Landtag

Roland Magerl, Vize-Chef der AfD-Fraktion im Landtag. (Foto: Landtags-AfD)

31.05.2019

Der Ex-Sozi

Im Porträt: Roland Magerl, stellvertretender Vorsitzender der AfD-Landtagsfraktion

Roland Magerl ist, was man in seiner Oberpfälzer Heimat ein „Prackl Mannsbild“ nennt. Mit seinen gut 1,90 Meter und der Statur eines Möbelpackers fällt der AfD-Abgeordnete aus Mantel bei Weiden im Landtag auf. Im lichtdurchfluteten Steinernen Saal des Maximilianeums hat der Fraktionsvize einen mächtigen Schattenwurf. Dabei scheint der 46-jährige Familienvater für AfD-Verhältnisse ein sanfter Riese zu sein. Magerl steht zwar fest zur offiziellen Programmatik der Partei, mit über die Maßen provokanten Reden oder gar Ausflügen ins Völkische und Identitäre ist er bislang nicht aufgefallen. Er distanziert sich aber auch nicht ausdrücklich von anders auftretenden Kollegen.

Dass Magerl in der AfD gelandet ist, verstehen alte Weggefährten bis heute nicht. Denn der gelernte Industrieanlagenelektroniker kommt aus der Gewerkschaft und hat eine Vergangenheit in der SPD. Dieser Weg hatte sich schon früh abgezeichnet. „Ich habe mich schon immer für Gerechtigkeit eingesetzt“, erzählt er. Klassensprecher sei er gewesen, Schulsprecher und während seiner Lehre Azubi-Vertreter im Betrieb. „Es war der klassische Weg von der Gewerkschaft in die SPD, die damals noch eine Arbeitnehmerpartei war“, sagt Magerl wehmütig. Vor seinem Wechsel in den Landtag war er zwölf Jahre lang freigestellter Betriebsratsvorsitzender.

Vor etwa zehn Jahren habe dann aber ein Entfremdungsprozess zur SPD eingesetzt, schildert Magerl. Die Koalition im Bund mit den Grünen habe ihm nicht behagt, die Auslandseinsätze der Bundeswehr und schließlich Hartz-IV hätten ihn immer mehr zweifeln lassen. Als Betriebsrat habe er hautnah miterlebt, welche Auswirkungen diese Sozialreformen hatten. Spätestens mit dem neuerlichen Eintritt der SPD in die Groko 2013 war der Bruch für ihn unvermeidlich. Er hätte sich, erzählt Magerl, mit seinem bisherigen Werdegang auch eine Zukunft bei den Linken vorstellen können. „In den Positionen einer Sarah Wagenknecht habe ich mich schon wiedergefunden.“ Doch die sei in ihrer Partei zunehmend isoliert gewesen, und mit dem Rest der Linken konnte er sich nicht anfreunden.

Umso mehr dann allerdings mit dem AfD-Gründer Bernd Lucke. „Ich bin damals wegen Lucke eingetreten“, betont Magerl. Den Euro habe er schon immer mit Skepsis gesehen, weil der nach seiner Wahrnehmung gerade den kleinen Leuten im Vergleich zur D-Mark Kaufkraft entzogen habe.  Dass Lucke dann die Euro-Rettungspläne in Frage gestellt habe, imponierte Magerl. Gleich nach seinem AfD-Eintritt im Herbst 2013 baute Magerl mit vier Mitstreitern einen Kreisverband für die Region Weiden auf. Bei der Europawahl 2014 habe die AfD dort gut abgeschnitten, „das hat uns zum Weitermachen motiviert“. Und das, obwohl die gemäßigte AfD-Führung um Lucke längst abserviert worden war und die Partei mit Frauke Petri und Björn Höcke immer weiter nach rechts driftete. Magerl ließ sich davon nicht irritieren. „Ich sehe die AfD als AfD, nicht als Flügel, nicht als alternative Mitte oder als Leberkas-Connection“, zählt er die verschiedenen Strömungen in der Partei auf. „Ich gehe meinen Weg und mache meine Politik!“

