Der Abschuss von Drohnen unbekannter Herkunft über Flughäfen, Einrichtungen der kritischen Infrastruktur und Großveranstaltungen ist kein Allheilmittel zur Drohnenabwehr. Das wurde bei einer Expertenanhörung im Innenausschuss deutlich. „Der Abschuss ist nicht immer die erste Wahl“, betonte der Inspekteur der Bayerischen Polizei, Markus Trebes. Man müsse auf die Gefährdung durch sogenannte unkooperative Drohnen jeweils situationsbedingt reagieren.
Wegen der Gefahren durch herabstürzende Trümmer sei der Abschuss über Wohngebieten oder größeren Menschenansammlungen im Regelfall keine Option. Es gebe aber zahlreiche andere Methoden für eine effektive Drohnenabwehr, zum Beispiel durch Störsender oder Abfangdrohnen.
Ähnlich äußerte sich die Präsidentin des Polizeipräsidiums Oberbayern Nord, Kerstin Schaller. „Eine Drohne abzuschießen ist nicht so leicht, wie man sich das vorstellen mag“, sagte sie. Ziel müsse immer sein, eine Drohne unschädlich zu machen, ohne unbeteiligte Personen dadurch zu gefährden. Die Abwehrmaßnahmen müssten stets dem Gebot der Verhältnismäßigkeit gerecht werden.
Die Staatsregierung will die Drohnenabwehr in Bayern durch mehrere Gesetzesänderungen neu regeln, unter anderem durch die Zulassung des Einsatzes bewaffneter Abwehrdrohnen durch die Polizei. Nach Einschätzung der angehörten Fachleute muss in erster Linie die Erkennung und Verifizierung von unerlaubten Drohnenflügen verbessert werden. Wie Schaller berichtete, stellen sich viele Sichtungen, vor allem in der Dunkelheit, als Fehlmeldungen heraus. Trotzdem müsse man jede Meldung zunächst ernst nehmen. Je schneller Klarheit herrsche, desto konsequenter und effektiver könne reagiert werden.
Trebes und Schaller waren sich einig, dass zum Schutz kritischer Infrastruktur in Zukunft eine Überwachung und Einsatzfähigkeit rund um die Uhr gewährleistet sein müsse. Neben der nötigen Technik brauche es dazu ausreichend geschultes, hochmobiles Personal. „Das alles wird richtig viel Geld kosten“, sagte Schaller voraus.
Vor diesem Hintergrund warb Innenminister Joachim Herrmann (CSU) bei den Abgeordneten für mehr Geld und Personal für die bayerische Drohnenabwehr. „Wir stehen an einem Wendepunkt und können nur so den Schutz kritischer Infrastruktur, die Sicherheit der Bevölkerung und die Handlungsfähigkeit unserer Polizei in diesem Bereich gewährleisten“, sagte Herrmann. Man habe schon eine ganze Menge an Ausstattung, um Drohnen unschädlich zu machen und deren Steuerer festzunehmen, doch verschärfe sich die Gefährdungslage ständig und die Fortschritte in der Drohnenentwicklung schritten rasant voran.
In diesem Zusammenhang bestätigte Herrmann, dass die Herkunft der Anfang Oktober über dem Münchner Flughafen gesichteten Drohnen und die Ziele ihres Einsatzes noch immer nicht geklärt sind. „Wir befinden uns hier im spekulativen Bereich“, räumte er ein. Nach Angaben von Generalmajor Wolfgang Ohl ist die Bundeswehr im Rahmen des gesetzlich Zulässigen bereit, die Polizei bei der Bekämpfung von Drohnen im Inland zu unterstützen. Möglich sei dies, wenn ein „Schaden in katastrophalem Ausmaß“ drohe oder im Zuge der Amtshilfe auf Anfrage der Polizei.
Dies könne aber nur erfolgen, wenn der Bundeswehr dafür neben der Bewältigung ihrer Aufgaben zur Landesverteidigung und dem Schutz ihrer Einrichtungen entsprechende Kapazitäten zur Verfügung stünden. „Es ist eine Fehlannahme, dass die Bundeswehr als Kavallerie Sicherheitsaufgaben im Inland in großem Umfang dauerhaft wird übernehmen können – schon gar nicht im Krisen- oder im Verteidigungsfall“, so Ohl.
Trennung äußerer und innerer Gewalt ändern
Die Juristin Verena Jackson von der Universität der Bundeswehr forderte mehr Rechtssicherheit für die Drohnenabwehr. Die bisherige klassische Trennung von äußerer und innerer Gefahr im Grundgesetz und die daraus abgeleiteten Regelungen seien vor dem Hintergrund hybrider Kriegsführung nicht mehr zeitgemäß. „Wir brauchen für die Zukunft Regeln, mit denen die Praktiker mit Blick auf die neue Gefährdungslage umgehen können“, sagte sie.
Bezüglich der zivilen Kontrolle des Luftraums plädierte die Leiterin für Politische Angelegenheiten bei der Deutschen Flugsicherung, Sabine Hornig, für jeweils spezifische Regeln für den Umgang mit bemannten und unbemannten Flugobjekten. Dass die aktuelle Gesetzeslage beide Bereiche gleich behandle, erschwere die zügige Abwehr „unkooperativer“ Drohnen. (Jürgen Umlauft)
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