zurück von großem Interesse. Auch für die Anpassungen an den Klimawandel seien sie relevant, sagt Stobbe. Aus den Proben könne man auch ableiten, welche Baumarten früher bei welchen Temperaturen besonders gut bestanden. Überhaupt ginge es bei der Analyse der Moorproben um die Frage: Welche Veränderungen stammen vom Klima, welche vom Menschen? Das zu trennen, sei aber schwer.

Die meterlangen Moorproben umwickeln die Forscher mit Frischhaltefolie. Schicht für Schicht werden sie künftig im Labor an der Universität in Frankfurt untersucht. Eine Arbeit für Jahre. Um eine drei Meter tiefe Moorbohrung zu analysieren, werden bis zu eineinhalb Jahre benötigt, sagt Stobbe.

Immerhin kann Archäologe Krause bereits auf einen reichen Forschungsstand aufbauen. Seit mehr als 20 Jahren forscht er zur Kulturgeschichte der Region um den Ipf, auf dem sich ein frühkeltischer Fürstensitz befand. In den 1990er Jahren brachte er dort bei Ausgrabungen wichtige Funde hervor.

Zusammen mit den neuen Untersuchungen solle so ein umfassender und neuer Einblick in die Entwicklung der Region von der Bronzezeit bis in das Mittelalter gelingen, sagt Krause. Neben Daten aus den vergangenen 20 bis 30 Jahren untersuchen die Forscher auch sogenannte Pollenprofile, Pflanzen und Tierknochen. Von der Riesebene über die Riesrandhöhen mit dem Ipf bis auf die Hochfläche der östlichen Schwäbischen Alb decke man drei unterschiedliche Naturräume ab, erklärt Krause.
Das umfangreiche Forschungsprojekt wurde zunächst für zwei Jahre gefördert. Um die schiere Menge an Material zu analysieren und jeweils auch in die Tiefe gehen zu können, sollen bei dem Projekt zudem mehrere Abschlussarbeiten und Dissertationen entstehen. (Sebastian Schlenker, dpa)

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