Die Justizvollzugsanstalt (JVA) Regensburg liegt am Rand der historischen Altstadt von Regensburg in unmittelbarer Nähe zu den Gerichtsbauten. Das denkmalgeschützte Gebäudeensemble aus den Jahren 1900 bis 1904 von Friedrich Niedermayer ist in seiner Struktur noch erhalten. Westlich der JVA lag die ehemalige Zuckerfabrik. 1950 wurde an dieser Stelle das Milchwerk angesiedelt, das bis Ende der 1970er Jahre betrieben wurde. Als man dieses aus der Altstadt verlagerte, konnte der Freistaat Bayern das ehemalige Milchwerkgelände mit über 3100 Quadratmetern Fläche 1980 erwerben.
Erste Überlegungen zur Erweiterung der JVA gab es bereits Anfang der 1990er Jahre. Die Lage in unmittelbarer Nähe zu den Gerichtsgebäuden war ausschlaggebend für die Entscheidung, am Standort der JVA in zentraler Stadtlage festzuhalten, die Bestandsbauten zu sanieren und die Erweiterung hier zu realisieren. 2001 fiel der Startschuss durch das Justizministerium und die Oberste Baubehörde. Nach umfangreichen Untersuchungen und Vorplanungen erhielt das Staatliche Bauamt Regensburg 2007 den Planungsauftrag. Die Architekten, der Tragwerksplaner und die Ingenieurbüros für die Technischen Gewerke wurden im VOF-Verfahren ermittelt. Das Architekturbüro Karl + Probst aus München erhielt den Auftrag für die Gebäudeplanung.
Im November 2009 wurde die Haushaltsunterlage Bau für einen 1. Bauabschnitt genehmigt, Baubeginn war im Juli 2010 mit dem Abbruch des alten Milchwerks. Die beengte Lage des Baugrundstücks und umfangreiche Altlasten erschwerten die Baufeldfreimachung. Darüber hinaus musste das Sicherheitskonzept zur Erschließung wegen aktueller Vorfälle in anderen Anstalten angepasst werden. Als Konsequenz folgte im Dezember 2010 die Umplanung zur Verlegung der Torwache von der Augustenstraße im Norden zur Ladehofstraße im Süden.
Der Spatenstich für die neue Außensicherungsmauer, das Betriebsgebäude, die Torwache und den Westbau fand am 28. Juli 2011 statt. Obwohl sich die Organisation der Baumaßnahme bei laufendem Anstaltsbetrieb äußerst schwierig gestaltete, die immer wieder umfangreiche provisorische Sicherungsmaßnahmen erforderlich machte, konnte in den Jahren 2012 und 2013 das Richtfest für das Betriebsgebäude beziehungsweise die Torwache feierlich begangen werden. Die genehmigten Gesamtbaukosten des 1. Bauabschnitts betragen 35,86 Millionen Euro, der Anteil für die Neubauten beläuft sich dabei auf rund 27 Millionen Euro. Ende 2015 konnten die Neubauten fertiggestellt werden, die Einweihung fand am 19. Februar 2016 statt.
Unterirdischer Verbindungsgang
Der 1. Bauabschnitt soll in zwei Jahren mit dem Umbau und der Sanierung des Südbaus abgeschlossen werden. In einem 2. Bauabschnitt folgen der Umbau und die Instandsetzung des Mittel- und Nordbaus und der Abschluss der Gesamtanlage mit einem weiteren Neubau im Osten. Im Endausbau werden dann über 300 Haftplätze zur Verfügung stehen.
Durch den Abbruch der Nebengebäude innerhalb der Anstaltsmauern, die so genannte Mauerfreilegung, konnte die Außensicherung der historischen Anstaltsbauten erheblich verbessert werden. Die Erweiterungsfläche schließt im Westen an die bestehende Anstalt an und wird von einer rund sechs Meter hohen und 300 Meter langen Stahlbetonmauer abgeschirmt.
An der südwestlichen Ecke der Umwehrungsmauer befindet sich die neue Torwache mit Fahrzeugschleuse für den Zu- und Abgangsverkehr. Hier ist der einzige Zugangsbereich, sowohl Bedienstete als auch Besucher gelangen durch die Torwache über einen unterirdischen Verbindungsgang in die verschiedenen Bereiche der Anstalt. Auf halber Strecke des Verbindungsgangs bietet ein 7,20 Meter langes Fenster den Blick in den Lichthof zu einer Skulptur, die den Titel „lichtweiß“ trägt. Weiße Lasuren auf der Stahlbetondecke und der Tunnelwand verstärken im Bereich des Fensters die Projektion des Tageslichts. Die Kunst am Bau schufen die Künstler von „netzhalde“ – Valentin Goderbauer und Karl-Heinz Einberger, die als Gewinner aus dem Kunstwettbewerb hervorgegangen waren.
Das neue Betriebsgebäude, an der Stelle des ehemaligen Milchwerks, verbessert die Infrastruktur. Haustechnikräume, Wäschereilogistik, Lüftungszentrale, Lagerflächen und Arbeitsbetriebe sowie die Kücheneinheit mit zugehörigen Technikräumen, Speisesälen/Mehrzweckraum sind hier untergebracht. Über eine Aufzugsgruppe und eine unterirdische Anbindung erfolgt der Speisentransport durch den Westbau mit anschließender Essensverteilung in die Hafträume des Altbestands.
Der bestehende denkmalgeschützte H-förmige Baukörper, wurde im Westen mit einem Gebäuderiegel geschlossen. Dieser wird über den unterirdischen Verbindungsgang im Süden angebunden. Hier befinden sich der Besuchsbereich für Angehörige, Anwälte und Richter sowie der Zugangsbereich für Gefangene mit den zugehörigen Funktionsräumen, ebenso die Erweiterung der Frauenabteilung und der Verwaltung im Anschluss an den Bestand. Mit den Neubauten werden vor allem die Sicherheits- und Arbeitsbedingungen im Vollzug verbessert.
Die Gebäude fügen sich gut in den Bestand ein, durch die horizontale Gliederung der neuen Umwehrungsmauer ist dies auch bei der Außensicherung gelungen. Die Gebäudehöhe wurde mit Rücksicht auf die denkmalgeschützte Umgebung begrenzt. Die klaren, kompakten Baukörper sollten auf keinen Fall in Konkurrenz zu den Neurenaissancebauten der Anstalt treten.
Mit der Erweiterung der JVA wurde ein städtebaulicher Komplex geschaffen, der sich trotz der Sondernutzung in gelungener Weise in das Stadtquartier einpasst, das Justizareal abrundet und das bisher gewerblich geprägte Areal an der Ladehofstraße aufwertet. Im Oktober 2015 erfolgte die Umbenennung von „Ladehofstraße“ in „Friedrich-Niedermayer-Straße“, die neue Adresse der Justizvollzugsanstalt Regensburg. (Elfriede Schenkl)
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