Landtag

Helmut Radlmeier (53) in Landshut. (Foto: dpa/Weigel)

20.03.2020

Der Leuteversteher

Im Porträt: Der CSU-Abgeordnete Helmut Radlmeier

„Ja, und dann ist man auf einmal der Wahlverlierer.“ Wer sich die Videoschnipsel von damals anschaut, sieht recht deutlich, welch bitterer Abend es für Helmut Radlmeier gewesen sein muss. Als Favorit war der CSU-Abgeordnete im März 2016 in die Stichwahl um den Posten des Oberbürgermeisters seiner Heimatstadt Landshut gegangen. Aber Radlmeier verlor klar gegen Alexander Putz – bis dahin kein Schwergewicht der Landshuter Lokalpolitik, sondern ein aus Österreich zugereister Kandidat der FDP. „63 zu 37 Prozent.“ Radlmeier weiß die Zahlen noch immer, ohne lange zu überlegen. Sie haben sich beim ihm eingebrannt.

Vier Jahre später ist die Schlappe „überwunden“, sagt Radlmeier und lächelt entspannt. Am vergangenen Sonntag bei der Kommunalwahl hätte er die Chance zur Revanche gehabt, doch das habe bei ihm nie zur Debatte gestanden. Putz duelliert sich nun in einer neuerlichen Stichwahl mit der Grünen Sigi Hagl. Obwohl er Landshuter durch und durch sei – Oberbürgermeister habe er eigentlich nie werden wollen, erklärt Radlmeier. Die Kandidatur 2016 sei den damaligen Umständen in der örtlichen CSU geschuldet gewesen. Die war selbst eine Dekade nach dem Ende der Epoche des Landshuter CSU-Übervaters Josef Deimer auch unter Radlmeiers Vorsitz seit 2009 wegen Kandidaturen von CSU-Mitgliedern gegen die eigene Partei nie richtig zur Ruhe gekommen. „Da habe ich mich damals der Verantwortung gestellt“, erklärt Radlmeier.

Im ersten Wahlgang lag er noch knapp vorne. Warum es in der Stichwahl dann nicht geklappt hat, weiß er bis heute nicht genau. Nur so viel: „Wenn mich wirklich alle gewählt hätten, die es mir oder meiner Frau hinterher gesagt haben, hätte es eigentlich reichen müssen.“ Hat es aber nicht. Eine Ursache vermutet Radlmeier im nicht 100-prozentigen Rückhalt in der eigenen Partei. „Man hat mich auf den Schild gehoben, aber nicht immer so unterstützt, wie es erforderlich gewesen wäre“, sagt er rückblickend. So wurde er zum Wahlverlierer. Ein Jahr später verlor Radlmeier auch den Vorsitz in der Landshuter CSU.

An der Liebe zu seiner Heimatstadt hat das nichts geändert. Wenn Radlmeier von der erzählt, bekommt er leuchtende Augen. Der heute 53-Jährige ist hier geboren und zur Schule gegangen, hat im Landkreis seine Lehre zum Bankkaufmann gemacht und bis zur Wahl in den Landtag 2013 bei der Landshuter VR-Bank gearbeitet. Er sei halt sehr heimatverbunden, sagt Radlmeier. Während seiner Ausbildung habe er immer wieder für ein paar Wochen nach Hamburg, Frankfurt oder München gemusst, doch die fremden Städte hätten ihn nie gereizt. „I bin koa Weltreisenda, i bin gern dahoam“, bekennt Radlmeier.

Folgerichtig mischt er aktiv beim Historienspiel der „Landshuter Hochzeit“ mit, das alle vier Jahre aufgeführt wird, zuletzt 2017. „Ich bin ein leidenschaftlicher Hochzeiter“, betont er aufgekratzt, als wolle er gleich loslegen. In seinen Anfängen gehörte er zum Trupp des polnischen Adels, seit bald 20 Jahren aber ist er bei den Armbrustschützen. Die schießen nicht auf Zielscheiben, sondern auf einen in genau 29,68 Metern über ihnen hängenden „Adler“ aus Holz. So will es die Tradition. Die Armbrustschützen in Landshut sind auch kein Verein, sondern eine Gilde, in die man in einem recht archaischen Ritual aufgenommen werden muss. Radlmeier hat es dort inzwischen zum Ritter gebracht. Als Jobst Zenger zum Tannstein ist er da unterwegs, der historische Namensgeber sei „genauso gesellig wie ich“ gewesen.

