Kommunales

Die blaue Plakette ist höchst umstritten. Der Bayerische Städtetag sieht vor allem die Fahrzeughersteller in der Pflicht, ihre angegebenen Abgaswerte auch einzuhalten. (Foto: dpa)

23.02.2017

Saubere Luft für die Städte

Autoindustrie ist gefordert

„Die Städte hätten weniger Probleme mit der Luftreinhaltung, wenn die Autoindustrie die geringen Abgaswerte, wie sie in den Prospekten für die Automodelle angegeben sind, tatsächlich einhalten würde“, sagt der Vorsitzende des Bayerischen Städtetags, Nürnbergs Oberbürgermeister Ulrich Maly (SPD): „Eine Verbesserung der Luftqualität in unseren Städten lässt sich am effektivsten erzielen, wenn bei der Quelle angesetzt wird, damit bei Autos, Lastern und Bussen weniger Schadstoffe aus dem Auspuff kommen. Städte leben von und mit der Mobilität, sie benötigen freien Zugang und freie Zufahrt. Daher sind Kommunalpolitiker keine Freunde von Fahrverboten. Allerdings können Fahrverbote für luftverschmutzende Fahrzeuge Innovationen bei der Technologie zur Reduzierung von Schadstoffen auslösen und für saubere Antriebstechnik ohne gefährliche Emissionen sorgen. Falls Städte Fahrverbote verhängen müssen, sorgt eine blaue Plakette für die nötige Differenzierung von Kraftfahrzeugen.“ Daher fordert der Vorstand des Bayerischen Städtetags den Bund auf, bei der EU-Kommission eine Fristverlängerung für die Einhaltung der Grenzwerte bei Stickstoffdioxid zu erreichen. Darüber hinaus müssen anspruchsvolle und klare Vorgaben für die Automobilindustrie dafür sorgen, dass Emissionen an der Quelle reduziert werden. Maly: „Bürgermeister und Oberbürgermeister kommen nicht in euphorische Stimmung, wenn sie nun eine blaue Umweltplakette fordern. Die Erfahrungen bei der Einführung der Grünen Plakette sind keineswegs in guter Erinnerung. Denn letztlich sind es die Kommunen, die Verbotstafeln an Einfallstraßen aufstellen müssen. Der Groll von Autofahrern, Lasterfahrern, Spediteuren, Kurierfahrern, Taxifahrern, Handwerkern und betroffenen Anwohnern mit Dieselfahrzeugen richtet sich nicht abstrakt gegen die EU, sondern konkret gegen die Stadt, die Verbotstafeln gegen luftverschmutzende Dieselfahrzeuge am Straßenrand anschrauben muss.“ Falls sich die bisherige Rechtsprechung zur Luftreinhaltung weiter bestätigen sollte, sind betroffene Städte darauf angewiesen, mit einer blauen Umweltplakette – in der Diskussion ist auch eine weiße oder graue Plakette –  ein Handlungsinstrument zur Differenzierung von Zufahrtverboten für luftverschmutzende Fahrzeuge zu erhalten. Nur, wenn emissionsarme Fahrzeuge eindeutig gekennzeichnet sind, lassen sich die Emissionen stadtverträglich, rechtssicher und kontrollierbar reduzieren. Hierfür muss der Bund eine Rechtsgrundlage schaffen. Die öffentlichkeitswirksamen Klagen der Deutschen Umwelthilfe treffen die Falschen. Kommunalpolitiker kennen den Handlungsbedarf, haben aber nicht das geeignete Instrumentarium zu Verfügung. Die Konsequenzen müssten in Bayern die Städte Augsburg, München und der Ballungsraum Nürnberg, Fürth, Erlangen tragen. Die Lage der Städte ist laut Maly misslich: „Die Europäische Union setzt ehrgeizige Richtlinien zur Luftqualität, etwa mit Grenzwerten für Stickstoffdioxid oder Feinstaub. Allerdings fehlen faktisch die Mittel zur Umsetzung der Richtlinien. Somit bekommen letztlich die Städte den Schwarzen Peter zugeschoben: Sie sollen die Luft rein halten, haben aber keine praktikable Möglichkeit, den Schadstoffausstoß von Fahrzeugen zu reduzieren. Das haben die Automobilhersteller in der Hand.“ Der Erlass von zeitweiligen Fahrverboten für Fahrzeuge mit einem geraden oder ungeraden Nummernschild ist weder effizient noch effektiv noch verhältnismäßig, da auch Fahrzeuge betroffen wären, die Stickstoffdioxid-Verschmutzung nicht verursachen; schwer kontrollierbar und schwer vermittelbar wäre auch ein pauschales Fahrverbot für Dieselfahrzeuge.
(BSZ)

Kommentare (1)

  1. Sir Bartl am 03.03.2017
    Aha! Blaue, graue, violette, lilablassblaue Plakette....und die Städte müssen für etwas büßen, was eigentlich unsere Autoindustrie, also die Großkopferten in den Autofirmen, bewusst herbeigeführt haben. Und der Deutsche Autofahrer ist der Dumme. Vor allem die, die sich nicht mal einfach ein neues EURO 6 Auto kaufen können. Und das sind mittlerweile nicht wenige Bürger.

    In Amerika wird wenigstens gehandelt und der kleine Bürger bekommt dort eine Entschädigung und ein neues Auto wenn er das wünscht. In Deutschland sind Sammelklagen ja schon nicht zugelassen. Eine Entschädigung für den betrogenen deutschen Autofahrer? Fehlanzeige.

    Dabei wäre es ganz einfach:
    Herr Dobrindt müsste die Autohersteller, die nachweißlich Stinker auf die Straße schicken, ganz fest an die Kandare nehmen und gezielt für die einzelnen Stinkermodelle die Betriebserlaubnis übers KBA entziehen lassen.
    Für die ja offensichtlich betrogenen Autokäufer, die im Glauben, dass BlueMotion und Co. wirklich sauber sind und dafür auch noch ca. 1500,- - 2000,- EURO mehr fürs Auto bezahlt haben, sollte vom Hersteller Schadenersatz geleistet werden, s. Amerika. Aber, ach ja, die armen Autohersteller. Wie kann man nur so was denken?! Das würde ja gleich tausende Arbeitsplätze in Deutschland kosten. Aber die Boni für die Manager bleiben bei zig Millionen. Egal ob sie Mist gebaut haben oder nicht.

    Und seien wir ehrlich. Dass auch die EURO 6 Autos die Grenzwerte um vielfaches übersteigen ist doch schon hinlänglich durch (richtige!!!) Messtests bewiesen. EURO 6.....wieder so ein verwässerter Aufschub für die Autoindustrie. Irgendwann haben dann alle Autos EURO 6 und die Luft in den Städten wird trotzdem immer dicker. Und jeder wundert sich.

    Aber so lange eine Frau Merkel bei der EU gegen eine stärke Begrenzung der Abgaswerte der Autohersteller eintritt und nichts gegen die Machenschaften der Autoindustrie unternimmt, wird sich nix ändern. Unsere Kinder und Enkel werden sich noch bedanken wenn jeder Lungenkrebs und Allergien hat. Allein der Schaden an der Volkswirtschaft ist (noch) nicht absehbar.

    Irgendwann muss man noch eine Luftabgabesteuer in Deutschland bezahlen. Sowas wie den Soli. Dann bekommt man eine grüne Plakette aufs Hirn dass man bezahlt hat. Ansonsten muss man die Luft anhalten. Um es mit dem bekannten Schlager zu sagen: Atemlos, dann wird es Nacht.... ;-)

    Habe die Ehre, ein schönes Wochenende!

    SirBartl
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