Leben in Bayern

Das Vertrauen in die Museen, etwa das Haus der Bayerischen Geschichte in Regensburg, ist nach wie vor groß. Der Druck nimmt aber zu. (Foto: dpa/Michael Nguyen)

16.05.2025

Finanziell und politisch unter Druck

Am Internationalen Museumstag strömen wieder Zigtausende in Bayerns Kultureinrichtungen – die haben mit Anfeindungen und anderen Problemen zu kämpfen

Museen sind beliebt – ganz gleich ob staatlich oder nichtstaatlich. Sie genießen nahezu uneingeschränktes Vertrauen und stehen dennoch seit Jahren unter Druck. Finanziell und immer öfter auch politisch.

Die Vielfalt der bayerischen Museumslandschaft mit ihren 1250 Einrichtungen ist einmalig. Sie reichen von den Kunstmuseen oder naturwissenschaftlichen Sammlungen über das Haus der Bayerischen Geschichte und unzählige Heimatmuseen wie dem Kreismuseum Bogenberg bis hin zu Spezialisten wie dem PorzellaniKon in Hohenberg an der Eger und Selb, dem Luftmuseum in Amberg oder dem Dackel- oder Golfmuseum in Regensburg.

Museen genießen nach wie vor großes Vertrauen

2024 haben in Bayern insgesamt rund 5,6 Millionen Menschen die staatlichen Museen und Sammlungen, das Haus der Bayerischen Geschichte, das Deutsche Museum und das Germanische Nationalmuseum besucht. Deutschlandweit besuchten 106 Millionen Menschen die 7500 Museen (Stand: 2023). Ein Drittel der Bevölkerung geht einmal im Jahr ins Museum. Für die meisten sind „spannende Inhalte“ oder die Lust, „etwas Neues und Schönes“ zu entdecken, Gründe für einen Museumsbesuch. 75 Prozent der Befragten berichten, im Museum etwas gelernt zu haben. 71 Prozent sind der Ansicht, dass Museen helfen die Welt und die Gesellschaft besser zu verstehen, und sogar 54 Prozent wünschen sich, dass Museen an den prägenden gesellschaftlichen Debatten teilnehmen. 

Laut Studien der American Association of Art Museum (2004 und 2021) empfinden Menschen Museen als überaus vertrauenswürdig. Zu ähnlichen Ergebnissen kommt auch die deutsche Studie „Das verborgene Kapital: Vertrauen in Museen in Deutschland“ mit 7000 Teilnehmerinnen und Teilnehmern, die seit Januar läuft. Museen gelten als faktenbasiert und genießen uneingeschränkt Vertrauen. Keine andere Informationsquelle wird in dem Maße als unabhängig, neutral und unparteiisch wahrgenommen.

Staatliche und nichtstaatliche Häuser unterscheiden sich lediglich durch die Trägerschaft, das Budget und häufig die Anzahl des Personals. Inhaltlich sind alle Museen unabhängig. Das garantiert der Gesetzgeber. Und trotzdem stehen die staatlichen und nichtstaatlichen Einrichtungen vor enormen Herausforderungen – nicht nur finanziell.

Das hat auch die bayerische Staatsregierung erkannt. „Unsere Museen sind Schatzkammern der Vergangenheit, Bildungs- und Begegnungsorte der Gegenwart und Denkwerkstätten der Zukunft“, sagt Kulturminister Markus Blume (CSU). Sie dienten „als kultureller Anker und öffentlicher Wissensspeicher, aber auch als Einrichtungen, die sich in den gesellschaftlichen Diskurs einbringen und Stellung zu sozialen und politischen Entwicklungen beziehen“. 

„Das tun sie ganz ohne erhobenen Zeigefinger“, sagt Barbara Michal, Leiterin des Kreismuseums Bogenberg. Vielmehr seien die Museen Freiräume, in denen gegensätzliche Sichtweisen wertfrei nebeneinandergestellt werden und so jedem Besucher eine individuelle Auseinandersetzung mit den unterschiedlichen Lebenswelten, etwa von Stadt und Landbevölkerung oder der Epochen, erlauben. Diese inneren und öffentlichen Auseinandersetzungen finden entlang der Fakten und wissenschaftlichen Richtlinien statt, findet Michal. Aber nicht entlang von Ideologien oder gar Parteiprogrammen.

Museen sind daher wichtige Orte, an denen eine demokratische Gesellschaft öffentlich und transparent aushandelt, wie sie leben will und welche Freiheiten sie sich zugesteht. Am Umgang mit der Kunst, mit der kulturellen Vergangenheit, der Gegenwart und Zukunft entscheidet sie nicht zuletzt auch darüber, wie stark eine Demokratie ist.