Zur heimatlichen Gemütlichkeit gehört für Radlmeier auch seine Sammelleidenschaft für Raritäten, Flohmärkten kann er nicht widerstehen. Vor allem alte Bücher haben es ihm angetan. „Das kommt von der Oma, die hatte einen Kramerladen“, glaubt er. Angefangen habe es mit alten Gebetbüchern, später seien wegen seines Faibles für Historisches Kriegsdepeschen und Bücher dazugekommen. Das älteste Stück ist ein Gartenbuch von anno 1774. Sein ganzer Stolz ist aber die fast komplette Sammlung des Simplicissimus von der Erstausgabe aus dem Jahr 1896 bis einschließlich 1920. Nur zwei oder drei Bände würden fehlen.

Ein passionierter Franz-Josef-Strauß-Fan

Im häuslichen Esszimmer seien inzwischen die Regale bis unter die Decke mit Büchern voll, „a bisserl Platz“ gebe es aber schon noch. „Ich bin da Jäger und Sammler“, sagt Radlmeier über sich. Lauter Kleinigkeiten, die das Leben ausmachten. Angetan haben es ihm zudem alte Landkarten, von denen einige in seinem Landshuter Büro hängen, sowie Räuchermandln und silberner Weihnachtsschmuck. Wenn Radlmeier vom alljährlichen Anputzen des Christbaums berichtet, strahlt er wie ein Bub bei der Bescherung.

Seine zweite große Leidenschaft ist der Sport. Besser gesagt der Fußball, und da die SpVgg Landshut. Schon als kleinen Stöpsel habe ihn sein Vater mit auf den Platz genommen. Als Aktiver hat es Radlmeier immerhin in den erweiterten Kader jener Mannschaft gebracht, die 1986 Bayernliga-Meister wurde. Eingesetzt wurde er aber nur in der 2. Mannschaft der SpVgg, die in der Landesliga kickte. „Ich war damals der Zehner, der Spielmacher, der Bälleverteiler, eher der Techniker, weniger der Körperliche“, schildert Radlmeier seine Talente. Heute spielt er noch bei den „Alten Herren“ mit. Die glorreichen Zeiten der SpVgg, deren zweiter Vorsitzender Radlmeier lange Jahre war, sind aber passé. Aktuell kämpft der Verein in der Landesliga Südost gegen den Abstieg. Für mehr, sagt Radlmeier, fehlten derzeit die Sponsoren.

Dass Radlmeier in der Eishockey-Stadt Landshut beim Fußball gelandet ist, hatte zwei Gründe: Zum einen hatte er für den „harten Sport“ auf dem Eis nicht die Statur, zum anderen war das Schlittschuhlaufen nicht sein Ding. „Ich konnte mich nur geradeaus auf den Beinen halten.“ Die Cracks aus den großen Meisterjahren des EV Landshut kennt er aber trotzdem. Der Stürmer Gerd Truntschka kickt mit ihm bei den Alten Herren, und mit dem kantigen Erich Kühnhackl posiert er gar in seinem Werbeflyer für die Stadtratswahl.

Der Weg in die CSU war bei Radlmeier vom Elternhaus vorgezeichnet. Konservativ geprägt sei das gewesen, er sei „gut bürgerlich aufgewachsen“. Wie bei vielen seiner Generation war Franz Josef Strauß sein Idol. Fotos und ein Sterbebild des legendären CSU-Chefs hängen noch heute in seinem Büro. Alle paar Jahre pilgert Radlmeier ans Strauß-Grab in Rott am Inn. Leutseligkeit und Bürgernähe sind bei ihm Programm, er sieht sich als Problemlöser für die Anliegen der Bürger m– soweit das eben im Einzelfall möglich sei. „Ein jeder kriegt von mir eine Antwort, das ist mein Anspruch“, betont Radlmeier.

Im Landtag sitzt er im Ausschuss für Kultur und Wissenschaft, weil er sich dort als Freund des Theaters und der Geschichte sowie als Förderer der Hochschule Landshut gut aufgehoben sieht, und im Gesundheitsausschuss. Über seine Frau, die als Fachkrankenschwester arbeitet, hat er Einblick in das Gesundheitswesen, außerdem versteht er sich als Anwalt der Landshuter Krankenhäuser. Denn bei aller Freude an der Landespolitik sehe er sich in erster Linie als Abgeordneter seiner Region. Man glaubt es Helmut Radlmeier aufs Wort. (Jürgen Umlauft)

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