Kommunales

Fühlen sich vom Freistaat hintergangen: die Ärztinnen Stephanie Georg (links) und Elke Maier. (Foto: Stäbler)

23.12.2022

Um die Landärztinnenprämie geprellt

Zwei Medizinerinnen verlagerten in der Hoffnung auf die zugesagte staatliche Fördersumme ihre Praxis von der Großstadt aufs Dorf

Weil ihnen die versprochene Prämie verwehrt wurde, haben zwei Medizinerinnen aus dem Landkreis Pfaffenhofen den Freistaat verklagt. Doch das Münchner Verwaltungsgericht hat ihre Klagen abgelehnt. Das Urteil könnte fatale Auswirkungen haben auf den Plan der Staatsregierung, mehr Hausarztpraxen in Dörfern zu ermöglichen.

Von Ingolstadt nach Baar-Ebenhausen sind es knapp 15 Kilometer. Doch geht es nach den Worten von Elke Maier, dann liegen Welten zwischen diesen zwei Orten – was die medizinische Versorgung betrifft. Denn während man in Ingolstadt zwischen Dutzenden Hausärzt*innen wählen kann, seien die 5000-Einwohner*innen-Kommune im Kreis Pfaffenhofen sowie die umliegenden Gemeinden diesbezüglich „ein Notgebiet“, so Maier. Und die Hausärztin muss es wissen – schließlich hat sie 25 Jahre lang eine Praxis in Ingolstadt betrieben, ehe sie und ihre Kollegin Stephanie Georg im Sommer 2021 die Großstadt verließen und eine Niederlassung in Baar-Ebenhausen eröffneten. Damals hatte gerade ein Mediziner im benachbarten Karlskron aufgehört, weshalb die dortigen Gemeinden intensiv um die zwei Ärztinnen geworben hätten, erzählt Maier.

Den Schritt in die Provinz wagten die Medizinerinnen unter anderem, weil sie fest mit einer Förderung des Freistaats rechneten – in Form der sogenannten Landarztprämie, in der Höhe von bis zu 60.000 Euro pro Person. Doch als die beiden Ärztinnen nach dem Umzug den zugehörigen Antrag beim Landesamt für Gesundheit und Lebensmittelsicherheit (LGL) stellten, lehnte dieses den Zuschuss ab – zur völligen Überraschung bei beiden Medizinerinnen. Die Frauen zogen daraufhin vors Verwaltungsgericht München, wo sie die Prämie einforderten – jedoch ohne Erfolg: Das Gericht wies ihre Klagen gegen den Freistaat ab.

Nicht mehr allzu überraschend

Diese Entscheidung kam nicht mehr allzu überraschend – hatte der Vorsitzende Richter in der mündlichen Verhandlung tags zuvor doch deutlich gemacht, dass er in diesem Fall keinen Anspruch auf eine Landarztprämie sehe: „ganz einfach, weil die Voraussetzungen nicht erfüllt sind“. Dabei haben die beiden Medizinerinnen mit ihrem Umzug von Ingolstadt nach Baar-Ebenhausen auf den ersten Blick genau das getan, wozu der Freistaat mit seinem Zuschuss ermuntern will. Nämlich sich im ländlichen Raum niederlassen, um auch dort eine „möglichst flächendeckende, qualitativ hochwertige ambulante ärztliche Versorgung der Menschen zu gewährleisten“, wie es seitens des bayerischen Gesundheitsministeriums heißt.

Allerdings wird die Prämie laut der zugehörigen Richtlinie lediglich gewährt, wenn sich Mediziner in einem Landarztprämiengebiet niederlassen – und zuvor nicht schon in einem anderen Landarztprämiengebiet tätig waren. Genau dies war aber bei Elke Maier und Stephanie Georg der Fall. Denn nicht nur ist der Bereich Ingolstadt-Süd, in dem die Gemeinde Baar-Ebenhausen liegt, ein Landarztprämiengebiet. Sondern gleiches gilt auch für die Stadt Ingolstadt – wiewohl der Versorgungsgrad bei Hausärzten laut der Kassenärztlichen Vereinigung dort bei 106 Prozent liegt, während es im Bereich Ingolstadt-Süd nur 83 Prozent sind.

Diese Tatsache sei ihnen jedoch nicht ersichtlich gewesen, argumentierten die Ärztinnen in der mündlichen Verhandlung. „Jeder normale Mensch denkt doch, dass Ingolstadt kein Prämiengebiet sein kann, auch weil dort nie eine Prämie ausbezahlt wird“, sagte Stephanie Georg. Schließlich ist die Voraussetzung hierfür, dass sich Ärzte in einer Gemeinde mit höchstens 20 000 Bewohnenden niederlassen – mithin also nur ein Bruchteil der 140 000 Menschen, die in Ingolstadt leben.

„Landesamt für Gesundheit ließ uns ins Messer laufen“

Überdies hätten ihre Kollegin und sie sich vor dem Umzug von verschiedenen Stellen beraten lassen, betonte Elke Maier – unter anderem vom LGL selbst. Doch obschon man der Behörde die Umzugspläne der Ärztinnen mitsamt der konkreten Ortsangaben geschildert habe, sei von dort keinerlei Warnung gekommen, kritisierte der Anwalt der Medizinerinnen. „Vom LGL kam vielmehr die Aussage, dass das grundsätzlich möglich sei.“

Derweil betont Elke Maier: „Wir wollten in einer Notlage aushelfen und haben dafür viel riskiert. Wir sind voller Überzeugung aus einem sehr gut versorgten Gebiet in ein Notgebiet gezogen.“ Hierfür hätten sie nicht nur ein „gemachtes Nest“ aufgegeben – also die gut laufende Praxis in Ingolstadt –, sondern die beiden Hausärztinnen mussten nach eigenen Angaben auch viel Geld in die Hand nehmen für den Kauf ihrer neuen Niederlassung in Baar-Ebenhausen. Nicht zuletzt um diese Kosten zu decken, sei die Landarztprämie fest eingeplant gewesen. „Uns ist ja zugesichert worden, dass wir uns zumindest finanziell keine Sorgen machen müssen“, sagte Elke Maier. Doch dann seien ihre Anträge auf die Prämie abgelehnt worden. „Ich verstehe nicht“, klagte die Ärztin, „wieso man uns ins offene Messer hat laufen lassen“.

Doch selbst bei einer falschen Beratung durchs LGL hätte die Klage keine Erfolgsaussichten, erläuterte der Vorsitzende Richter. Schließlich handle es sich bei der Landarztprämie um eine freiwillige Leistung des Freistaats – weshalb dieser „bei der Gewährung großen Spielraum“ habe. Zwar könne er die Argumentation der Ärztinnen durchaus nachvollziehen, so der Richter. „Aber als Gericht können wir das Zuwendungsprogramm nicht verändern. Da müssen Sie schon dem bayerischen Gesundheitsminister schreiben und ihm sagen: Ihr Programm ist ein Schmarrn.“

Genau das sei bereits passiert, berichtete Elke Maier nach der Verhandlung. Ihr zufolge hat Ludwig Wayand (CSU), Bürgermeister von Baar-Ebenhausen, einen Brief an seinen Parteifreund, Ressortchef Klaus Holetschek, geschickt. Doch dieses Schreiben blieb ohne Erfolg – ebenso wie nun das Verfahren vor dem Verwaltungsgericht München. Gegen dessen Entscheidung können Maier und Georg allerdings noch Rechtsmittel beim Verwaltungsgerichtshof einlegen.
(Patrik Stäbler)

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