Kultur

Drama in den Bergen: Legendäre Darstellerin der Maria Maioni in Arnold Fancks "Die weiße Hölle am Piz Palü" war Leni Riefenstahl. (Foto: dpa)

15.01.2016

Posaunen lassen die Lawinen donnern

Die 20. StummFilmMusikTage in Nürnberg begeistern mit einem vielseitigen Programm

Platz für Eispickel und Steigeisen wäre nicht auch noch gewesen: Alle wollten „Die weiße Hölle am Piz Palü“ sehen, noch dazu im eher schneearmen Mittelfranken. Der Musiksaal der Nürnberger Symphoniker in der Kongresshalle war zu Beginn der „20. StummFilmMusikTage“ rappelvoll für den Bergklassiker von Arnold Fanck aus den Archiven der Deutschen Kinemathek Berlin; 1997 wurde er gründlich restauriert. Leni Riefenstahl, Sepp Allgeier – eine Menge bekannter Namen stehen auf dem Verzeichnis der Mitwirkenden (sogar der Teufelspilot Ernst Udet) für diese eiskalte Berggeschichte vom Kampf junger Bergsteiger mit Eisbrüchen und Gletscherspalten. Der Australier Ashley Irwin hat die inzwischen schon dritte Musik zum Fanckschen Bergepos komponiert: 133 Minuten lang, für epische Länge und symphonische Breite. Der Stummfilmmusik-Spezialist setzt für die heroisch-tragische Wucht der Handlung auf „Stummfilm symphonisch“. Besonders das Blech der Symphoniker ist heftig beschäftigt, so dass die Musiker nach 100 Minuten Dauereinsatz erst mal eine Pause brauchen: „Die überwältigenden Orte erfordern einen Soundtrack von derselben Großartigkeit“, erinnert sich Irwin. Schon das Vorspiel zur eigentlichen Handlung bricht mit großem tragischen Gestus herein, auch wenn die Bergmädels sich noch mit Flatterröckchen zur Gletschertour aufmachen. Danach lassen sich Fanck und Papst viel Zeit für ihre romanhafte Erzählung. Irwin überbrückt sie durch geschickten Wechsel von flötender Berghüttenidylle und Posaunen-Blicken auf den drohenden Berg. Dann aber kann es einem, wenn die Lawinen zu Tal donnern und die verletzten Bergsteiger unter den Eiszapfen schlottern, manchmal zu viel von „Bolero“-Zitaten“ (Maurice Ravel) und brachialer Bläsergewalt werden. 1929 hatte man noch Zeit zum genüsslichen Ausmalen der Handlung: Meisterflieger Udet wirft den Schampus über der Diavolezza-Hütte und für das frisch vermählte Paar ab, die düstere Miene von Hannes, der sich später in der weißen Hölle für die zwei opfern wird, grummelt unheilschwanger im Orchester. Erst liegt noch Sonne über den Bergen und über der Partitur, dann dominieren die Schrecken der Nordwand.

Mischpult und Trommeln

Zwei ausverkaufte Vorstellungen zeigen das Interesse des Nürnberger Publikums. Dass man mit Stummfilmmusik auch anders kann, zeigt das übrige Programm dieses Wochenendes: Violeta Dinescus Musik zu Friedrich Wilhelm Murnaus Südsee-Epos „Tabu“ von 1931 – auch eine unglückliche Liebesgeschichte, aber bei wesentlich kommoderen Temperaturen – und mit dem Ensemble Kontraste. Oder die Stummfilmmusik von Paul Hindemith zu einem anderen Kampf mit dem Berg („Sturm und Eis“ ) – ebenfalls von Arnold Fanck amSonntag, 16 Uhr, in der Tafelhalle. Interessant sind die Musikerbesetzungen allemal: der Leipziger DJ Dirk Kuntze führt seine Stummfilmmusik-Sets für Plattenspieler und Mischpult vor. Oder Yogo Pausch trommelt zu „Dick und Doof“ – ein starkes, konzentriertes Programm mit sieben Offerten an vier Tagen.
 (Uwe Mitsching)

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