Landtag

In sieben Bundesländern darf auf kommunaler Ebene schon mit 16 Jahren gewählt werden. Bayerischen Jugendlichen traut die Staatsregierung das mangels politischer Reife nicht zu. (Foto: dpa/Karl-Josef Hildenbrand)

26.04.2019

Wählen? Nur was für Erwachsene

Wählen setze ein gewisses Maß an Reife und politischer Urteilsfähigkeit voraus, sagt die Staatsregierung. Dies sei bei 16-Jährigen noch nicht der Fall

Wählen ab 16: Das geht in Deutschland seit 1996, jedenfalls partiell. Damals führte Niedersachsen als erstes Bundesland auf kommunaler Ebene das Wahlrecht für Jugendliche ein. Seitdem sind sechs weitere Bundesländer nachgezogen. Bayern gehört nicht dazu. Noch nicht. In der letzten Legislaturperiode wurde im Landtag schon ausführlich über eine Absenkung des aktiven Wahlalters debattiert. „Während die CSU das ablehnte, übernahmen die Freien Wähler diese Forderung in ihr Wahlprogramm“, erinnert sich Matthias Fischbach (FDP). Jetzt wundert er sich, weil im Koalitionsvertrag kein Wort zum Wahlalter zu finden ist. Dabei finden in Bayern 2020 Kommunalwahlen statt. Ist damit zu rechnen, dass dann auch 16-Jährige wählen dürfen?, wollte er von der Staatsregierung wissen.

Eher nicht. Das Innenministerium antwortet, das Wahlrecht trage zur politischen Willensbildung und Bestimmung der Staatsgewalt bei. „Diese Verantwortung soll im Interesse aller Bürger nur denjenigen übertragen werden, bei denen aufgrund von Lebensalter und -erfahrung ein gewisses Maß an Reife und politischer Urteilsfähigkeit vorausgesetzt werden kann.“ Dies sei erst ab Vollendung des 18. Lebensjahres anzunehmen. So sähe das auch die Rechtsordnung, das Jugendschutzgesetz oder das Jugendstrafrecht. Ein zwingendes Argument ist das nicht: Es wären nicht die ersten Gesetze, die von der Zeit überholt wurden.

Da die Gesellschaft immer älter wird, müssen Jugendliche lernen, ihren Anliegen mehr Gehör zu verschaffen

Das zweite Argument der Staatsregierung: Das Wahlrecht korrespondiere auch mit Pflichten, die von wahlberechtigten Bürgern zu erfüllen sind, beispielsweise die Wahrnehmung von kommunalen Ehrenämtern. Warum das 16-Jährige nicht können sollen, sagt das Ressort von Innenminister Joachim Herrmann (CSU) nicht. In Bayern sind rund 47 Prozent der Menschen über 14 Jahre ehrenamtlich tätig. Das letzte Argument: Die Absenkung des Wahlalters sei mehrfach im Landtag behandelt und immer mehrheitlich abgelehnt worden. Was das Ministerium nicht sagt: Die ablehnende Mehrheit kam allein durch die Stimmen der CSU zustande.

Vielleicht hält die Staatsregierung ja die Jugendlichen der Zukunft für politisch reifer. Denn aktuell setzt das Familienministerium einen Landtagsbeschluss um, der ein umfassendes kinder- und jugendpolitisches Gesamtkonzept in Bayern vorsieht. Dieses soll Rechte von Kindern und Jugendlichen in den sie betreffenden Lebensbereichen stärken. So wurde beispielsweise bei Bürgerversammlungen das Rederecht erweitert, damit auch Minderjährige das Wort ergreifen können. Seit 2017 wird außerdem das Fachprogramm „Demografie und Partizipation“ des Bayerischen Jugendrings gefördert. Da die Gesellschaft immer älter wird, sollen Jugendliche lernen, ihren Anliegen mehr Gehör zu verschaffen.

Bis zur Staatsregierung drangen sie bis heute bisher nicht vor. Fischbach ist enttäuscht: „In einer älter werdenden Gesellschaft dürfen wir die Interessen junger Menschen nicht übergehen“, sagt er. Der Blick auf andere Bundesländer zeigt: Überall wurden gute Erfahrungen mit der Wahl ab 16 Jahren gemacht. Im Schnitt wählen sie ähnlich ausgewogen wie die Älteren. (David Lohmann)

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