Fotos zeigen ihn auch im Neonazi-T-Shirt

Wo Magerl in der AfD genau steht, lässt sich kaum ermitteln. Im Wahlkampf 2018 sagte er einmal, er stehe da, wo die CSU vor 20 Jahren gestanden habe. Er meinte damit die rechtskonservative, europakritische und zuwanderungsskeptische CSU und wollte damit ausdrücken, nicht radikal zu sein. Andererseits gehörte Magerl zu den Abgeordneten, die bei der AfD-kritischen Passage Charlotte Knoblochs die Gedenkfeier für die Opfer des Holocaust im Landtag verließen. Im Internet gibt es Fotos von Magerl, die ihn an der Seite des AfD-Rechtsaußen Björn Höcke und einmal auch im Neonazi-T-Shirt zeigen – was Magerl als unbedachten Ausrutscher bezeichnet. In einer Wahlkampfrede schimpfte Magerl außerdem, dass in den Medien nur „Mythen, Lügen und Halbwahrheiten“ über die AfD verbreitet würden.

Der Schatten, den Magerl wirft, ist also auch einer aus Zweifeln. Denn eine klare Abgrenzung zu rechtsextremen Ausfällen in der AfD kommt ihm nicht über die Lippen. „Wenn einer mal danebenlangt, dann kläre ich das intern unter vier Augen“, versichert Magerl – nachprüfen lässt sich das nicht. Öffentliche Schelte verursache nur „Kollateralschäden, die der Partei als Ganzes schaden“.

Magerl fürchtet auch nicht, dass extreme Positionen in der AfD mehrheitsfähig werden könnten. Das werde die „gelebte Basisdemokratie“ verhindern. Wer seinen Fokus auf „dubiose Auftritte“ lege, habe in der AfD über kurz oder lang keine Zukunft. Nein, sagt Magerl auf Nachfrage, naiv sei er nicht, er sei sich da sehr sicher. Personelle Korrekturen könne es zum Beispiel schon bei der Neuwahl des Fraktionsvorstands im Herbst geben, sagt er, ohne Namen zu nennen.

Als Fraktionsvize war Magerl auch für die Einstellung von Mitarbeitern mit NPD-Geschichte mitverantwortlich. Er erklärt das mit der Unerfahrenheit im Parlamentsbetrieb. „Blauäugig“ sei man gewesen, habe auf die Unbedenklichkeitsliste der Partei vertraut. „Ich bin nicht der Schnüffel-Googler, der jeden auseinandernimmt.“ Man habe aus den Fehlern gelernt. „Wenn jetzt ein Bewerber anfragt, wird er scheiberlweise filetiert, bevor er bei uns einen Job bekommt“, versichert Magerl im breiten Oberpfälzer Zungenschlag.

Die aus der unscharfen Abgrenzung gegen rechte Umtriebe resultierenden Vorbehalte gegen die AfD hat Magerl anfangs auch in seiner Stimmkreisarbeit erlebt. Auf der Suche nach einem Abgeordnetenbüro bekam er zunächst nur Absagen. Aus der Not machte Magerl mit seinem Kollegen Stefan Löw eine Tugend. Sie schafften sich einen Kleintransporter an und fahren nun abwechselnd mit ihrem mobilen Wahlkreisbüro durch die Oberpfalz. „Wir sind überrascht, wie gut das ankommt“, schwärmt Magerl. Man komme schnell mit den Menschen ins Gespräch. Man werde das beibehalten, auch wenn ihm inzwischen ein Objekt für ein stationäres Büro angeboten worden sei, das er wohl annehmen wird.

Den Sprung in den Landtag hatte Magerl eigentlich nicht geplant. Ursprünglich war eine Bundestagskandidatur vorgesehen, doch aus der sei er aus familiären und beruflichen Gründen ausgestiegen. Als aber sein Nordoberpfälzer Stimmkreis für die Landtagswahl nicht besetzt werden konnte, sei er als Kreisvorsitzender „halt irgendwann in die Pflicht genommen worden“. Im Landtag sitzt Magerl nun im Gesundheits- und Pflegeausschuss. Da könne er sich fachlich voll einbringen mit seiner Erfahrung als Betriebssanitäter, ehrenamtlicher Rettungssanitäter und seinen Einblicken in den Alltag der Pflege. Seine Frau und sein Schwiegervater leiteten private Pflegedienste, da wisse er, was Sache sei im Land.
(Jürgen Umlauft)

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