Kultur

Richard Wagner und seinen Gönner Ludwig II., oben das Gondoliere-Motiv, das auf Wagners Tod in Venedig anspielt: Die Farblithografie von Mathias Prechtl zierte 1981 das Plakat zur Bayreuther Ausstellung "Hans Sachs und die Meistersinger in ihrer Zeit". (Foto: Stadtarchiv Nürnberg)

01.02.2013

Fanget an!

Eine Ausstellung im Nürnberger Fembohaus zur Geschichte von Wagners "Meistersingern"

Ironie des Schicksals mit verheerender Symbolik: Am 31. August 1944 schloss das Nürnberger Opernhaus wegen der immer heftigeren Bombenangriffe seine Pforten – ausgerechnet mit einer Aufführung der Götterdämmerung, dem letzten „Akt“ von Richard Wagners Ring-Zyklus, inszeniert von keinem geringeren als Wieland Wagner. Dem Untergang der Nibelungen auf der Bühne folgte der Untergang des Nazi-Reiches auf dem Fuße – und Nürnberg, die Stadt der Meistersinger, der Richard Wagner mit seiner „Komischen Oper“ ein Denkmal gesetzt hatte, sank in Schutt und Asche.
Jetzt schlagen die Städtischen Museen Nürnberg mit einer Ausstellung im Fembohaus das Kapitel Richard Wagner und Nürnberg auf, zugleich ist das der Startschuss für die Nürnberger Jubiläumsfeierlichkeiten zum Wagner-Jahr 2013, in dem sich der 200. Geburtstag des Komponisten jährt. Der wortspielerische Titel der Ausstellung, Wagner – MeisterSinger – Sachs verweist auf die urdeutschen Traditionslinien von Wagners einziger komischer Oper Die Meistersinger von Nürnberg: Hier wird Hans Sachs gehuldigt, dem Nürnberger Schuster und Poeten (1494 bis 1576), der mit seinen Sprüchen und Sinngedichten, dem „Meistergesang“, bei Sängerwettstreiten der Handwerker und ihrer Zünfte den Liedstoff lieferte.
Bei seinem ersten Besuch in Nürnberg 1834, dem ein zweiter bei seiner in Nürnberg lebenden Schwester im Jahr darauf folgte, war Wagner auf den Stoff gestoßen. Der freilich erst Jahre später zu fertigen Oper gediehen war, die der Komponist gerne in Nürnberg uraufgeführt hätte. Aber die Nürnberger zierten sich – und die Meistersinger von Nürnberg wurden 1868 in München uraufgeführt – und gerieten zum umjubelten Erfolg.
Mit Bildern und Büsten, mit Stichen und Drucken, mit Fotografien und Videos und allerlei, heutzutage auch bei historischen Ausstellungen unerlässlichen Multi-Media-Installationen blättert die Ausstellung die Geschichte der Meistersinger auf, die im Wilhelminischen Kaiserreich des ausgehenden 19. Jahrhunderts zum Inbegriff patriotischer Deutschtümelei wurde, Hitler persönlich erhob sie zur deutschen Nationaloper schlechthin, so wie er Richard Wagner zu seinem „Staatskomponisten“ und Nürnberg zur Stadt der Reichsparteitage erkoren hatte.
Von 1935 bis 1938 wurden Wagners Meistersinger alljährlich zum Auftakt der Reichsparteitage am Vorabend im Nürnberger Opernhaus für Hitler und seine zum Besuch dienstverpflichtete Entourage gegeben. Die Dirigenten und Solisten dafür wurden oft auf Hitlers Wunsch eigens von Berlin nur für diese eine Aufführung geholt – sehr zum Ärger des Nürnberger Musikpersonals: Das wäre nur allzu gerne selbst für und vor seinem „Führer“ aufgetreten.
Und als NS-Gauleiter Julius Streicher, auch der „Franken-Führer“ genannt, 1938 zum Abriss der Nürnberger Synagoge am Hans-Sachs-Platz blies, tat er dies mit dem Anfangszitat aus den Meistersingern: „Fanget an!“
Der letzte Saal der Ausstellung ist der letzten großen Wagner-Heroine, der aus Nürnberg stammenden Martha Mödl (1912 bis 2011) gewidmet, mit der sich die Stadt Nürnberg, vor allem aber wegen der Meistersinger, im Jubiläumsjahr als „Wagner-Stadt“ apostrophiert. (Friedrich J. Bröder) Bis 23. Juni. Stadtmuseum Fembohaus, Burgstraße 15, 90403 Nürnberg. Di. bis Fr. 10 – 17 Uhr, Sa., So. bis 18 Uhr. Abbildung: Der Programmzettel zur letzten Aufführung der Götterdämmerung am 31. August 1944 im Opernhaus Nürnberg; inszeniert hatte Wagners Enkel Wieland. (Foto: Stadtarchiv Nürnberg)

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