„Der Zuwachs an Wohnungen ist dringend notwendig, um den steigenden Mieten und Kaufpreisen in den Ballungsgebieten entschieden entgegenzuwirken“, erklärte Andreas Eisele, Präsident des Bundesverbandes Freier Immobilien und Wohnungsunternehmen (BFW), auf dem diesjährigen Immobilienkongress in München. Obwohl Bayern mit sechs Millionen Wohnungen 2016 einen Zuwachs um 52 174 Wohnungen verzeichnen könne, benötige Deutschland in den kommenden Jahren jährlich 400 000 neue Wohnungen in den Ballungsgebieten, um die Nachfrage irgendwie zu decken.
Da die Wohnungsknappheit derzeit zu den drängenden sozialen Fragen zählt, befasste sich der
Kongress ausschließlich mit aktuellen Projekten zur Quartiersentwicklung in Bayern. Projekte mit ganz verschiedenen Ausrichtungen und für unterschiedliche Zielgruppen verdeutlichen das Engagement für den Wohnungsbau und demonstrieren zugleich ideenreiche Vorschläge. Ihre Realisierung trage sicherlich dazu bei, so der Verbandspräsident, moderne Stadtstrukturen zu entwickeln.
Bezogen auf die komplexen Kongressthemen Urbanität, Investition und Proptech (Steigerung der Effizienz von Geschäftsprozessen) nahm Eisele Stellung zur Situation der Bau- und Planungswirtschaft, wo Optimierungsbedarf bestehe und man an den Herausforderungen der Branche arbeiten könne.
Entwickeln, ermöglichen, das Bauen vereinfachen und Erhalten erleichtern, sollten als Rahmen für die Vorträge und Debatten dienen. Mit durchmischten, attraktiven Quartieren sei ein Nebeneinander von Nutzungen besser möglich, so Eisele. Dazu gehöre auch, dass der Zugang zum Kapital keinen verschärften Regulierungsvorhaben unterliege und Investition weiterhin möglich sei. Mit der Forderung des BFW, Bauen zu vereinfachen, ist auch die Anpassung des Lärm- und Emissionsschutzes gemeint. Außerdem solle die Politik ihren Beitrag dazu leisten, dass Erwerbskosten niedrig gehalten würden, um Eigentumserwerb zu ermöglichen – auch im Sinne der Altersvorsorge. Zudem sollte die steuerliche Normalabschreibung auf drei Prozent angehoben werden. Das Erhalten, so der BFW Präsident, sollte erleichtert werden, indem das Mieter-Vermieter-Verhältnis nicht durch einseitige Regelung auf Spiel gesetzt würde.
Unterschiedliche Lebensbereiche vereint
Positive Signale will Eisele auch hinsichtlich des Gewerbebaus setzen, der bereits weitgehend Unterstützung gefunden hat durch die Baurechtsnovelle zum „Urbanen Gebiet“. Statt der „funktionsgetrennten Stadt“ ist die urban gemischte Stadt nun möglich. Wohnen und Gewerbebetriebe, soziale, kulturelle Mischungsnutzung ist laut der Novelle erlaubt. Da an den starken Standorten steigende Nachfrage im Gewerbebau bestehe und die Logistikbranche mit stets wachsenden Arbeitsplätzen zu den wichtigsten Wirtschaftszweigen in Europa zähle, plädierte Eisele für eine intensive Förderung.
„Kultur Quadrat“ hieß das Quartierprojekt, das Melanie Hammer, Geschäftsführerin BHB Bauträger, vorstellte und zugleich als eine der größten Satelitenstädte in Deutschland bezeichnete. Die Konzeption ist für den Hanns-Seidel-Platz in Neuperlach geplant und soll bis 2019 fertiggestellt sein. Die aufgelockerte Architektur mit Durchblicken, Glaspartien und begrünten Dächern vereint ganz unterschiedliche Lebensbereiche. Ein Kulturzentrum, das sowohl für bürgerliches Engagement wie für Hochkultur ein zu Hause bietet. Zudem ist viel Platz vorgesehen für Kindertagestätten und Gefördertes Wohnen für verschiedene Generationen. Auch an Eigentumswohnungen ist gedacht. Für Studenten und Angestellte sind Apartments, im Stil von Smart Wohnen, vorgesehen, also perfekt eingerichtete und ausgestattete Wohnbereiche.
