Ausschreibung und Vergabe

Rund um die Vergabe einer Tragwerksplanung gab es Streit. (Foto. dpa/Carsten Rehder)

31.05.2019

Vorsicht bei der Wertung von Konzepten

Vergabekammer Nordbayern zur Bestimmtheit von Zuschlagskriterien

Eine Vergabestelle schrieb die Leistungsphasen 1 bis 6 der Tragwerksplanung im Sinne der Honorarordnung für Architekten und Ingenieure (HOAI) europaweit im Verhandlungsverfahren aus. Als Zuschlagskriterium war unter anderem ein Reaktionszeitenkonzept bestimmt, für das maximal 40 Punkte erzielt werden konnten. Ferner war wörtlich festgelegt: „Mit dem Reaktionszeitenkonzept hat der Bieter für das konkrete Vorhaben darzulegen, wie er die kurzfristige Verfügbarkeit beim Auftraggeber vor Ort für ad hoc-Besprechungen, Notfallmaßnahmen und ähnliches sicherstellt.

Folgende Aspekte müssen in diesem Reaktionszeitenkonzept zwingend Berücksichtigung finden: konkrete Angaben von Reaktionszeiten, Darlegung der Einhaltung dieser Reaktionszeiten.“
Einem nichtberücksichtigten Tragwerksplaner teilte der Auftraggeber vorab mit, dass der für den Zuschlag vorgesehene Bieter unter anderem beim Reaktionszeitenkonzept ein besseres Ergebnis erzielt hätte. Der Tragwerksplaner rügte die Vorabinformation und beantragte nach erfolgter Nichtabhilfe die Nachprüfung des Vergabeverfahrens.

Die Vergabekammer Nordbayern (Beschluss vom 26. November 2018 – RMF-SG21-3194-3-31) stellte fest, dass das durchgeführte Vergabeverfahren den Antragsteller in seinen Rechten verletzt. Denn das Zuschlagskriterium Reaktionszeitenkonzept ist nicht vergaberechtskonform. Die Vorgaben zum Reaktionszeitenkonzept sind nicht bestimmt genug. Gemäß § 127 Abs. 4 GWB müssen Zuschlagskriterien so festgelegt und bestimmt sein, dass die Mög-lichkeit eines wirksamen Wettbewerbs gewährleistet wird, der Zuschlag nicht willkürlich erteilt werden kann und eine wirksame Überprüfung möglich ist, ob und inwieweit die Angebote die Zuschlagskriterien erfüllen. Der öffentliche Auftraggeber muss die Bieter angemessen über die Kriterien und Modalitäten informieren, anhand derer er die Angebote auswertet. Die Bieter müssen erkennen, worauf es dem öffentlichen Auftraggeber ankommt.

Vorliegend lassen die Vorgaben zum Reaktionszeitenkonzept nicht eindeutig erkennen, welche Umstände die kurzfristige Verfügbarkeit beim Auftraggeber vor Ort für ad hoc-Besprechungen, Notfallmaßnahmen und ähnliches erfordern. Denn ausgeschrieben sind Tragwerksplanungsleistungen im Sinne der HOAI für die Leistungsphasen 1 bis 6 (Planungsphase), für die in den Vergabeunterlagen nicht nachvollziehbar dokumentiert und damit auch nicht für die Bieter erkennbar ist, unter welchen Umständen an welchem Ort in der Leistungsphase 1 bis 6 (Planungsphase) eine sofortige Verfügbarkeit überhaupt nötig ist. Die Bieter konnten folglich keine geeigneten Konzepte erstellen, die vergleichbar sind. Die Vergabestelle ist zwar nicht verpflichtet, ihre Erwartungen an die Konzepte im Einzelnen vorab darzustellen. Sie muss jedoch Zuschlagskriterien bekanntgeben, die im Nachhinein die Wertungsentscheidung überprüfbar machen. Da eine solche Klarheit des Zuschlagskriteriums Reaktions-zeitenkonzept vorliegend fehlt, ist auch die Wertung nicht mehr nachvollziehbar.
(Holger Schröder)

(Der Autor ist Fachanwalt für Vergaberecht bei Rödl & Partner in Nürnberg.)

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