Politik

Eine Packung veganes Schnitzel auf Basis von Weizenprotein. Die Abgeordneten des EU-Parlaments stimmen über einen Änderungsvorschlag für ein Gesetz ab, nach dem pflanzliche Ersatzprodukte nicht mehr Burger, Schnitzel oder Wurst heißen dürften. (Foto: dpa/Marijan Murat)

09.10.2025

Darf ein Schnitzel aus Soja sein? Das EU-Parlament will Begriffe wie "Veggie-Burger" oder "Tofu-Wurst" verbieten

Brüssel sieht ein "echtes Verwechslungsrisiko". Verbraucherschützer und Unternehmen wie Rügenwalder Mühle und Lidl warnen dagegen vor absurden Folgen und Millionenkosten

Das Europaparlament hat sich für ein Verbot von Bezeichnungen wie „Tofu-Wurst“ oder „Veggie-Burger“ ausgesprochen. Die Ja-Stimmen kamen vor allem von Fraktionen rechts der Mitte. Aber auch Mitglieder der sozialdemokratischen S&D-Fraktion und der Liberalen stimmten dafür. Die deutschen Unions-Abgeordneten votierten mehrheitlich gegen ein Verbot. Die wichtigsten Fragen und Antworten im Überblick:

Welche Begriffe wären betroffen?
In dem Bericht wurden über einen Änderungsantrag mehrere Begriffe eingebracht – darunter „Steak“, „Schnitzel“, „Hamburger“ und „Wurst“. Sie sollen künftig Produkten vorbehalten sein, die aus Tieren hergestellt werden. Eine Mehrheit von 355 Abgeordneten stimmte in Straßburg für das Verbot, 247 dagegen, 30 enthielten sich.

Wie ist die bisherige Rechtslage?
Bisher dürfen Begriffe wie Wurst oder Schnitzel auch für pflanzliche Alternativen verwendet werden. „Für vegane und vegetarische Lebensmittel gibt es keine rechtlich vorgeschriebenen Bezeichnungen, daher können aktuell allgemein übliche oder beschreibende Bezeichnungen verwendet werden“, erklärte ein Sprecher des Bundeslandwirtschaftsministeriums.

Warum soll das geändert werden?
Die zuständige Abgeordnete Céline Imart (EVP) sieht den Verbraucherschutz gestärkt. Es bestehe „ein echtes Verwechslungsrisiko“. Pflanzliche Produkte hätten andere Nährwerte. Zudem gehe es darum, Landwirte zu schützen – pflanzliche Hersteller nutzten laut Imart den guten Ruf tierischer Lebensmittel für ihre Vermarktung.

Auch der Verband der Fleischwirtschaft befürwortet das Vorhaben. Geschäftsführer Steffen Reiter sagte: „Fleisch sollte als wertvolles tierisches Lebensmittel klar von anderen Artikeln unterschieden werden können, ohne dass man dadurch einen Kulturkampf entfacht.“

Was sagen Verbraucherschützer?
Kritik kommt von der Organisation foodwatch. Geschäftsführer Chris Methmann sprach von „Lobbyismus im Dienste der Fleischindustrie“. Niemand kaufe versehentlich Tofuwürstchen, weil er denke, es seien Rinderwürste. Bundesernährungsminister Alois Rainer (CSU) müsse klarstellen, dass Deutschland „diesen Unsinn nicht mitträgt“.

Auch Stephanie Wetzel vom Verbraucherzentrale Bundesverband lehnt das Verbot ab: Begriffe wie „Veganes Seitan-Schnitzel“ seien hilfreich, da sie klar machten, was Verbraucherinnen und Verbraucher geschmacklich erwarte.

Was sagen Unternehmen?
Mehrere Handelsunternehmen – darunter Aldi Süd, Lidl, Burger King, Beyond Meat und Rügenwalder Mühle – haben sich in einem offenen Brief gegen das Verbot ausgesprochen. Die vertrauten Begriffe böten Orientierung und ermöglichten bewusste Kaufentscheidungen. Ein Verbot würde den Verkauf erschweren.

Eine Sprecherin der Rügenwalder Mühle sagte: „Schnitzel oder Burger beschreiben eine Zubereitungsart – nicht das Ausgangsprodukt.“ Das Unternehmen rechnet bei einer Umsetzung mit Umstellungskosten in Millionenhöhe. Auch Rewe, Aldi Nord, der Lebensmittelverband Deutschland und der Bundesverband des Deutschen Lebensmittelhandels lehnen das Verbot ab.

Wie stehen Politiker in Deutschland dazu?
Kritik kommt auch von konservativen Abgeordneten. CDU-Europaabgeordneter Peter Liese nannte das Vorhaben eine „unsinnige Forderung“. SPD, Grüne und Greenpeace sind ebenfalls dagegen.

Eine offizielle Position der Bundesregierung liegt noch nicht vor. Das Landwirtschaftsministerium erklärte, die Koalition setze auf die Selbstbestimmung der Verbraucher. Bundeskanzler Friedrich Merz sagte jüngst: „Eine Wurst ist nicht vegan.“

Wie groß ist der Markt in Deutschland?
2024 wurden laut Statistischem Bundesamt rund 121.600 Tonnen pflanzlicher Ersatzprodukte hergestellt – ein Plus von vier Prozent gegenüber dem Vorjahr. Seit 2019 hat sich die Produktion verdoppelt. Dennoch bleibt der Anteil gering: Der Pro-Kopf-Verbrauch liegt bei 1,5 Kilogramm, der von Fleisch bei 53,2 Kilo.

Wie geht es weiter?
Das Parlament muss nun mit den EU-Staaten über die endgültigen Regeln verhandeln. Eine Einigung ist offen. Die erste Runde ist für den 14. Oktober angesetzt. (dpa)

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