Zwischendurch ist die Trauer immer noch da und ich könnte weinen“, sagt Anneliese S. Die 71-Jährige hat vor einem Jahr den Vater verloren. Und obwohl der mit 96 Jahren ein langes Leben hatte, hat sein Tod sie sehr berührt. Und wie mit den Gefühlen umgehen? Dafür gibt es vielfältige Hilfsangebote.
Zum Beispiel „Weihnachten ohne dich“: „Trauergefühle und Weihnachten, das ist eine sehr schwierige Kombination“, sagt Walter Hechenberger. Der Pastoralreferent leitet seit zwei Jahren die Trauerpastorale im Landkreis Dachau. „Weihnachten ohne dich“ wird seit 15 Jahren im Haus Petersberg der Katholischen Landvolkshochschule angeboten. Man trifft sich am Abend zum gemeinsamen Essen, dann sitzt man in Gesprächskreisen zusammen.
Wie geht man gerade an Weihnachten damit um?
„Für die Seele ist gerade an Weihnachten ein Verlust nicht so einfach zu verdauen“, sagt Hechenberger. Der Abend sei eine Plattform für alle, die einen Menschen verloren haben; der Kontakt mit anderen könne dabei hilfreich sein. Die Zahl der Teilnehmer schwanke zwischen 15 und 30 und es seien Menschen aller Altersgruppen dabei. Sie trauern um Nahestehende wegen eines Unfalls, einer Krankheit oder eines Suizids. Manchmal bastelt die Gruppe auch Sterne oder es geht um den Strohhalm – als Symbol des Überlebens.
„Jeder muss schauen, wie es gelingt, mit dem Verlust zu leben“, sagt der Pastoralreferent. Und wie man damit an Weihnachten umgeht. „Manche versuchen den Verstorbenen einzubinden, andere ziehen sich zurück“, erzählt der Seelsorger.
Szenenwechsel nach München. Auch im „Haus am Ostfriedhof“ gibt es am Sonntag vor dem Heiligen Abend ein Angebot mit dem Titel „Weihnachten ohne dich“: „In dieser Feier soll mit anregenden Texten und stimmungsvoller Musik Raum für die eigene Trauer sein. Mithilfe von Ritualen haben Sie die Möglichkeit, Belastendes abzugeben und Hoffnungsvolles mit nach Hause zu nehmen“, heißt es dazu im Begleittext.
Das Haus am Ostfriedhof gibt es seit Sommer 2024 und ist nach den Worten der Leiterin Sonja Eichelbaum in dieser Form in Deutschland wohl einzigartig. Als Ort der Begegnung sowie als spirituelles und informatives Zentrum der Trauerpastorale angelegt, steht es allen Menschen – gleich welcher Religion oder Konfession – offen. Auch Ratsuchende, die keiner religiösen Gemeinschaft angehören, finden hier seelsorgliche Begleitung sowohl im akuten Trauerfall als auch auf dem weiteren Weg des Abschieds. Vorträge rund um das Thema Tod und Trauer, Gesprächsrunden oder Kurse speziell für Trauernde ergänzen das Angebot.
Und dieses Angebot für Trauernde ist vielfältig, wirft man etwa einen Blick in das letzte Herbstprogramm. Da gibt es zum Beispiel eine Veranstaltung mit dem Titel „trauerwort“. Dabei geht es um den Umgang mit Trauernden und wie man Kondolenzschreiben verfasst. „An diesem Abend erhalten Sie einen Einblick in das Empfinden von Trauernden und wie man ihnen mit Worten begegnen kann“, verrät ein Flyer.
Es gehe darum, wie man mit der Konfrontation mit dem Tod umgeht, und die Unsicherheit dabei sei groß: „Aus Angst, etwas falsch zu machen, sagen viele lieber gar nichts. Dabei bedürfen doch gerade Trauernde Worte des Mitgefühls, Signale, dass sie nicht allein sind.“
Kondolenzschreiben verfassen
Um das Schreiben geht es auch in einem weiteren Kurs: „Jemanden gehen zu lassen, gehört zu den tiefgreifenden Einschnitten des menschlichen Lebens. In diesem Kurs wollen wir uns schreibend an die Person erinnern, die wir verloren haben“, heißt es dazu. Was kann man aufschreiben? Was haben wir mit der verstorbenen Person erlebt? Was möchten wir im Gedächtnis behalten und weitergeben? Wie wollen wir uns erinnern?
Trauer hat auch eine körperliche Seite. „Trauer geht“ nennt sich ein Angebot des Hauses am Ostfriedhof, das bei jedem Wetter stattfindet, so die Ankündigung. Es geht darum, eine Stunde lang zu gehen: „In der körperlichen Bewegung des Gehens können auch unsere Gedanken beweglicher sein und Gefühle können für einen Moment vergehen.“ Es muss ja weitergehen, heißt es in der Alltagssprache, wenn bedrängende Gefühle durch Mark und Bein gehen. Und künftig gibt es auch Trauergruppen, in denen Hinterbliebene über ihre Gefühle bei der Konfrontation mit dem Tod eines Angehörigen oder Freundes sprechen können.
Im Haus am Ostfriedhof kann man auch zum Essen und Trinken zusammenkommen: Der Neubau beherbergt eine Gastronomie. Und dort hält sich immer ein Ansprechpartner aus dem Seelsorgeteam auf, der an einem Namensschild erkennbar ist. An diesem Tag ist das Irmingard von Fumetti. Sie hat eine Ausbildung als Trauerseelsorgerin hinter sich, eineinhalb Jahre hat das gedauert. Dreimal im Monat ist sie hier in der Gastronomie anwesend, betreut den „Mittagstisch“. Das ist ein Angebot für Trauernde und Alleinstehende und das Motto lautet: „Wer is(s)t schon gern alleine?“
Der Tisch ist hübsch gedeckt, auch mit Blumen, und „es kommen so an die acht bis elf Leute“, weiß die Trauerseelsorgerin. Mit ihr kann man ins Gespräch kommen, sich auch Hilfe holen. Elf Ehrenamtliche stehen so im Haus am Ostfriedhof zur Verfügung. (Rudolf Stumberger)
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