CSU-Chef Horst Seehofer droht mit seinem Veto gegen das europäisch-amerikanische Freihandelsabkommen TTIP, sollte es nicht vollständige Offenheit über den Inhalt geben. "Ich habe immer gesagt: Solange bei TTIP keine Transparenz hergestellt wird, solange man als verantwortlicher Politiker gar nicht weiß, was da alles verhandelt wird und welcher Interessensausgleich erfolgt, werde ich kein grünes Licht für TTIP geben als Parteivorsitzender", sagte Seehofer am heutigen Montag vor einer CSU-Vorstandssitzung in München. "Hier muss Öffentlichkeit hergestellt werden. Und dann kann man sagen: Jawoll, das geht - oder geht nicht", sagte der Ministerpräsident.
Die Freien Wähler in Bayern fordern zusätzlich zu einer Volksbefragung ein Volksbegehren gegen die geplanten Freihandelsabkommen. FW-Chef Hubert Aiwanger forderte: "Wenn Seehofer nicht als Schaumschläger enden will, muss er jetzt die CSU auf Anti-TTIP-Kurs bringen. Klares bayerisches Nein im Bundesrat zu CETA und TTIP." Völlig chaotisch empfinde es Aiwanger, dass Wirtschaftsministerin Aigner offenbar den Schuss nicht gehört habe und Gabriel aktuell davor warnte, aus "parteipolitischen Gründen" gegen TTIP zu sein.
Grundsätzlich ist Seehofer für die Freihandelsabkommen
Seehofer dagegen betonte, prinzipiell sei es immer im Interesse von Deutschland und von Bayern, dass es Handelsabkommen gebe - zumal die Bedeutung des Welthandels immer weiter zunehmen werde. Aber wenn die aktuellen Medienberichte korrekt seien, dann sei die Haltung sehr begründet, dass man erst über den Inhalt Bescheid wissen müsse.
Seehofer warnte insbesondere vor Abstrichen bei den hiesigen hohen Verbraucherschutzstandards. "So haben wir uns das eigentlich nicht vorgestellt", sagte er auf eine entsprechende Frage und betonte: "Mir liegt daran, dass die hohen Verbraucherschutzstandards erhalten bleiben. Das ist für die Deutschen ein sehr wichtiger Wert."
Zum Hintergrund: Greenpeace hat bislang geheime TTIP-Dokumente ins Netz gestellt und wirft den USA vor, mit dem geplanten Handelsabkommen europäische Umwelt- und Verbraucherschutz-Standards aushöhlen zu wollen. Aus den Dokumenten geht hervor, dass die US-Regierung Europa bei den Verhandlungen deutlich stärker unter Druck setzt als bisher bekannt. "Bei den Verhandlungen soll hinter verschlossenen Türen ein mächtiger Rammbock gezimmert werden, der auch den fest verankerten Schutz für Umwelt und Verbraucher wieder aus dem Weg räumen kann. Dieses Geheimabkommen muss gestoppt werden", sagte Greenpeace-Handelsexperte Jürgen Knirsch.
Angela Merkel pocht auch nach den "TTIP Leaks" auf einen raschen Erfolg der Verhandlungen
Die Texte, die die Verhandlungspositionen der USA und der EU-Kommission vor der gerade abgeschlossenen 13. Gesprächsrunde zeigten, seien den Umweltschützern zugespielt worden. Allerdings veröffentlichte Greenpeace nach eigenen Angaben nicht die Originaldokumente, sondern Abschriften. Nach gemeinsamer Prüfung mit dem Recherche-Netzwerk von "Süddeutscher Zeitung", NDR und WDR sei man sicher, dass die Papiere echt seien, erklärte Greenpeace. Die Quelle werde man nicht preisgeben und "maximal schützen".
Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) pocht auch nach den "TTIP Leaks" unverändert auf einen raschen Erfolg der Verhandlungen zwischen EU und USA. "Wir halten den zügigen Abschluss eines ehrgeizigen Abkommens für sehr wichtig", sagte Regierungssprecher Steffen Seibert. Dies sei "einhellige Meinung" der gesamten Regierung. Die Kanzlerin habe ihre Position bereits beim jüngsten Besuch von US-Präsident Barack Obama bei der Hannover Messe deutlich gemacht.
Grundsätzlich fügte Seibert zu den in den "TTIP Leaks" dokumentierten US-Forderungen an: "Verhandlungspositionen sind keine Verhandlungsergebnisse." Es sei normal, dass beide Seiten ihre Interessen durchsetzen wollten. Deutschland werde keine Absenkung von Sozial-, Umwelt- und Verbraucherschutz-Standards akzeptieren.
Eine Sprecherin von Bundeswirtschaftsminister Sigmar Gabriel (SPD), der bei TTIP die Federführung hat, erklärte: "Es wird kein Hormonfleisch geben." Die EU werde auch die Kennzeichnungspflicht für gentechnisch veränderte Lebensmittel nicht ändern. Schutzstandards für Mensch, Tiere und Umwelt würden durch TTIP nicht infrage gestellt, ebenso wenig das im EU-Recht verankerte Vorsorgeprinzip.
(dpa, BSZ)
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