Im Haus der Bayerischen Geschichte (HdBG) in Regensburg legt man deshalb neben der Geschichtsvermittlung großen Wert auf die Wahrnehmung der Gegenwart. „Unser Programm ist es auch, wehrhaft und mit allen Möglichkeiten unsere Demokratie zu verteidigen“, sagt HdBG-Direktor Richard Loibl. „Das ist mir persönlich wichtiger als ein Internationaler Museumstag.“

„Musk? Hätte ich stehen gelassen und kommentiert“

Wie politisch ein Museum sein darf, hänge von vielen Faktoren ab, sagt Loibl. „Zum einen ist da die Freiheit der Kunst. Zum anderen sind wir als staatliche Museen natürlich auch eingebunden in einen hierarchischen Apparat. Das muss man am einzelnen Museum durchdeklinieren.“

Die Diskussion um das Deutsche Museum und dessen Position zu Elon Musk kann er nachvollziehen. Wenngleich er es anders gemacht hätte. „Ich hätte es stehen gelassen und kommentiert“, so Loibl. „Es ist immer ein Risiko, lebende Personen in eine Ausstellung aufzunehmen. Das wissen wir in den Häusern der Geschichte.“ 

Das größte naturwissenschaftlich-technische Museum der Welt hatte dem Techmilliardär und umstrittenen Trump-Berater im Rahmen seiner Raumfahrtausstellungen einen prominenten Platz im Reigen der Weltraum-Visionäre aus „Vergangenheit und Gegenwart“ eingeräumt und ihn vor dem Hintergrund seiner politischen Tätigkeit kurzerhand und kommentarlos wieder entfernt. Das brachte dem Deutschen Museum auch viel Kritik ein. Die AfD im Bayerischen Landtag sah darin eine „Kultur der Zensur“. Auch im Nachgang äußert sich das Museum ungern zu dem Sachverhalt und verbleibt in Allgemeinplätzen.

Aber vor dem Hintergrund der Entwicklungen in den USA müsse man als Museum auch mal Stellung beziehen, sagt Loibl. Da sei er mit den Kollegen solidarisch. Die amerikanische Regierung zwingt inzwischen Museen wie die renommierte Smithsonian Institution per Dekret, die US-Geschichte positiver darzustellen. Präsident Donald Trump sieht die amerikanische Geschichte in einigen Ausstellungen zu sehr als „rassistisch, sexistisch, unterdrückerisch oder anderweitig unrettbar mit Makeln behaftet“ dargestellt. Das soll sich nach dem Willen der US-Regierung ändern. Radikal werden die finanziellen Mittel gekürzt, Exponate zurückgezogen, Ausstellungen abgesagt, Kultureinrichtungen gekapert und inhaltlich politische Vorgaben gemacht – ein beispielloser Vorgang.

US-Regierung fordert anderes Geschichtsbild

Auch in Deutschland nimmt der Druck auf die Museen von politischer Seite zu, wie die Diskussionen um das Deutsche Museum oder auch um das Bauhaus belegen. Die berühmte Designschule feiert 2025 in Dessau ihr 100-jähriges Bestehen – die AfD-Fraktion des Landtags von Sachsen-Anhalt hielt wenig davon, das Jubiläum einfach zu feiern. Sie forderte eine kritische Aufarbeitung dieses aus ihrer Sicht „Irrwegs der Moderne“. Nicht nur Kulturschaffende fürchten, dass mit Mitteln der Demokratie, über Anfragen an Kommunen und Landesparlamente und an den Deutschen Bundestag, Kultureinrichtungen infrage gestellt und eingeschüchtert werden. Ziel dieser „Metapolitik“ ist es, die Deutungshoheit zu erlangen. 

Von Verhältnissen wie in den USA sei man in Bayern jedoch weit entfernt, erklärt die Direktorin des Münchner Museums Fünf Kontinente, Uta Werlich. „Wenn es an die DNA unserer Arbeit geht, ist es aber unsere Aufgabe, wehrhaft zu sein. Da sind wir als Museen in der Pflicht.“ Gleichzeitig setzt sie auf die Gesellschaft.

Im Freistaat zeigen die Museumsbesucherinnen und -besucher vor allem ihren Unmut, wenn es um Themen wie Gendern, Rassismus oder Migration geht. Damit hat auch der private Museumsbetreiber Wilhelm Koch gerechnet. Er hat nicht nur in Amberg das Luftmuseum aufgebaut, er betreibt auch in seinem Heimatort Etsdorf das Tempelmuseum, in dem er das Thema Europa aufgreift, aktuell mit einer Installation von Rettungswesten von Flüchtlingen. „Da kommen schon Reaktionen in einem Dorf, in dem ein Viertel der Menschen die AfD wählt“, sagt Koch, der betont, dass er nahezu ohne öffentliche Gelder auskommt.

Kulturstaatsminister Markus Blume beobachtet die Entwicklungen in den USA ebenfalls „mit großer Sorge“. „Die Freiheit von Kunst und Wissenschaft ist unantastbar – sie ist ein hohes Gut, das Verfassungsrang genießt. In Bayern ist unsere Haltung klar“, sagt der Minister. „Bayern ist Kulturstaat – eine starke und freie Museumslandschaft gehört zu unserem Selbstverständnis.“ (Flora Jädicke)
 

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