Bauen

Ein Wohnungsgipfel baut noch keine Wohnung. (Foto: Bilderbox)

20.02.2019

Sozialer Sprengstoff

Leerlauf nach dem Wohngipfel wäre fatal, denn Wohnungsmangel ist sozialer Sprengstoff

Ein Wohngipfel macht noch keine Wohnungen: Der Wohnungsbau in Deutschland braucht dringend eine Förder-Offensive – und zwar jetzt. Das fordern 34 Organisationen und Verbände der Architekten und Planer, der Bau- und Immobilienwirtschaft sowie der Deutsche Mieterbund (DMB) und die Industriegewerkschaft Bauen-Agrar-Umwelt (IG BAU). Zusammengeschlossen in der Aktion „Impulse für den Wohnungsbau“ legten sie jetzt einen Maßnahmenkatalog zum Wohnungsbau mit sieben Punkten vor. Hinter den Forderungen steht die Befürchtung, Bund, Länder und Kommunen könnten nach dem Wohngipfel vor fünf Monaten im Kanzleramt die Dringlichkeit, den Neubau von Wohnungen politisch voranzutreiben, erneut aus den Augen verlieren.

„Leerlauf wäre fatal. Der Staat muss Gas geben und den Wohnungsbau wesentlich stärker fördern als bisher. Schon jetzt hinkt der Bund mit seinem selbst gesteckten Ziel, 1,5 Millionen Neubau-Wohnungen bis 2021 zu schaffen, enorm hinterher. Der Wohnungsbau gehört auf die politische Überhol- und nicht auf die Standspur“, sagt Ronald Rast. Der Koordinator der Aktion „Impulse für den Wohnungsbau“ geht davon aus, dass im vergangenen Jahr nicht einmal 300.000 Wohnungen neu entstanden sind – statt der 375.000, die notwendig gewesen wären, um die von der GroKo angekündigten Wohnraum-Offensive umzusetzen. Zur Zielerreichung müssen jetzt 400.000 Wohnungen jährlich neu gebaut werden.

„Der Bedarf an neuen Wohnungen ist da – und er ist enorm. Genug Wohnungen, die sich die Menschen auch leisten können, sind die Voraussetzung für den Erhalt des sozialen Friedens. Oder anders herum: Wohnungsmangel ist sozialer Sprengstoff“, so Rast. Auch deshalb steht er ganz oben auf der Liste: der Soziale Wohnungsbau. Unter Punkt eins im Maßnahmenpaket fordert die Wohnungsbau-Aktion von Bund und Ländern die Förderung von mindestens 80.000 neuen Sozialmietwohnungen pro Jahr. Und konkret: mindestens drei Milliarden Euro für den Sozialen Wohnungsbau ab dem kommenden Jahr. Das Aktionsbündnis sagt auch, warum: „Jahr für Jahr schrumpft die Zahl der Sozialwohnungen. Nach der aktuellsten Statistik sind allein im vorletzten Jahr bundesweit 45.000 vom Markt verschwunden“, sagt Rast. Wichtig sei auch, dass es rasch eine Grundgesetzänderung gebe, die es dem Bund erlaube, auch nach 2019 den Sozialen Wohnungsbau weiter mit Bundesmitteln zu unterstützen.

Ebenfalls im Fokus der Aktion „Impulse für den Wohnungsbau“: das bezahlbare Wohnen – mit mindestens 60.000 Neubau-Wohnungen pro Jahr. Damit das gelinge, müsse die steuerliche Abschreibung deutlich attraktiver werden: Die Branchenvertreter sprechen sich dabei für die Erhöhung der linearen AfA von 2 auf 3 Prozent aus. „Gerade die Gebäudetechnik hat heute eine deutlich kürzere Lebensdauer als früher. Die 2-Prozent-AfA hängt damit der Entwicklung am Bau hinterher. Die Finanzpolitiker müssen sich schon beide Hände vor die Augen halten, um das nicht zu sehen“, sagt Koordinator Rast. Die von der GroKo eingeführte befristete Sonder-AfA bezeichnete er als „finanzpolitisches Feuerwerk“ – schnell verpufft, ohne nachhaltige Wirkung für den Bau, der dauerhaft verlässliche Zusagen brauche. „Wohnungsbau funktioniert nicht per Knopfdruck. Der Bau wird seine Kapazitäten – Beschäftigte genauso wie Maschinen – erst dann nach und nach weiter hochfahren können, wenn er eine solide Perspektive hat. Und das setzt eine solide und damit auch langfristig angelegte Wohnungsbauförderung voraus“, macht Koordinator Rast deutlich.

