Nicht nur in der Region war es eine Nachricht, die so manche schockte: Dingolfings Bürgermeister Armin Grassinger hat sein Amt am Dienstagnachmittag mit sofortiger Wirkung niedergelegt. Als Grund führte Grassinger Bedrohungen gegen sich und seine Familie an.
BMW in Flammen aufgegangen
Der Rücktritt sei nach sorgfältiger Abwägung und in Abstimmung mit den zuständigen Stellen erfolgt. „In den vergangenen Monaten kam es wiederholt zu Anfeindungen und Bedrohungen gegen mich und meine Familie“, teilte Grassinger mit. Zudem sei in unmittelbarer Nähe seines Wohnhauses ein Brand gelegt worden. Bei dem Brand Mitte Oktober unter anderem der Dienstwagen des Bürgermeisters, ein BMW 7er, in Flammen aufgegangen.
Der Kommunalpolitiker betont: „Diese Entscheidung fällt mir nicht leicht, doch sie ist aus meiner Sicht unausweichlich.“ Er ziehe sich „zum Schutz meiner Familie aus dem Amt zurück“. Zu den Hintergründen will die Stadt auch auf Anfrage der Staatszeitung mit Hinweis auf den Persönlichkeitsschutz keine weiteren Angaben machen. Grassinger stand seit Mai 2020 für die Unabhängige Wählergemeinschaft (UWG) an der Spitze der niederbayerischen Stadt.
Kein Einzelfall
Gassinger ist kein Einzelfall. Ein Fahrzeug des Pegnitzer Bürgermeisters Wolfgang Nierhoff ist mutmaßlich absichtlich in Brand gesteckt worden. Der Kommunalpolitiker bezeichnete den Fall als "erschreckend". Er sagte: "Man darf sich nicht einschüchtern lassen. Hier wurde eine Grenze überschritten."
Nach Angaben der Polizei hatte in der Nacht auf Samstag eine Anwohnerin in Pegnitz einen Knall und Rauch am geparkten Auto ihres Nachbarn bemerkt. Die Polizei geht nach ersten Erkenntnissen davon aus, dass absichtlich versucht wurde, das Fahrzeug in Brand zu setzen. Die Kripo ermittelt.
"Anständig miteinander umgehen"
Nach Nierhoffs Angaben hatte ein Reifen stark gequalmt. Außerdem bemerkte er noch Schäden am Lack und an einer Scheibe. Ihm gehe es nicht um das Materielle, betonte er. Vielmehr sei er in Sorge, weil Anfeindungen gegenüber Politikern und allgemein gegen öffentliche Stellen zunähmen. "Aber das geht so nicht: Wir müssen anständig miteinander umgehen, wir müssen Sachen verbal klären", sagte er.
Nierhoff gehört der Gruppierung "Pegnitzer Gemeinschaft" an und ist seit 2020 Bürgermeister der Stadt. Pegnitz hat etwa 15.000 Einwohner und liegt im Landkreis Bayreuth.
170 Attacken auf bayerische Kommunalpolitiker
Insgesamt zählten die Behörden im Freistaat im vergangenen Jahr 170 Fälle bei denen kommunale Amts- und Mandatsträger Ziel von Drohungen, Beleidigungen, Erpressung und Gewalt wurden - sieben mehr als im Vorjahr. Das ergab eine Anfrage des Grünen-Abgeordneten Andreas Birzele an die Staatsregierung. Die Zahl der Gewaltdelikte stieg von elf im Vorjahr auf 14 im vergangenen Jahr. Die Behörden werteten die 170 Fälle zwar als politisch motivierte Kriminalität - jedoch ließen diese sich nur selten dem rechts- oder linksextremen Lager zuordnen.
Birzele fordert auf BSZ-Anfrage mehr Unterstützung der Amts- und Mandatsträger, etwa durch bessere Beratungsangebote. Auch müssten bestehende Angebote "noch besser kommuniziert werden". Der Grüne findet zudem: "Das Bewusstsein in der Bevölkerung über die Bedeutung des kommunalen Ehrenamts und der Respekt vor der Leistung und Verantwortung der Lokalpolitiker muss gestärkt werden."
Städtetag berichtet ebenfalls von einer Zunahme der Übergriffe
Der Vorsitzende des Bayerischen Städtetags, Straubings Oberbürgermeister Markus Pannermayr, berichtet ebenfalls: In Rathäusern mehrten sich Fälle von Beleidigungen, Anfeindungen und Drohungen. „Die Angriffe gegen Mandatsträger sind alarmierend. Beleidigungen und Übergriffe dürfen nicht hingenommen werden, sondern müssen konsequent zur Anzeige kommen.“ Was mit Beleidigungen beginne, könne rasch in Gewalt gegen Sachen und in Übergriffen gegen Menschen enden, ist der CSU-Politiker überzeugt.
Der Städtetag-Chef sagt:„Argumente und Meinungen müssen ausgetauscht werden.“ Debatten müssten aber sachlich bleiben. Persönliche Angriffe und Beleidigungen dürften „keinen Raum gewinnen“.
Entsetzen über Grassingers Rücktritt
Pannermayr zeigte sich angesichts des Rücktritts Grassingers entsetzt. Der CSU-Politiker wertet es als „ein Alarmsignal, wenn ein seit fünf Jahren erfolgreich amtierender Bürgermeister sich aufgrund von Bedrohungen auf die eigene Person und das private Umfeld zum sofortigen Rückzug veranlasst sieht“. Dies gelte umso mehr, da Grassinger sich eigentlich bei der Kommunalwahl 2026 zur Wiederwahl stellen wollte.
In Dingolfing ist man derweil noch immer entsetzt über die Geschehnisse. Die Amtsgeschäfte der aufgrund des dortigen BMW-Werks bundesweit bekannten Kommune führt nun vorläufig die Zweite Bürgermeisterin, Maria Huber (UWG). (Tobias Lill)
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