Gleich mehrfach hat eine Bürgerinitiative aus Taufkirchen genug Unterschriften für Bürgerbegehren gesammelt, um zwei Wohnbauprojekte im Ort zu stoppen. Doch stets lehnte der Gemeinderat die Begehren als unzulässig ab – zu Recht, wie nun ein Gericht geurteilt hat.
Kathrin Schöber und Birgit Iser dürften sich vergangenes Jahr vorgekommen sein wie einst der Korinther-König Sisyphos. Gleich zweimal warben die Frauen aus Taufkirchen (Landkreis München) und ihre Mitstreiter um Unterstützung, um zwei Wohnbauprojekte in ihrer Gemeinde zu stoppen. Stets sammelten sie dabei genügend Unterschriften und reichten Ordner voller Listen im Rathaus ein – in der Hoffnung, dadurch Bürgerentscheide herbeizuführen.
Doch ganz wie bei Sisyphos rollte auch hier der hinaufgehievte Felsbrocken ein ums andere Mal wieder ins Tal. Genauer gesagt: Er wurde vom Taufkirchner Gemeinderat hinuntergestoßen. Denn sowohl im April 2024 als auch vier Monate später erklärte das Gremium mit großer Mehrheit alle vier Bürgerbegehren als unzulässig.
Vorwurf der Falschaussage
Dies wollten die Initiatorinnen jedoch nicht akzeptieren, weshalb Kathrin Schöber und Birgit Iser gegen die Entscheidungen des Gemeinderats klagten. Doch auch auf juristischem Wege sind sie nun gescheitert. So hat das Verwaltungsgericht München drei ihrer vier Klagen abgewiesen. Im letzten Fall steht eine Entscheidung zwar noch aus, da hier ein verspätet zugestellter Schriftsatz das Verfahren verzögert hat. Doch angesichts der bisherigen Urteile dürften die Erfolgsaussichten der Klägerinnen eher gering sein.
Sie zeigen sich über die Entscheidungen des Gerichts „sehr erschüttert“, wie es in einer Mitteilung der Initiative heißt. „Wir hätten uns für alle Bürger Taufkirchens den Bürgerentscheid gewünscht.“ Konkret geht es dabei um zwei Wohnbauprojekte, die der Gemeinderat jeweils mit großer Mehrheit vorangetrieben hat.
Zum einen handelt es sich um ein Quartier rund um ein Seniorenheim, das mit Gebäuden für Betreutes Wohnen, einigen Wohnhäusern sowie Geschosswohnungen auf einer unbebauten Wiese am Hachinger Bach entstehen soll. Zum anderen dreht sich der Zwist um ein Neubaugebiet mit 200 Wohnungen, die weiter östlich auf einem ebenfalls noch freien Gelände an der Dorfstraße geplant sind.
Früh regte sich Kritik
Gegen beide Projekte regte sich bei den Anwohnern schon früh Kritik. Sie fürchten vor allem eine Verkehrszunahme und wollen die Grünfläche als Erholungsgebiet erhalten. Zudem machen die Initiatorinnen der Bürgerbegehren geltend, dass die Gebiete bei einer Versiegelung ihre Funktionen als Frischluftschneise und Versickerungsfläche bei Hochwasser einbüßen würden – eine Argumentation, die seitens des Rathauses zurückgewiesen wird.
Vor gut einem Jahr sammelte die Initiative dann erstmals Unterschriften für zwei Bürgerbegehren gegen die Wohnbauprojekte. Binnen kürzester Zeit kamen gut 1800 Signaturen zusammen – genug, um einen Bürgerentscheid herbeizuführen.
Doch der Gemeinderat lehnte die Begehren aus verschiedenen Gründen als unzulässig ab. Allen voran beanstandete das Gremium, dass für die zwei Ansinnen auf einem gemeinsamen Infoblatt geworben wurde, was eine „unzulässige Koppelung“ sei.
Einige Monate nach der Abfuhr nahm die Initiative einen neuen Anlauf. Ohne gemeinsames Infoblatt und mit zwei neu formulierten Fragestellungen sammelte sie erneut ausreichend Unterschriften und reichte sie wieder im Rathaus ein – nur um abermals im Gemeinderat abzublitzen.
Missverständliche Formulierungen
Als Begründung führte das Gremium diesmal an, dass der Bebauungsplan für das Projekt an der Dorfstraße bereits beschlossen sei. Zudem würden beide Begehren und ihre Begründungen missverständliche Formulierungen enthalten.
In der Folge klagten Kathrin Schöber und Birgit Iser gegen alle vier Entscheidungen des Gemeinderats, weshalb es nun zu einer fast vierstündigen Verhandlung am Verwaltungsgericht München kam. In dieser monierte Taufkirchens Bürgermeister Ullrich Sander (parteifrei), dass die umstrittenen Begehren „mehrere Falschaussagen“ enthielten und obendrein kaum verständlich seien. „Ich wüsste als Bürger nicht, was damit gemeint ist“, betonte der Rathauschef.
Ganz anders bewerteten das die Klägerinnen, die in der Verhandlung ein ums andere Mal auf ihr übergeordnetes Ziel hinwiesen. Nämlich: zwei Bauvorhaben zu verhindern, die von 1800 Menschen im Ort abgelehnt würden.
Das Gericht unter Vorsitz von Christine Gibbons hielt sich in der Verhandlung mit Einschätzungen zu dem Streit zurück. Tags darauf verkündete die Kammer dann ihr Urteil und wies drei der Klagen ab.
Die Gründe für die Entscheidung sind nicht bekannt; sie werden den Beteiligten erst noch zugestellt. Ab Erhalt der schriftlichen Urteile haben die Klägerinnen einen Monat Zeit, um dagegen in Berufung zum Verwaltungsgerichtshof zu gehen.
(Patrik Stäbler)
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