Ohne Bauland kein Wohnungsbau. Das Aktionsbündnis fordert deshalb die Kommunen auf, dafür zu sorgen, dass es mehr Baugrundstücke gibt und dass diese rasch bebaut werden können. Länder und Kommunen sollen zudem kostengünstiges Bauland gezielt für den bezahlbaren Wohnungsbau bereitstellen. Der Bund gehe hier mit den Flächen, die die Bundesanstalt für Immobilienaufgaben (BImA) bereitstelle, mit gutem Beispiel voran. Sollte es dabei dennoch zu einem Missbrauch – nämlich zu Baulandspekulationen durch die Käufer – kommen, dann müsse es ein Recht des Staates geben, die Preissteigerungen voll zurückzufordern. „Der Baulandspekulation muss endlich ein Riegel vorgeschoben werden. Sie ist eine der größten Bremsen beim Wohnungsbau“, so Ronald Rast.

Eine andere „Bau-Bremse“ ist, so Rast, staatlich gemacht – und der Branche seit langem ein Dorn im Auge: Immer wieder neue Gesetze und Normen, die das Bauen komplizierter und vor allem auch teurer machen. „Es wird deshalb höchste Zeit, dass bei allen Gesetzen und Normen klar ein Preisschild drangeklebt wird. Die Folgen von kostentreibenden Auflagen müssen den Politikern klar vor Augen geführt werden. Nur so kann es gelingen, sie davon abzubringen, die Hürden beim Bauen immer höher zu legen“, fordert Rast.

Im Fokus der Aktion „Impulse für den Wohnungsbau“ auch: das Klima und das Wohnen im Alter. Die 34 Organisationen und Verbände sprechen sich für eine deutlich bessere und breitere Förderung der energetischen und altersgerechten Sanierung von bestehenden Gebäuden aus. So soll es künftig eine „Kombi-Förderung“ für das Energiespar-Sanieren und den Umbau zum Senioren-Wohnen geben – eine „Sanierungspaket-Förderung Energie + Alter“. Notwendig seien hier steuerliche Anreize. Ebenso aber auch direkte Zuschüsse, die beispielsweise von älteren Menschen in der Regel bevorzugt würden. „Und wenn sich herausstellt, dass die energetische und altersgerechte Sanierung nicht mehr wirtschaftlich ist, dann müssen Abriss und Neubau ebenfalls von der KfW gefördert werden“, fordert der Koordinator des Aktionsbündnisses, Dr. Ronald Rast. Voraussetzung sei, dass das Gebäude leer stehe und nicht prägend für das Ortsbild sei. Auf einem solchen Ersatzneubau dürften allerdings nicht die hohen Auflagen des Baurechts, wie sie für einen Neubau gelten, lasten. Er müsse vielmehr wie eine Vollsanierung behandelt werden.

Darüber hinaus soll der „Wohnungsbau 4.0“ forciert werden: Für sämtliche Prozesse – von der Planung über die Genehmigung im Bauamt bis zum Bau und dem anschließenden Gebäudemanagement – fordern die 34 Akteure der Aktion „Impulse für den Wohnungsbau“ eine rasche und vom Staat offensiv unterstützte Digitalisierung. „Der Digitale Wandel im Wohnungsbau schafft Beschleunigung. Und er vermeidet Kosten und Fehler“, so Ronald Rast. Dabei dürfe allerdings nicht nur an die Großen der Branche gedacht werden. Auch kleinere Planungsbüros und Baufirmen müssten bei der Digitalisierung mitgenommen werden. (BSZ)

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