Kommunales

Ausflügler starten in Icking im Landkreis Bad Töz-Wolfratshausen eine Schlauchbootstour auf der Isar. (Foto: Stephan Jansen, dpa)

16.04.2019

0,5 Promille-Grenze auf der Isar

Laute Musik, Bier und Partylaune - Schlauchbootfahrten auf der Isar sind ein beliebter Sommerspaß. Aber jetzt ist Schluss mit allzu lustig. Weil die Fahrten überhandnahmen, greift das Landratsamt Bad Tölz-Wolfratshausen durch

Die Isar strömt - und auch das Bier: An heißen Sommertagen herrscht an dem Fluss von seinem Oberlauf bis nach München Hochbetrieb. Am Ufer steigen Grillfeste - und auf dem Wasser geht es in Schlauchbooten feuchtfröhlich flussabwärts. Auf den Wiesen zeugen leere Flaschen und Unrat von den Vergnügungen. Sogar die Schlauchboote, billig zum Einmalgebrauch gekauft, bleiben liegen.

Das soll anders werden. Schlauchboot-, aber auch Kajak- und Kanufahrer müssen sich dieses Jahr auf neue Regeln einstellen. Das Wildwasser darf im Landkreis Bad Tölz-Wolfratshausen nach einem Entwurf des Landratsamtes nur noch von 1. Juni bis 15. Oktober befahren werden - dabei gilt eine Alkoholgrenze von 0,5 Promille. Am Dienstag wollte Landrat Josef Niedermaier (Freie Wähler) die Bootsfahrverordnung vorstellen.

Seit Jahren wird diskutiert: Wie viel verträgt die Isar? Hunderte Boote sind an schönen Tagen auf dem Fluss unterwegs - dessen Ufer teils unter Naturschutz steht. Am 4. August des vergangenen Jahren zählten Umweltschützer am Wehr bei der Gemeinde Icking binnen fünf Stunden 416 Boote mit 1178 Insassen.

Bier-Beiboote: Damit ist jetzt Schluss

Damit die Fahrt nicht zu trocken wird, zogen manche ein kleines Boot mit - für den Kasten Bier. Mit diesen Bier-Beibooten soll Schluss sein. Die Verordnung untersagt das Anhängen von Booten ebenso wie Glasflaschen. Die Bootsfahrer müssen auch auf laute Musik für ihre Partylaune verzichten.
Verstärker sollen verboten werden. Kinder bis zwölf Jahre müssen Schwimmwesten tragen und ab 20.30 Uhr bis morgens um 7.00 Uhr soll auf dem Fluss Ruhe herrschen: Nachtfahrverbot. Verstöße sollen mit bis zu 5000 Euro Geldbuße geahndet werden.

Neun Isar-Ranger, die seit Jahren für Ordnung sorgen, sollen mit ehrenamtlichen Helfern der Naturschutzwacht über die Einhaltung der Regeln wachen. Zwar könnten sie etwa die 0,5 Promille-Grenze nicht direkt kontrollieren, aber bei einem Unfall spiele diese versicherungsrechtlich eine große Rolle, heißt es beim Landratsamt. Die Ranger dürften auch die Personalien aufnehmen.

Auch im benachbarten Landkreis München wird überlegt. Es sollen Vorschläge zur Sicherheit entwickelt werden, etwa eine Schwimmwestenpflicht und für Kinder und ein mögliches Verbot untauglicher Billigschlauchboote. Beim Naturschutz will das Landratsamt mit den Tölzern Maßnahmen entwickeln. "Umfassende Verbote würden auch die vielen verantwortungsbewussten und einsichtigen Menschen treffen, die sich an und auf der Isar erholen möchten", sagte Landrat Christoph Göbel (CSU). Es gehe um eine "ausgewogene Lösung mit Augenmaß".

Warum ist es an der Isar so schlimm geworden? Auf der Mecklenburger Seenplatte mit seinen 1117 Seen sind derartige Auswüchse nicht bekannt. "Ich glaube, das ist ein Problem von Ballungsräumen. Hier kommen die Leute her und machen Urlaub - das ist nicht der Partytourismus", sagt Christin Drühl, Sprecherin des Tourismusverbandes Mecklenburger Seenplatte. Geschützte Zonen würden respektiert, die Gäste schätzten die Natur. "Sicher gibt es auch mal Leute, die hinterlassen Müll oder machen Party auf Booten. Das ist aber nicht so, dass man gesondert dagegen vorgehen muss."

