Kultur

Schon am Eingang zur Ausstellung stehen schattenartige Trollwesen aus einem Zwischenreich, die in einer Séance – so heißt die hier abgebildete Werkgruppe – zum Leben erwacht sind. (Foto: Christian Muggenthaler)

14.04.2023

Panoptikum einer Parallelwelt

Witzig, phantastisch und verspielt: Werke des Zeichners und Malers Johannes Steubl in der Regensburger Städtischen Galerie im Leeren Beutel

Es sind offensichtlich zwei Pole, zwischen denen das muntere Werk des Zeichners und Malers Johannes Steubl (geboren 1989 in Roding, Landkreis Cham) hin- und herwandelt: Die Suche nach den Schatten der Wirklichkeit einerseits und das Finden des Absurden in der Realität andererseits.

Je nachdem, worauf man den Blick scharf stellt, sieht man beispielsweise Details einer Reise nach Schottland, die der Regensburger Künstler mit schnellen, soliden Zeichnungen hingeworfen hat, wie in einem artifiziellen Diaabend, wie die schnelle Bildübermittlung mittels der Technik des kühnen, raschen, überzeugenden künstlerischen Abbildens. Oder man sieht märchenhafte Wesen wie zu den schönsten Zeiten der Schwarzen Romantik, die sich hineindrängen ins diffus werdende Schauen, wo sich Tiere wie Menschen gerieren, das Licht halbtraumartig dämmert und Menschen zu Was-auch-immer mutieren.

So ist es kein Wunder, dass ein Teil der vielschichtigen Werkschau des Künstlers in der Regensburger Städtischen Galerie im Leeren Beutel sich auch mit Franz Kafka beschäftigt. Dessen große Erzählung Der Schlag ans Hoftor erzählt Steubl in einer comicartigen Bildfolge nach. Auch ansonsten sind seine Bilder und Zeichnungen gerne einmal das, was man gemeinhin kafkaesk nennt. Schon am Eingang zur Ausstellung empfangen die Besucher*innen schattenartige Trollwesen aus einem Zwischenreich, die in einer Séance – so heißt die Werkgruppe – zum Leben erwacht sind.

All diese Monstrositäten, die sich in der Schau zeigen, sind aber nicht schofel oder böse, aber sie sind so komplett verschroben, dass sie konsequent die Dimensionen des Andersseins ausloten.

Man sieht befremdliche Körper in befremdlichen Farben, ohnmächtig mächtig erscheinen viele: Smeagols wie aus Tolkiens Herr der Ringe, Getier und Ungetier – in einer wunderlichen, wunderbaren Ästhetik, die aufscheint, wenn man sich auf diese Bildwelten einlässt.

Halbreale Szenen

Auch die Bildtitel gehören zu diesem Panoptikum einer Parallelwelt: Die Sabinerinnen schlagen zurück, Aufstand der Lippenstifte, Der Chef braucht Zärtlichkeiten. Bei Letzterem krabbelt eine dürre, kleine, nackte Frau auf einem fetten Mann in der Anmutung eines Sumoringers herum. Anderswo gibt es fotoähnliche Blicke aus einem Bus auf eine Bushaltestelle. Man erhascht durch Fenster viele halbreale Szenen, darunter Jesus, der sein Kreuz trägt, mit zwei römischen Soldaten.

Im Dämmerlicht dieser Ausstellung wird man gewahr, was man nicht sieht. Mal sehr nah an der Wirklichkeit, mal sehr weit ins Absurde gerutscht, hat all das enorm viel Witz, Phantasie und Verspieltheit. Sehr schön ist es etwa, wenn in Breitwandformat Schuhplattler auf marschierende Soldaten treffen.

Johannes Steubl, wissenschaftlicher Mitarbeiter am Institut für Bildende Kunst und Ästhetische Erziehung an der Universität Regensburg, verwischt einfach mal die Grenze dessen, was wir als normal betrachten. Und eine solche Offenheit herzustellen ist eine gute Aufgabe. (Christian Muggenthaler)

Information: Bis 7. Mai. Städtische Galerie Leerer Beutel, Bertoldstraße 9, 93047 Regensburg, www.regensburg.de/kultur

 

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