Politik

09.08.2013

Betreuungsgeld-PR für 55 000 Euro

Was die Info-Kampagne des Sozialministeriums zur „Herdprämie“ bringt - und wie man missbräuchlichen Bezug bekämpfen will

Das berufstätige Chefarzt-Ehepaar, das ein Kindermädchen für die Nachwuchs-Betreuung engagiert hat, kriegt Betreuungsgeld, die alleinerziehende Mutter, die ihr Baby in die städtische Krippe gibt, dagegen nicht. Und das arbeitslose Paar muss sich die 100 Euro Herdprämie für heimische Kinderbetreuung auf die Hartz IV-Leistung anrechnen lassen.
Über die Sinnhaftigkeit der CSU-Erfindung Betreuungsgeld ist viel geschrieben worden. Nachvollziehbar und gerecht, so viel steht fest, geht es nicht unbedingt zu bei der Verteilung des Geldes. Fakt ist auch, dass die Mehrzahl der Bürger die Prämie in verschiedenen Umfragen ablehnt.

Flop oder Top: Die CSU will in jedem Fall Erfolge vermelden


Und tatsächlich war die Euphorie der Eltern bisher gering. Kurz nach dem offiziellen Start der neuen Bundesleistung am 1. August lag die Zahl der Interessierten in einigen deutschen Ländern lediglich bei einigen zig Eltern. In Bayern waren es Anfang August rund 500, am vergangenen Mittwoch, 7. August, lagen immerhin bereits 2000 Anträge vor.
Das sind – mit Blick auf rund 100 000 Geburten in Bayern pro Jahr – nicht allzu viele. Allerdings: Betreuungsgeld kann nur beantragen, wer kein Elterngeld mehr bezieht. Das Elterngeld wird längstens für 14 Monate bezahlt. Bayerns Sozialministerin Christine Haderthauer (CSU) erklärte jetzt in BILD, der „große Antragssturm“ aufs Betreuungsgeld komme erst. Und zwar dann, wenn alle Familien, die jetzt noch Elterngeld bezögen, das Betreuungsgeld beantragen könnten.
Weil das Haderthauer-Ressort aber im Vorfeld der Landtagswahl gerne eine Erfolgsstory verkünden will, ließ das Ministerium die ihm unterstellte Landesbehörde Zentrum Bayern Familie und Soziales (ZBFS) eine Betreuungsgeld-PR-Aktion durchführen, welche die 100-Euro-Prämie bekannt machen sollte: Es wurden 55 000 Flyer an Eltern verschickt. Die Mamas und Papas erhielten zudem vorausgefüllte Formulare, mit denen sie das Betreuungsgeld beantragen konnten. Kosten bis dato: 55 000 Euro.

Kontrollen? Finden nur vereinzelt statt


Hans-Ulrich Pfaffmann, sozialpolitischer Sprecher der Landtags-SPD, schimpft: „Keine andere Leistung des Staates drängt man dem Bürger auf – weder Bildungsgutscheine, noch Kindergeld, noch BaFöG, geschweige denn Hartz IV. Frau Haderthauer versucht verzweifelt, aus einem absoluten Flop eine Erfolgsstory zu machen.“ Derweil versichert ZBFS-Sprecherin Sophie Schäpe der Staatszeitung, dass die PR-Aktion letztlich Personal und Geld sparen helfe, denn die vorausgefüllten Formulare „sichern einen möglichst unbürokratischen Vollzug“. Und überhaupt sei man gesetzlich sogar dazu „verpflichtet“, Bürger über ihnen zustehende Leistungen aufzuklären.
Laut ZBFS ist die PR-Kampagne für das Betreuungsgeld übrigens nicht die erste Aktion dieser Art: Zum Beispiel habe man auch beim so genannten Schwerbehinderten-Feststellungsverfahren rund 13 000 Informationsschreiben geschickt. Darin habe man erklärt, wie Berechtigte bestimmte, nur für Bayern geltende Parkausweise beantragen können.
Bei der Bekämpfung eines möglichen Missbrauchs legt Bayern übrigens keinen vergleichbaren Eifer an den Tag. Auf BSZ-Nachfrage erklärt ZBFS-Sprecherin Schäpe: „Das ZBFS geht davon aus, dass die Angaben der Eltern richtig sind.“ Überprüfungen bei Empfängern von Betreuungsgeld fänden nur „in Stichproben“ statt, es gebe keinen systematischen Datenabgleich mit öffentlichen Kitas. Wer aber auffliegt, muss mit einer Anzeige rechnen. (Waltraud Taschner)

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