Filmpremieren und Schauspieler auf dem roten Teppich haben in Nürnberg Seltenheitswert. Für den ersten ARD-"Tatort" aus Franken wird am Sonntag allerdings nicht an Glamour gespart: Vor dem Kinokomplex "Cinecitta" in der Nürnberger Innenstadt hat der Bayerische Rundfunk (BR) den roten Teppich ausgerollt. Gut zwei Stunden vor der TV-Erstausstrahlung des mit Spannung erwarteten Franken-"Tatorts" schreiten die Hauptdarsteller zur Vorabkinopremiere in den Kinosaal.
Gut zwei Dutzend Schaulustige haben sich vor den Absperrgittern versammelt. Und die müssen sich erst noch an die fränkischen Ermittler gewöhnen: "Ist das jetzt der Hauptkommissar oder nicht?", fragt eine Nürnbergerin ihren männlichen Begleiter als Schauspieler Fabian Hinrichs direkt an ihr vorbeiläuft. Hinrichs, der die Rolle von Hauptkommissar Felix Voss spielt, ist aber ganz froh, dass er noch nicht so bekannt ist. "Ich habe noch einen wunderbaren Status und hoffe, dass das auch so bleibt", sagt der 40-Jährige.
Eine fehlt auf dem roten Teppich: Dagmar Manzel, die an der Seite von Hinrichs ebenfalls eine Kommissarin spielt, ist krank und deswegen nicht bei der Premiere dabei.
Für viele Franken ist es eine Genugtuung, dass es unter den 20 deutschen Tatort-Teams nun auch eine "Mordkommission Franken" gibt. "Es war scho' an der Zeit, es muss nicht immer alles in München spielen", sagt eine Frau, die zwei der begehrten Premieren-Tickets ergattern konnte.
Maly fragt sich: "Soll ich diese Veranstaltung ernst nehmen oder lieber nicht?
Städtetagspräsident und Nürnbergs Oberbürgermeister Ulrich Maly (SPD) geht jedoch mit gemischten Gefühlen über den roten Teppich: "Ich habe mir heute schon den ganzen Tag überlegt, ob ich diese Veranstaltung ernst nehmen soll oder lieber nicht", sagt er.
Das Fränkische solle man nicht überschätzen, "weil nördlich von Köln oder Frankfurt die meisten Menschen zwischen dem oberbayerischen, dem oberpfälzer und dem fränkischen Dialekt komischerweise nicht mehr unterscheiden können." Dennoch ist "Tatort"-Fan Maly davon überzeugt, dass der fränkische Krimi ein "gutes Ding" wird.
Im Sommer sollen die Arbeiten für den zweiten Franken-"Tatort" beginnen. Der Fall werde dann zwischen Nürnberg und Würzburg spielen, verriet BR-Fernsehdirektorin Bettina Reitz bei der Premiere in Nürnberg. Wenn es nach Fabian Hinrichs geht, kann dann wieder Regisseur Max Färberböck die Fäden ziehen. "Ich hätte nichts dagegen, mit Max fünf weitere Tatorte zu drehen."
"Ganz okay" - für Franken das höchste Lob
Die Besucher des Nürnberger Szenelokals "Desi" übten sich derweil in fränkischer Bescheidenheit. Rund 200 "Tatort"-Fans hatten sich in dem abgedunkelten Nebenraum vor einer Großbildleinwand versammelt, um die Premiere des ersten "frängischen Daddord" zu erleben. "Ganz okay" sei der "Tatort", resümiert "Desi"-Besucher Matthias Jung, was für Franken die höchste Form des Lobes darstellt.
Besonders die Nürnberg-Szenen verfolgten die 200 Zuschauer mit Argusaugen. Mucksmäuschenstill war es bei den langen Kamerafahrten durch die Fürther Straße, vorbei an den Liegenschaften früherer Weltunternehmen, wie Quelle, AEG und Triumph-Adler. Für den Nürnberger Thomas Dulle ein klarer Pluspunkt des Films: "Der "Tatort" hat Nürnberg als urbane Stadt gezeigt". Vor der Kneipe wurde dann aber auch schon mal am Filmschnitt herumgekrittelt: "Die Szene am Grand-Hotel hat überhaupt nicht zu der anschließenden Straßenszene gepasst...", korrigierte ein Stadtkenner.
Im Schnitt 12,11 Millionen haben den ersten Franken-"Tatort" im Ersten verfolgt. Der Krimi "Der Himmel ist ein Platz auf Erden" mit Dagmar Manzel und Fabian Hinrichs gehört damit zu den erfolgreichsten "Tatorten" der vergangenen 20 Jahre. Der Marktanteil lag bei 33,7 Prozent. Zuletzt war in Berlin ein neues Team gestartet. Meret Becker und Mark Waschke holten mit dem RBB-"Tatort: Das Muli" am 22. März gut 10,2 Millionen Zuschauer.
(Roland Beck und Klaus Tscharnke, dpa)
Info: Platz 6 für Franken-"Tatort" - die erfolgreichsten Episoden der vergangenen 20 Jahre
Durchschnittlich 12,11 Millionen haben am Sonntag den ersten Franken-"Tatort" gesehen. Bei den besten "Tatort"-Einschaltquoten seit Mitte der 90er Jahre sind die meisten Filme vom Münster-Team Thiel/Boerne (Axel Prahl und Jan Josef Liefers), Platz vier nimmt Til Schweiger als Nick Tschiller ein.
Eine Übersicht:
1. "Mord ist die beste Medizin" (Münster, 21.9.2014): 13,13 Mio/36,7%
2. "Summ, Summ, Summ" (Münster, 24.3.2013): 12,99 Mio/34,1%
3. "Der Hammer" (Münster, 13.4.2014): 12,87 Mio/35,1%
4. "Willkommen in Hamburg" (Hamburg, 10.3.2013): 12,74 Mio/33,6%
5. "Die chinesische Prinzessin" (Münster, 20.10.2013): 12,54 Mio/33,5%
6. "Der Himmel ist ein Platz auf Erden" (Nürnberg, 12.4.2015): 12,11 Mio/33,7%
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