„Es werden 175 neue Wohnungen mit Dachgärten, Balkonen, Skywalk und Künstlerwohnungen entstehen“, erklärte Hammer. „Die Mischung von Wohnen und Kultur wird hier Vorrang haben.“ Ein Marktplatz, 125 Geschäfte, Restaurants, ein Theatron und Hotel bilden das Herz der Anlage, die mit großzügigen Grünflächen und Bäumen einen besonderen Charme erhält.
Die Eberhardthöfe in Nürnberg, ein ehemaliges Quellegrundstück mit einer Grundfläche von 250 000 Quadratmetern war für die GS Schenk GmbH im Ankauf aufgrund der Insolvenz des Unternehmens nicht leicht zu erwerben. In der Planung sind nun insgesamt 430 Wohneinheiten, wie zum Beispiel Eigentumswohnungen, Serviceapartments und Einheiten zum Arbeiten und Wohnen. „Da die Gebäude am Frankenschnellweg liegen, sind Schall- und Emissionsschutz notwendig“, so Jobst Dentler, Geschäftsführender Gesellschafter von GS Schenk. „Doch bis 2020 soll die Gesamtrealisierung abgeschlossen sein.“
Zukunftsweisendes Leuchtturmprojekt
„Die steigende Vereinzelung und die Veränderung traditioneller Lebensmodelle verlangen ein Umdenken in der Gesellschaft“, sagte Rupert Voß, Hauptgeschäftsführer der InnZeit Bau GmbH, und stellte das Mehrgenerationen Projekt „Dahoam im Inntal“ vor. Nach der angedachten Fertigstellung 2020 soll auf dem 16 Hektar großen Gelände der ehemaligen Karfreitkaserne im bayerischen Brannenburg für 800 Menschen ein sogenanntes zukunftsweisendes Leuchturmprojekt entstehen.
„Der Altersdurchschnitt der Bewohner wird bei 50 Jahren liegen. Sie werden aus einem Einzugsgebiet zwischen 50 und 100 Kilometer kommen“, erklärte Voß. Das Konzept des Projekts lautet: „Begegnung statt Abstand.“ Das schließt Nachbarschaftsforen, Planung gemeinsamer Aktivitäten mit ein. „Dahoam im Inntal will das Zusammenleben der Generationen gestalten.“ Dazu zählen Einkaufshilfen für ältere Menschen und Kinderbetreuung. Voß rechnet mit rund 440 Arbeitsplätzen nach der Fertigstellung. Eine Mischkalkulation soll Familien mit Kindern mit Rabattzahlung unterstützen.
„Die Macherei“ ist ein Projekt, das im Münchner Osten ohne Wohnungen konzipiert ist. Es sieht ein Designhotel, ein Boardinghaus mit Longstay-Konzept, eine große Dachterrasse und ein Sport- sowie Fitnesscenter vor. Auf 6400 Quadratmetern sind 500 Betten geplant. Eine moderne, lebendige Gestaltung mit dreidimensionalen Fassaden, verglasten Verbindungsgängen wird frischen Wind nach Berg am Laim bringen.
In der Gesprächsrunde mit den politischen Vertretern von SPD, CDU/CSU, den Grünen und der FDP diskutierte man unter anderem über die Senkung der Baukosten und dass die Planungsentwürfe nachhaltig sein müssen. Darüber hinaus sollten bei den Wettbewerben nicht immer die selben, sondern auch neue Bewerber sich beteiligen. Eisele brachte die Thematik mit seinem Schlusswort auf den Punkt, indem er klar die Forderungen stellte: „Schluss mit der Preistreiberei, Schluss mit stetig steigenden Anforderungen und Verschärfungen und mit den Überregulierungen.“
(Eva-Maria Mayring)
(
„Kultur Quadrat“ geplant für Neuperlach, Gesamtansicht von oben - Foto: BHB Bauträger GmbH Bayern)
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