Die Natur als Kulisse für Sauftouren

Doch auch andernorts wird über Regeln nachgedacht. Der Landkreis Lüneburg will die Flüsse Luhe, Lopau und Ilmenau zu Himmelfahrt und Pfingsten sperren, um die Natur zu schützen. "An diesen Tagen sind viele Ausflügler betrunken und mit lauter Musik unterwegs, sie verhalten sich leider alles andere als rücksichtsvoll", sagt Stefan Bartscht vom Fachdienst Umwelt. Informationskampagnen hätten nichts gebracht. Lüneburg wolle nun dem Beispiel des Nachbar-Landkreises Harburg folgen. Die Regelung treffe auch besonnene Ausflügler. "Zum Glück aber ändert sich für sie die meiste Zeit des Jahres nichts."

An der Isar reichen tageweise Regelungen nicht mehr. Monatelang war die neue Verordnung mit Anrainergemeinden abgestimmt und auch den Bürgern in einer Online-Befragung vorgestellt worden. Das Papier gilt für private Bootsfahrten, nicht für gewerbliche Anbieter. Doch auch für sie wird es dieses Jahr härter. Bisher wurden kommerzielle Fahrten auch im Naturschutzgebiet von Bad Tölz flussabwärts geduldet, wo auch die meisten privaten Boote unterwegs sind. Dieses Jahr dürfen gewerbliche Anbieter erstmals nur noch oberhalb von Bad Tölz fahren, und auch dann nur unter strikten Auflagen und besonderer Genehmigung.

Der Anbieter Isar-Piraten gab auf. "Was mich ärgert: Dass die privaten Fahrer, die so viel Ärger gemacht haben, grundsätzlich weiter fahren dürfen", sagt Ex-Isar-Pirat Henning Schleusener. Mäßiger Alkoholgenuss, Verzicht auf Glasflaschen und Schwimmwesten als Empfehlung für alle: "Wir haben dieses Standards seit Jahren verwirklicht." Er begrüße aber die Verordnung als lange überfällig. "Viele haben die Natur nur noch als Kulisse für Sauftouren benutzt."

Die einzigen, die wie bisher fahren dürfen, sind die Flößer. Die von manchen als schwimmende Bierzelte geschmähten Baumstamm-Gefährte sind mit Blaskapelle, zünftiger Stimmung und reichlich Gerstensaft auf dem Isarkanal unterwegs. Sie fallen nicht unter die Bootfahrverordnung, und für sie gelten Sondergenehmigungen. Alkohollimits müssen die Gäste hier nicht fürchten - immerhin steuern sie nicht selbst.
(Sabine Dobel, dpa)

Kommentare (2)

  1. Franz Peter am 17.04.2019
    Glasflaschen und Musikverbot, ja geht in Ordnung. Aber Promillegrenze und drakonische Strafen, das darf doch wohl nicht war sein. Immer mehr greift der Staat durch überflüssige Regeln in die Freiheit der Bürger ein. Den Spaß kann man da gleich auch mitverbieten, das kommt ja der Prohibition gleich. Wieso nicht gleich noch im Biergarten das Trinken verbieten. Da ists auch laut und hin und wieder setzt einer dem anderen nen Krug auf. Dass dann noch zwischen privaten und gewerblichen mit zweierlei Maß gemessen wird ist absolut nicht nachvollziehbar. Wenn es wirklich um die Lärmbelästigung ginge, dann kann man doch nicht die Blasmusik erlauben und den Rest verbieten, wie ungerecht. Zudem erschafft man für die Anbieter von Floßfahrten ein künstliches und auch teureres Besäufnis-Monopol. Da wird doch wieder geklüngelt.
  2. Hanno Behrenscheidt am 17.04.2019
    Man schaute da viel zu lange zu! Man schuf so etwas wie eine negative "Isar-Sauf-Kultur". Ob es nun mit
    den vorgesehenen Vorschriften gelingen wird, die krakeelenden und teilweise besoffenen Gummibootfahrer eines Besseren zu belehren, das erscheint fraglich!
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