Politik

23.05.2024

Braucht die EU eine stärkere Lobbykontrolle?

Die Organisation Lobbycontrol fordert eine bessere Durchsetzung der vor Kurzem eingeführten verschärften Gesetze zur Lobbyismus-Kontrolle. Die SPD-Europaabgeordnete Maria Noichl ist derselben Meinung. Der CSU-Europaabgeordnete Christian Doleschal warnt davor, über das Ziel hinauszuschießen

JA

Maria Noichl (SPD), Mitglied des Europäischen Parlaments

Ja, die EU braucht eine stärkere Lobbykontrolle. Das Europäische Parlament hat schon länger ein Transparenzregister, aber dies ist noch nicht ausreichend. Nur mit mehr Transparenz können wir sicherstellen, dass es nicht zu einer unzulässigen Einflussnahme kommt.

Wir müssen das Vertrauen in die Demokratie und die demokratischen Prozesse stärken. Dabei ist es egal, ob es um die Beeinflussung durch Drittstaaten oder durch andere Lobbygruppen geht.

Deshalb haben wir Sozialdemokrat*innen im Europäischen Parlament auch neue, ambitioniertere Regeln gefordert, welche die Transparenz und Integrität des Parlaments stärken. Diese Regeln müssen für alle Institutionen der Europäischen Union gleichermaßen gelten, daher haben wir von Anfang an die Einführung eines gemeinsamen, unabhängigen Ethikgremiums unterstützt.

Mehrere EU-Behörden, darunter Vertreter*innen von Parlament, Kommission und dem Europäischen Gerichtshof, konnten sich vor Kurzem auf eine gemeinsame Ethikbehörde einigen, die zuständig für Fragen der Integrität, Transparenz und Rechenschaftspflicht in den EU-Institutionen sein soll. Durch die Arbeit der Behörde gewährleisten wir, dass Institutionen der Europäischen Union hohe ethische Maßstäbe einhalten. Das Wächterorgan steht für ein Europa, das konsequent und zuverlässig handelt.

Gleichzeitig müssen wir sicherstellen, dass es sich dabei nicht um einen „Papiertiger“ handelt, sondern dass die Behörde genug Durchsetzungsmöglichkeiten bekommt. Auch die bezahlten Nebentätigkeiten sehe ich sehr kritisch.

Abgeordnete*r zu sein, ist in meinen Augen bereits ein Vollzeitjob und viele von uns haben auch noch Ehrenämter. Abschließend möchte ich noch hinzufügen, dass jedoch die Sicherstellung der Vertraulichkeit von Gesprächskontakten mit gefährdeten Menschenrechtler*innen und Gewerkschafter*innen gewährleistet bleiben muss. 

NEIN

Christian Doleschal (CSU), Mitglied des Europäischen Parlaments

In Brüssel gelten bereits strenge Lobbyregeln, teilweise strenger als in nationalen Parlamenten. Es gibt Lobbyregister, Transparenzregister und die Veröffentlichung jeder zusätzlichen Tätigkeit. All das ist für jeden einsehbar. Abgeordnete müssen die Chance haben, sich umfassend zu informieren, Argumente anzuhören, und Folgen müssen diskutiert werden können. Ziel ist es, mit (auch externem) Fachwissen die besten Entscheidungen zu treffen.

Klar ist, dass man sich an Regeln halten muss. Korruption, wie beim „Katargate“ sozialistischer Abgeordneter, wird streng geahndet. Auch bei illegaler Einflussnahme aus Russland oder China, wie bei der AfD, muss kompromisslos durchgegriffen werden. Die Forderungen nach weiteren Kontrollen sind ein Angriff auf das freie Mandat und die Unabhängigkeit demokratisch gewählter Europaabgeordneter.

Wirtschaftsverbände, wie HWK, IHK, Vertreter von Unternehmen, werden als „böse Lobbyisten“ dargestellt. Scheinbar altruistische NGOs seien dagegen moralisch hochwertige „Berater“. Die Wirklichkeit: Große NGOs wie Greenpeace, Nabu, Deutsche Umwelthilfe oder Transparency haben enorme Macht. Der jüngst beschlossene Ethikrat untergräbt Parlamentarismus, Rechtsstaat und Gewaltenteilung. Willkürlich ausgewählte „unabhängige Experten“ sollen mit auslegungsbedürftigen, moralischen Vorgaben untersuchen, entscheiden und ahnden dürfen. Klare Regeln und einheitliche Standards? Fehlanzeige.

Nichtsdestotrotz besteht Nachholbedarf: Jede Organisation, die Mittel von der EU erhält, soll offenlegen, wie sie die Gelder verwendet. Wir brauchen Transparenz aller Akteure. Das muss auch für NGOs gelten. Viele von ihnen wollen die Gesetzgebung beeinflussen und werden gleichzeitig von der Kommission finanziert. Wir brauchen Klarheit über Finanzierung und Aktivitäten von Unternehmen, aber auch von NGOs – auch wenn es der linken Mehrheit in Europa nicht schmeckt. 
 

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