Steigende Einstellungszahlen bei Finanzbeamten der zweiten Qualifikationsebene machten eine bauliche Erweiterung der bisherigen Räumlichkeiten der Landesfinanzschule Ansbach aus den frühen 1980er Jahren notwendig. Die besondere Herausforderung bestand darin, die vorhandenen qualitätsvollen Umgebungsbedingungen der Einbindung der Liegenschaft in den Außenraum durch eine bauliche Vergrößerung und Nachverdichtung zu erhalten.
Das Campusgelände der Landesfinanzschule wurde dabei zum einen für das neue Gästehaus 4 um ein Grundstück westlich des Beckenweihers erweitert und zum anderen erfuhr das Stammgelände eine Ergänzung um ein neues sogenanntes Kombigebäude.
Nach Durchführung eines Vergabeverfahrens im 2. Halbjahr 2014 wurde das Architekturbüro karlundp aus München vom Staatlichen Bauamt Ansbach mit den Planungs- und Ausführungsleistungen betraut. Umzusetzen war ein genehmigtes Raumprogramm von insgesamt rund 9300 Quadratmetern Nutzfläche. Das städtebauliche Konzept sah vor, den Neubau des Gästehauses über den mittig gelegenen Beckenweiher hinweg mit dem bestehenden Zentralgebäude und dem Neubau des Kombigebäudes zu einem „Campus“ zusammenzufassen.
Der Neubau des Gästehauses stellt sich als ein drei- und ein fünfgeschossiger Winkel als Doppel-L-Baukörper dar. Diese Winkel sind mit einem schmalen Brückenbau verbunden und bilden durch ihre Verschränkung zwei Höfe aus. Dadurch entstehen eine öffentliche und eine private Raumsituation für die Nutzer.
Insgesamt jetzt rund
700 Wohneinheiten
Um den Bezug zum Campus herzustellen, nehmen die beiden Winkel die Ausrichtung des Kombigebäudes und des bestehenden Zentralgebäudes auf der anderen Seite des Beckenweihers auf. Die Ausbildung einer Achse zwischen dem Eingangshof des Gästehauses und der Außenterrasse des Kombigebäudes verstärkt den räumlichen Bezug.
Der bisherige Bestand von etwa 440 Apartments steigt durch das neue Gästehaus um 260 Apartments auf zukünftig rund 700 Wohneinheiten. Weiterhin entlastet die neue Tiefgarage mit 105 Stellplätzen im Untergeschoss des Gästehauses die angespannte Parksituation im Umfeld der Landesfinanzschule.
Die Fassade ist mit großformatigen, cremeweißen Faserzementplatten ausgeführt, die durch eine leichte, vertikale Schrägstellung zur Auflockerung der langen Baukörperwinkel beiträgt.
Beim Neubau Kombigebäude (umbauter Raum etwa 36 500 Kubikmeter) handelt es sich um eine Kombination aus neuer Mensa mit insgesamt 600 Sitzplätzen, einem Großlehrsaal, elf Lehrsälen und vier Seminar-/Gruppenräumen.
Das Kombigebäude liegt im Nordwesten des Stammgeländes auf den bisherigen Flächen des Hausmeistergebäudes, welches im Zuge der Baumaßnahmen abgebrochen wurde. Eine Verbindungsbrücke im 1. Obergeschoss des Kombigebäudes ermöglicht eine witterungsgeschützte Verbindung zu den bestehenden Gebäuden der Landesfinanzschule.
Der Entwurf stellt in seinen Abmessungen einen quadratischen Kubus von je 42 Metern Kantenlänge und fünf Geschossen dar. Die Fassade des Kombigebäudes ist zweigegliedert: Im Erdgeschoss sowie im 2. und 3. Obergeschoss wirkt die Fassade monolithisch und ist mit weißen, vorgehängten, großformatigen Fassadenplatten aus Glasfaserbeton bekleidet. Das eigentliche Mensageschoss kragt gegenüber dem Hauptbaukörper um etwa drei Meter aus und ist auf drei Seiten großflächig verglast. Die Auskragung wird umlaufend durch eine farblich abgesetzte, kupferfarbene, über vier Meter hohe Lochblech-Lamellenkonstruktion mit Sonnenschutzfunktion betont und akzentuiert. Diese vertikalen Lamellen sind durch Motorantrieb passend zum jeweiligen Sonnenstand einzeln drehbar und ermöglichen zusätzlich den freien Ausblick auf den idyllischen Beckenweiher und das gegenüberliegende neue Gästehaus.
Nach Abschluss der Neubaumaßnahmen und Übergabe an den Nutzer erfolgt derzeit der Umbau im bestehenden, zentralen Hauptgebäude mit der Neustrukturierung des Empfangsbereichs mit Rezeption und dem Rückbau beziehungsweise Ausbau der alten Mensa zur Cafeteria mit Selbstbedienungs- und Aufenthaltsbereich mit Lounge-/ Sitzbereich.
Notwendig werden zudem Brandschutzertüchtigungen im Bestand und der Ersatz des alten Aufzugs mit einer rollstuhlgerechten Kabinengröße. Da der Umbau bei laufendem Lehrbetrieb erfolgt sind mehrere Bauabschnitte zu bilden. Der Abschluss der Gesamtbaumaßnahme ist im Frühjahr 2021 geplant.
Eine besondere Herausforderung bei den umfangreichen Neubaumaßnahmen unter Federführung des Staatlichen Bauamts Ansbach war die kurze Planungs- und Bauzeit: Der Planungsauftrag wurde im Juli 2014 erteilt und die Abgabe der Haushaltsunterlage-Bau erfolgte Mitte August 2015. Nach erfolgtem Baubeginn im April 2016 wurden das Gästehaus 4 und Kombigebäude im Herbst 2018 fertiggestellt. Die genehmigten Kosten der Gesamtbaumaßnahme belaufen sich auf rund 65 Millionen Euro.
(Johannes Graseck, Martin Nievelstein)
(Der eingangsbereich zum Gästehaus. Ein Gästezimmer, der Speisesaal und der Hörsaal im Kombigebäude - Fotos: Markus Guhl Architekturfotografie)
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