Kommunales

Er muss selbst renovieren, dafür darf Bennett Eisfeld konkurrenzlos günstig in einem Zimmer in Untermenzing wohnen. (Foto: Stäbler)

12.12.2025

Zwischenwohnen statt Leerstand: So bleibt die Miete bezahlbar

Ein innovatives Projekt soll Mieten in der Landeshauptstadt für junge Menschen bezahlbar machen

250 Euro Warmmiete für ein WG-Zimmer klingen in München wie ein Traum – doch dieser wird nun für sieben junge Menschen Realität. Möglich macht das ein Pilotprojekt namens Zwischenwohnen, bei dem leer stehende Häuser sinnvoll genutzt werden.

Eine nackte Glühbirne baumelt von der Decke, an den Wänden bröckelt der Putz, und mitten im Raum zeigen Metallstreben, wo noch eine Mauer eingezogen werden soll. Kurzum, es herrscht Baustellenatmosphäre – und doch sieht Bennett Eisfeld vor seinem geistigen Auge bereits sein künftiges WG-Zimmer auf 13 Quadratmetern. „Da unter der Dachschräge steht das Bett“, sagt der 26-Jährige, zeigt in eine Ecke des Zimmers und lässt seinen Arm weiterwandern. „Dort kommt der Schreibtisch hin, den habe ich schon gekauft. Und hier vorne steht dann der Kleiderschrank.“

Erst mal Renovieren

Sagt’s, und blickt voller Vorfreude auf seine künftige Heimstatt, die in zweierlei Hinsicht besonders ist. Denn zum einen legt Bennett Eisfeld bei der Renovierung des Zimmers und der übrigen Räume in dem kleinen Mehrfamilienhaus im Münchner Stadtteil Untermenzing selbst Hand an – zusammen mit den anderen Bewohnerinnen und Bewohnern. Und zum anderen ist da der Preis, den er für sein WG-Zimmer bezahlen wird: monatlich 250 Euro warm – eine Miete, die in München mit dem Wort niedrig noch unzureichend umschrieben ist.

Möglich macht dies ein Pilotprojekt namens Zwischenwohnen, bei dem verschiedene Referate im Rathaus, die städtische Wohnungsbaugesellschaft Münchner Wohnen sowie der Kreisjugendring München-Stadt (KJR) zusammenarbeiten. „Was im kulturellen Bereich mit Zwischennutzungen schon lange Praxis ist, soll nun auch im Bereich Wohnen erprobt werden“, sagt KJR-Vorsitzende Svenja Gutzeit. Sie steht an diesem Nachmittag im künftigen Wohnzimmer der WG, das ebenfalls noch eine Baustelle ist. Doch schon in wenigen Wochen sollen sieben junge Menschen im Alter von 18 bis 27 Jahren in diesem Haus leben, das sie zuvor eigenhändig renoviert haben.

Verein gegründet

Bevor’s so weit ist, haben die „Bewohnis“ – so heißt der Verein, der zur Anmietung der Immobilie gegründet wurde – zu einem Besichtigungstermin geladen, bei dem das Pilotprojekt vorgestellt wird. Dessen Ausgangspunkt war ein städtisches Hearing zur aktuellen Wohnsituation junger Menschen in München im Juli 2023. Dort sei unter anderem die Idee mit dem Zwischenwohnen aufgekommen, worauf im Rathaus eine passende Immobilie für ein Pilotprojekt gesucht wurde. Über das Amt für Wohnen und Migration stieß man dann auf das 155 Quadratmeter große Mehrfamilienhaus in Allach-Untermenzing, das der Stadt gehört und von der Münchner Wohnen verwaltet wird.

Das 1938 errichtete Gebäude stand zuletzt jahrelang leer, war stark sanierungsbedürftig und wäre wohl noch länger nicht nutzbar gewesen. Um die Zeit bis zu einer Überplanung des Grundstücks zu überbrücken, wird das Haus nun also von einem eigens dafür gegründeten Verein angemietet – für gerade mal 1500 Euro im Monat, jedoch unter der Auflage, dass die Bewohnis sich selbst um die Sanierung kümmern.

Erschwinglicher Wohnraum ist kaum zu finden

„Wohnen ist in München das zentrale Thema für junge Menschen“, betont Bürgermeister Dominik Krause (Grüne), der ebenfalls zur Hausbesichtigung gekommen ist. Während ein WG-Zimmer bundesweit durchschnittlich 500 Euro koste, seien es in München 800 Euro. Und das macht es für viele Azubis, Studierende und Berufsanfänger schwierig bis unmöglich, erschwinglichen Wohnraum zu finden.

Genau das hat auch Bennett Eisfeld erlebt, der aus Dachau stammt und nach dem Abitur von daheim ausziehen wollte. Doch weil die Mieten in München schlicht zu hoch waren, entschied er sich für ein Studium in Augsburg und Erlangen. Nach seinem Abschluss wollte er zurück nach München, wo er jedoch erneut mit dem Wohnungsproblem konfrontiert war.

Über einen Post bei Instagram sei er auf das Projekt Zwischenwohnen aufmerksam geworden, erzählt der 26-Jährige. Nebst 30 anderen jungen Menschen erschien er zum Besichtigungstermin und erhielt kurz darauf den Zuschlag. „Für mich ist das ein absoluter Glücksfall“, betont Bennett Eisfeld. Nicht nur wegen der günstigen Miete, sondern auch, weil ihn die Sanierung in Eigenarbeit gereizt habe.

„Ein absoluter Glücksfall“

Dass seine WG ausdrücklich nur als Zwischennutzung gedacht ist, störe ihn nicht, sagt er. „Wir haben die Zusicherung, dass hier für fünf bis15 Jahre erst mal nichts geplant ist.“ Das sei für ihn Sicherheit genug.

Ganz ähnlich sehen das die anderen jungen Menschen, die schon bald in dem Haus mit seinen zwei Küchen, zwei Bädern und dem großen Garten gemeinsam leben werden. Bürgermeister Krause spricht von einem „tollen Projekt“ – wiewohl er betont, „dass allein solche Häuser das Problem nicht lösen werden“. Schließlich sind geeignete Immobilien rar.

Zwar gebe es im Bestand der Münchner Wohnen 900 leer stehende Wohnungen, sagt Geschäftsführer Christian Müller. Jedoch seien zwei Drittel davon zum Abbruch vorgesehen; die übrigen würden nun sukzessive saniert. „Danach haben wir so gut wie keinen Leerstand mehr“, sagt Müller. Insofern müsse man sich andere Wege überlegen, um das Wohnraumproblem gerade für junge Menschen zu lindern.

Im Vergleich zu dieser Herausforderung, an der sich die Stadtpolitik seit Jahrzehnten abarbeitet, stehen die Bewohnis vor einer ungleich niedrigeren Hürde. Denn aktuell sind in ihrer Wohngemeinschaft nur sechs Plätze vergeben, weshalb sie noch eine siebte Mitbewohnerin oder einen siebten Mitbewohner suchen. Angesichts von 250 Euro Miete sollte die Suche allerdings nicht allzu schwer werden. (Patrik Stäbler)

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