Kommunales

Joachim Wolbergs war nominell von 2014 bis 2020 OB von Regensburg - die zweite Hälfte seiner Amtszeit aber vom Dienst suspendiert. (Foto: dpa)

17.06.2020

Wolbergs wegen Bestechlichkeit verurteilt

Mit einer Bewährungsstrafe für Ex-OB Joachim Wolbergs endet der zweite Korruptionsprozess vor dem Landgericht Regensburg. Vom Tisch ist das Thema damit nicht: Die Verteidigung will in Revision gehen

Verurteilt wegen Bestechlichkeit - nach Überzeugung der Strafkammer des Landgerichtes Regensburg hat sich der frühere Oberbürgermeister Joachim Wolbergs mit Parteispenden eines Bauunternehmers kaufen lassen. Von sämtlichen weiteren Korruptionsvorwürfen sprach der Vorsitzende Richter Georg Kimmerl den Kommunalpolitiker am Mittwoch frei. Rechtswidrige Diensthandlungen stellte die Kammer nicht fest. Wolbergs verließ das Gericht schweigend. Sein Verteidiger Peter Witting kündigte an, in Revision gehen zu wollen. Das Urteil sei "niederschmetternd", sagte er.

Das Verfahren gegen Wolbergs lief seit Oktober 2019. In einem ersten Korruptionsprozess war er im Juli 2019 wegen zwei Fällen der Vorteilsnahme verurteilt und von sämtlichen weiteren Vorwürfen freigesprochen worden. Von einer Strafe hatte das Gericht abgesehen.

Der Bauunternehmer in dem nun verurteilten Fall hatte bereits im Vorfeld des Prozesses einen Strafbefehl akzeptiert. Konkret ging es um Spenden in Höhe von 75 000 Euro, die der Unternehmer dem SPD-Ortsverein zahlte - und zwar in den Jahren 2015 und 2016, also nach der Kommunalwahl 2014. Dabei sei für Wolbergs erkennbar gewesen, dass der Unternehmer Einfluss im Zusammenhang mit einem Bauprojekt habe nehmen wollen. Der Vorsitzende Richter sah bei Wolbergs eine "unzulässige Ermessensbeeinflussung". Der damalige OB habe sich zeitnah zu den Spenden bei der Stadtverwaltung für die Umsetzung des fraglichen Bauprojektes eingesetzt. Es war vor allem aus Gründen des Umweltschutzes seit Jahren strittig.

Trotz des Urteils: Seinen Sitz im Stadtrat darf Wolbergs behalten

Wolbergs habe bei dem Einwerben dieser Spenden "indirekt ein eigennütziges Motiv verfolgt", führte der Vorsitzende Richter aus. Denn: Wolbergs hatte im Wahlkampf gemeinsam mit seiner Ehefrau ein privates Darlehen für den SPD-Ortsverein in sechsstelliger Höhe aufgenommen, das der Ortsverein in monatlichen Raten zurückzahlen sollte. Doch dann trennte sich das Paar im Herbst 2015, Wolbergs musste Unterhalt zahlen und sich eine eigene Wohnung mieten. Finanziell sei er deshalb unter Druck geraten. Die Rückzahlung des Darlehens durch den SPD-Ortsverein sei deshalb umso dringlicher gewesen, befand der Richter.

Bei sämtlichen Parteispenden aus der Zeit vor dem Amtsantritt Wolbergs' als Oberbürgermeister sahen die Richter keine Verknüpfung mit der Dienstausübung. Es handelte sich dabei vielmehr um strafrechtlich nicht relevante Wahlkampfspenden.

Zugunsten des Kommunalpolitikers wertete das Gericht, dass er nicht vorbestraft ist, die Taten lange zurückliegen und sich das Verfahren sehr lange hingezogen hat. Auch Teile der Medienberichterstattung seien für Wolbergs und dessen Familie belastend und schädigend gewesen. 2017 saß Wolbergs sechs Wochen in Untersuchungshaft und wurde von seinem Amt als Oberbürgermeister suspendiert - mit erheblichen finanziellen Folgen, so der Richter. Sollte das Urteil rechtskräftig werden, könnte Wolbergs zudem seine Versorgungsbezüge als Beamter verlieren.

Der in diesem Prozess mitangeklagte Bauunternehmer wurde wegen Bestechung im Zusammenhang mit einem anderen Bauprojekt zu einer Geldstrafe verurteilt und ebenfalls von weiteren Vorwürfen freigesprochen. Hierbei ging die Kammer davon aus, dass sich Wolbergs im Zusammenhang mit diesem Vorhaben nicht von den Spenden habe beeinflussen lassen. Es sei ihm - wie bei anderen Bauprojekten dieser Firma auch - um weitere Arbeitsplätze und die Entwicklung der Stadt gegangen. Das habe die Beweisaufnahme ergeben.

Den Vorwurf des Angeklagten und der Verteidigung, die Staatsanwaltschaft habe einseitig in Richtung Schuld ermittelt, ließ der Vorsitzende Richter Georg Kimmerl nicht gelten. Zur Kritik, dass zwei getrennte Prozesse geführt worden sind, sagte er, die Kammer hätte ein einziges Verfahren für angemessen gehalten. Eine willkürliche Aufspaltung durch die Staatsanwaltschaft, um Wolbergs zu belasten, sehe er aber nicht. Diesen Umstand habe er zudem bei der Strafzumessung berücksichtigt.

Trotz des Urteils darf Wolbergs seinen Sitz im neu gewählten Stadtrat behalten. Die Fähigkeit, öffentliche Ämter zu bekleiden, erkannte ihm das Gericht nicht ab. Der 49-Jährige habe sich sein Leben lang in der Kommunalpolitik engagiert. Ihm die weitere Mitarbeit im Stadtrat zu versagen, hätte drastische Folgen für ihn, so der Richter. Wolbergs war im Sommer 2019 aus seiner früheren Partei, der SPD, ausgetreten und hatte den Wahlvereins "Brücke" mitbegründet. Bei der Kommunalwahl in diesem Jahr verfehlte er den Sprung in die Stichwahl knapp.
(dpa)

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