Kommunales

Münchens Oberbürgermeister Dieter Reiter erkundigt sich, wie Rollstuhlfahrer auf der Wiesn klarkommen. (Foto: Stäbler)

03.10.2025

Wie barrierefrei ist die Wiesn wirklich?

Das Oktoberfest birgt für Menschen mit Behinderung einige Hindernisse und Stolperfallen

Katharina Gramminger erinnert sich noch gut an ihren ersten Wiesnbesuch – mehr als 20 Jahre ist das inzwischen her. Am Mandelstand habe sie damals nicht über die Verkaufstheke blicken können, erzählt die Rollstuhlfahrerin. Und als sie ins Festzelt wollte, habe es dort keine speziellen Plätze für Menschen mit Handicap gegeben. „Damals war Barrierefreiheit für viele noch gar kein Thema“, sagt Katharina Gramminger.

Die 38-jährige Münchnerin ist an diesem Vormittag erneut auf die Wiesn gekommen – zusammen mit drei Kollegen, die wie sie in einer Werkstatt für Menschen mit Behinderung der Stiftung Pfennigparade arbeiten. Auf Einladung von Wiesnchef Christian Scharpf unternimmt das Quartett einen Rundgang übers Festgelände und soll dabei aus erster Hand berichten, wo das weltgrößte Volksfest bereits barrierefrei ist und wo noch Stufen, Stolperfallen und andere Hindernisse lauern.

Tatsächlich können Menschen im Rollstuhl wie Katharina Gramminger zu vielen Fahrgeschäften gar nicht erst hingelangen – sei es wegen Stufen, steiler Rampen oder zu engen Eingängen. Und auch bei etlichen Verkaufsbuden seien die Theken für sie unerreichbar hoch, sagt die Münchnerin. „Da müssen die Verkäufer dann extra aus dem Stand rauskommen. Das ist extrem umständlich.“

Wie mühsam ein Oktoberfestbesuch für Menschen mit Behinderung mitunter ist, erlebt man nicht zuletzt in den Festzelten. Zwar sind die großen Wiesnzelte inzwischen verpflichtet, jeweils mindestens 20 behindertengerechte Plätze im Innen- und Außenbereich anzubieten sowie einen barrierefreien Eingang und ein Behinderten-WC. In den kleinen Zelten jedoch sieht es bisweilen noch anders aus – schlicht, weil dort vielerorts der Platz zu beengt ist.

„Es ist noch ein weiter Weg bis zur barrierefreien Wiesn“, räumt auch Oberbürgermeister Dieter Reiter (SPD) ein, der die Gäste der Pfennigparade im Armbrustschützenzelt trifft. Hier hat sich in puncto Barrierefreiheit schon einiges getan – wohl auch, weil Wirtin Katharina Inselkammer zugleich Inklusionsbeauftragte der Festwirte ist. So liege seit diesem Jahr das komplette Mittelschiff ihres Zeltes auf einer Ebene, sagt die Gastronomin. Bedeutet: Gäste mit Rollstuhl oder Rollator kommen stufen- und problemlos voran.

Rollstuhlgerechter Schießstand 

Zudem sind die barrierefreien Plätze im Armbrustschützenzelt direkt neben der Musikkapelle. „Ich würde mir wünschen, dass das überall so ist“, sagt Dieter Reiter. „Dass Menschen mit Behinderung mitten im Zelt sind – und man ihnen nicht einen halben Platz irgendwo abseits gibt.“ Um dies zu gewährleisten, sollte die Stadt ihre Richtlinien für Festzelte anpassen, gibt sich der Oberbürgermeister selbstkritisch. „Wir müssen hier mehr tun.“

Wie Barrierefreiheit im Idealfall aussieht, bekommen Katharina Gramminger und ihre Kollegen wenig später an einem rollstuhlgerechten Schießstand vorgeführt – und beim großen Riesenrad. Dort gibt es nicht nur einen behindertengerechten Zugang zu den Gondeln, sondern auch Kabinen mit extrabreiten Türen. Überdies hilft das Personal beim Ein- und Aussteigen.

Und auch andernorts berücksichtigen viele Wiesnbetriebe inzwischen die Bedürfnisse von Menschen mit Handicap. So bieten mehrere Autoscooter spezielle Fahrzeuge mit Handgas an, und der neue Aussichtsturm „Sky Lift“ ist ebenso barrierefreie wie die Nostalgie-Geisterbahn. Darüber hinaus verfügen Stände wie die „Münchner Knödelei“ und der „AuerOx & Suppenküche“ über niedrige Verkaufstheken, zahlreiche Fahrgeschäfte und Imbissbuden geben Preis- und Sortimentslisten in Blindenschrift an, und auch für Kinder mit Behinderung gibt es barrierefreie Fahrten – etwa im Karussell „Bayern-Rallye“ und bei „Baby Flug“.

„Es tut sich auf jeden Fall etwas beim Thema Barrierefreiheit“, betont Wiesnchef Christian Scharpf. Und auch Katharina Gramminger findet: „Im Vergleich zu früher ist vieles besser geworden.“ Allerdings treffe sie als Rollstuhlfahrerin auf der Wiesn weiterhin auf unüberwindbare Barrieren, weshalb ihr Fazit lautet: „Insgesamt gibt es noch viel Luft nach oben.“ (Patrik Stäbler)

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