Kultur

Meister am Schlagwerk: Simone Rubino. Der gemeinsame Auftritt mit dem Windsbacher Knabenchor sorgt für Furore. (Foto: Hans von Draminski)

09.07.2019

Dynamische Wunderwerke

Der Windsbacher Knabenchor und Schlagzeuger Simone Rubino begeistern bei der Internatiolnalen Orgelwoche Nürnberg

 „Die Herausforderung war nicht das Nebeneinander, sondern das Miteinander“, sagt Martin Lehmann vor dem Konzert seines Windsbacher Knabenchors mit dem Schlagzeuger Simone Rubino im Rahmen der Internationalen Orgelwoche (ION) in Nürnbergs St. Sebald. „Überall da, wo früher improvisiert wurde, bietet das Freiraum, es ergeben sich spannende Verfremdungen vom ersten Stück an.“ Auf der jetzt aktuell präsentierten CD heißt das „water & spirit“, eine Stunde später in der Kirche „und was vom Geist geboren ist“.

Als sich Lehmann und der junge Star-Percussionist , der vor fünf Jahren in München den ARD-Wettbewerb gewonnen hatte, zum ersten Mal getroffen haben, spielte Rubino im Café noch mit Löffeln und Tassen. Als er zum ersten Besuch im Windsbacher Internat war, schon auf Tellern, Schüsseln und mit dem Spülbecken der Mensa. Jetzt trommelt er zu Chören und Motetten von  Heinrich Schütz oder J. S. Bach. Puristen mögen fragen, ob das Strömen des a-cappella-Chorklangs überhaupt zur Percussion passt. Aber wenn man hört, wie Rubino sein Arsenal von Instrumenten singen, atmen und leben lässt, passt (fast) alles. Es wird viel umgesetzt von dem, was er sich auch als Solist vorstellen kann.

Gefragte Kombination

Moritz Puschke hat mit den Windsbachern und Rubino, mit viel Emotionalität und Stimmung seinen nächsten Coup als Leiter der ION gelandet: erneut ausverkauft. Kein Wunder, wenn die Windsbacher wieder bei der ION singen dürfen, die mittelfränkischen Jungs mit dem italienischen Schlagzeuger, der inzwischen bei keinem Musikfest, in keiner Abonnementsreihe mehr fehlen darf – die Kombination ist schon mehrfach für 2020 gebucht.

Was zunächst nach Windsbacher Speisesaal-Anekdote aussah, war über die CD-Aufnahme bis hin zum Konzert in St. Sebald zum außergewöhnlichen Klangeindruck gereift, zu einem Klangcercle mit dem Schlagzeugkreis vor dem immer wieder neu sich gruppierenden Chor. Endziel ist feinst abgestimmtes, hereinschwebendes Pianissimo der Chorknaben als wär immer noch Pfingsten und wär’s der Heilige Geist. Da entstehen Wunderwerke an Dynamik, manchmal auch nur eine dezente  Begleitung – alles aber immer wieder an einem leichten Fließen von Wasser, Geist und Musik orientiert.

Lehmann, Rubino und der Chor sind dabei verblüffend exakt aufeinander eingeschworen, brauchen kaum Blickkontakt, sondern schwimmen gemeinsam auf der strömenden Musik vom später Mittelalter bis zur Gegenwart. Und sie lassen sich in diesem Programm auch Freiräume zu solistischer Entfaltung. Weit in die Geschichte zurück treiben Chor und Solist ihren Urklang, in dem das Wasser als Naturlaut mehrfach plätschert als wäre es ein Instrument . Sogar das Benetzen der Lippen Simone Rubinos hört man über Mikrofon: eine neue „Wassermusik“.

Ob als Begleitung, Verdeutlichung, Verdopplung, Chor und Rubino zeigen sich in Bestform, machen sich gegenseitige Angebote von Kombi-Klang. Und der Schlagzeuger, einst selbst Chorknabe in seiner Heimatstadt Turin, singt tränenhafte Vokalisen von Tan Dun, lässt Tropfen und Tränen rinnen. Oder schafft danach mit der großen Trommel den düsteren Hintergrund für einen Sterbegesang. Die Kombination der beiden Klangfelder findet manchmal nicht inmitten eines Stücks statt, sondern auch zwischen den rund 20 Nummern des Programms. Wenn das Publikum heute nicht mehr die Geduld zu a cappella aufbringt: Hier sind neue Möglichkeiten der Motivation. Jedenfalls blicken die faszinierenden Besucher dieses Abends für viele Augenblicke  hinaus auf unerwartete Klanghorizonte mit noch nicht absehbaren Konsequenzen für die musica sacra. (Uwe Mitsching)

Abbildungen:
Der Windsbacher Knabenchor begeistert live ebenso wie auf der CD-Einstpielung mit Simone Rubino. (Foto: Hans von Draminski)

Simone Rubino sorgt für ungewöhnlich-phantastische Klangerlebnisse. (Foto: Hans von Draminski)

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