Kultur

Robert Aföldi schätzt die Arbeit mit den Nachwuchs: Mit den jungen Talenten des Opernstudios stemmt er nun „Albert Herring“. (Foto: Hösl)

01.04.2016

"Ich bin ja nicht im Exil"

Robert Alföldi über seine Inszenierung von "Albert Herring" im Staatsopern-Studio

Die nächste Staatsopern-Premiere: Albert Herring am 5. April im Cuvilliés-Theater, mit Oksana Lyniv am Pult und dem Ensemble des Opernstudios. Für die Studio-Premieren lädt Intendant Nikolaus Bachler seit einigen Jahren besonders interessante Regisseure ein: Zum Beispiel Christian Stückl vom Münchner Volkstheater und derzeit regieführend in Wien, oder den Filmemacher Markus Rosenmüller (Wer früher stirbt ist länger tot) – und jetzt für die Benjamin Britten-Oper Robert Alföldi. Dessen Platonov-Inszenierung hatte er sich in Budapest angesehen und ihn engagiert: eine künstlerische und politische Demonstration zugleich.

Fragen und die Politik

Denn 2013 war Alföldis Zeit am Ungarischen Nationaltheater Budapest zu Ende. Das will er heute diplomatisch und undramatisch sehen: „Der Vertrag war zu Ende, ist nicht verlängert worden.“ Er verschwendet kein Wort daran, dass mit Attila Vidnyánszky der Wunschkandidat der nationalkonservativen Regierung sein Nachfolger wurde: Ja, es habe „eine große Erregung europaweit gegeben, große internationale Aufmerksamkeit. Aber die Regierung hat diese künstlerische Werkstatt beendet“. In Budapest habe er „kein politisches Theater gemacht, sondern gesellschaftlich wichtige Fragen gestellt und zu beantworten versucht. Ich will über wichtige Fragen reden, die gegenwärtige Regierung macht Politik daraus.“ Nein, arbeitslos sei er deswegen nicht geworden: Er hat zwischenzeitlich in Wien gearbeitet, in Süd-Korea, diesen Sommer inszeniert er in Avignon die neue Eötvös-Oper. Und er lebt weiterhin in Budapest, führt Regie auch an ungarischen Theatern in und außerhalb der Hauptstadt. Dort war seine bekenntnishafte Inszenierung von Klaus Manns Roman Mephisto über eine Künstlerkarriere in Nazi-Deutschland das letzte Ereignis seiner Ära gewesen. In München ist jetzt eine komische Oper dran, 1947 in Glyndebourne uraufgeführt, ein Ensemblestück, das schon vor Jahrzehnten über alle deutschen Bühnen ging. Alföldi gefällt das Stück: „Es ist mit großer Phantasie komponiert, die Grundsituation ist fast dramatisch: Was ist das für eine Welt, wo man versucht, alles vorzugeben, wie wir unser Leben führen sollen?!“ Die Geschichte: In Loxford regt sich eine Lady Billows über den Mangel an Zucht und Ordnung auf, ein tugendhafter „Maikönig“ soll mangels eines züchtigen Mädchens gewählt werden: der brave Albert. Seine Mutter freut sich schon auf die Prämie. Aber Albert Herring aus dem Gemüseladen wird betrunken gemacht, sein Tugendkranz gerät unter die Räder, die durchzechte Nacht krempelt ihn um – die Lady und ganz Loxford sind entsetzt und enttäuscht. Das genau gefällt Alföldi an dem Stoff: Wer nicht auf dem vermeintlich richtigen Weg geht, wird verurteilt. „Und dieser Weg ist gegen die Liebe, gegen die Freiheit“ – genau sein Thema. Deshalb war er auch mit der Wahl des Stücks sehr einverstanden.

Der Weg zum Zuschauer

Ins Nationaltheater hätte die Kammeroper ohnehin nicht gepasst, sie passt aber nach dem Cuvilliéstheater auch in die bayerischen Gastspielorte von Lindau bis Aschaffenburg. Und sie kratzt keineswegs an Alföldis Selbstbewusstsein: „Heißt das denn, dass ich kein guter Regisseur bin?“ Noch dazu einer mit Praxis für die Arbeit mit jungen Sängern. „Der Zuschauer soll doch eine vollständige Opernerfahrung bekommen, und den Sängern will ich helfen, den richtigen Weg zum Zuschauer und auch zu sich selbst und zu ihren Fähigkeiten zu finden.“ Obendrein sei das Stück (nach einem Text von Eric John Crozier) psychologisch gut geschrieben, „eigentlich wie ein Filmdrehbuch. Es passieren viele extreme Sachen, es gibt viele schöne Rollen, in denen sich die Sänger wiederentdecken können. Und den Grundkonflikt, den gibt es auch heute.“ Deshalb lässt Alföldi die Geschichte von 1900 auch ohne konkrete Zeitanbindung spielen: „Die ist mir nicht wichtig, viel wichtiger ist die Geschichte.“ Solche Geschichten will Alföldi immer wieder im Theater erzählen: egal, ob als Schauspiel oder Oper – „Ich will wahre Situationen abbilden. Und gutes Theater machen, wahres, starkes, richtiges Theater.“ Dafür „gibt es nur noch wenige Häuser in Ungarn, die mich für Inszenierungen einladen. Aber es gibt sie“. Gerade derentwegen bekennt er sich zu seiner Heimat: „Ich liebe meine Stadt und mein Land, und schließlich bin ich in Deutschland ja nicht im Exil.“ (Uwe Mitsching) Information: „Albert Herring“. Premiere am 5. April, danach am 6., 8., 9., 11., 14. April im Cuvilliéstheater München, am 21. April in Aschaffenburg, am 25. April in Schweinfurt, am 15. Mai in Lindau.

Kommentare (2)

  1. BSZ am 04.04.2016
    Lieber Leser,

    danke für Ihren Hinweis. Der Untertitel wurde entsprechend korrigiert. Ihre BSZ-Redaktion
  2. Katalin am 02.04.2016
    liebe Redaktion,

    der Titel von der Oper heisst richtig : Albert Herring

    https://www.staatsoper.de/stueckinfo/albert-herring.html
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