Politik

Im Wahlkampf weht Bayerns Grünen oft heftiger Gegenwind entgegen. Nicht nur CSU-Chef Söder poltert bei jeder Gelegenheit gegen die Partei. Am Ende könnte sich dies im Landtag auch für ihn rächen. (Foto: dpa/Christian Kolbert)

02.10.2023

Wahlkampf im Dauerfeuer

Brauchen Bayern und die CSU starke Grüne?

Steinwurf, Pöbeleien, Trillerpfeifen: Seit Wochen und Monaten weht Bayerns Grünen im Wahlkampf heftiger Gegenwind entgegen - und dies nicht nur in den sozialen Netzwerken. Unrühmliche Tiefpunkte waren der Steinwurf auf das Spitzenduo Katharina Schulze und Ludwig Hartmann jüngst in Neu-Ulm oder der Auftritt unter Polizeischutz in Chieming Anfang August.

"Da können andere noch so viel Triller pfeifen oder sogar Steine werfen oder uns mit Hass und Hetze im Internet überschütten, wir weichen nicht", sagt Schulze am Sonntag auf dem kleinen Parteitag der bayerischen Grünen in München. An ihre Parteifreunde gerichtet, betont sie: "Wir stehen weiter zusammen, weil wir wissen, warum wir kämpfen." Es sei Aufgabe der Grünen, die Demokratie zu verteidigen. Die Grünen könnten stolz darauf sein, "dass wir es geschafft haben, nicht in diesen Populismus zu verfallen", betont Hartmann.

Auch die regierende CSU um Ministerpräsident Markus Söder nennt zwar die AfD ihren "Hauptgegner", im selben Atemzug poltert sie sozusagen als Dauerbeschuss aber seit Monaten am liebsten gegen die Grünen. Gerne wird dann, oft zugespitzter als faktentreu, von den CSU'lern - genau wie von Hubert Aiwangers Freien Wählern - gewarnt vor vermeintlichen Umerziehungs- und Verbotsfantasien. Mehr noch: Wann immer Söder bei einem seiner zahllosen Wahlkampftermine auf schnellen Applaus aus ist, genügt Kritik an den Grünen und die Betonung, mit diesen sei in Bayern keine Regierung möglich.

Kleinere Brötchen backen

In den Umfragen müssen die Grünen seit Monaten deutlich kleinere Brötchen backen als 2018: Schielten sie damals bei den Demoskopen auf die 20-Prozent-Marke - am Ende wurden es 17,6 Prozent - , liegen sie seit Wochen deutlich darunter. Innerhalb der Partei werden dem Vernehmen nach bereits die jüngst in ZDF-Umfragen prognostizierten 16 Prozent als "gutes Ergebnis" angesehen. Verglichen mit den zwischenzeitlich 14 Prozent muss das wohl auch so gesehen werden. Die Tendenz stimme, es gehe wieder aufwärts, heißt es aus der Partei.

Ebenfalls positiv gewertet wird in den Reihen der Grünen, dass sie trotz der massiven Gegenwehr und der zugespitzten Stimmungslage mit 14 bis 16 Prozent noch verhältnismäßig gut dastehen - auch besser als in den bundesweiten Umfragen. Letztlich wäre es dann auch noch das zweitbeste Ergebnis in Bayern, sagt ein führendes Parteimitglied. 2013 hatten die Grünen nur 8,6 Prozent der Stimmen geholt. Somit sei es gelungen, viele Erstwähler von 2018 erneut von sich zu überzeugen.

Als Gründe für das sich seit Mai abzeichnende Stimmungstief werden nicht nur innerparteilich die Unzufriedenheit mit der Ampel-Politik im Bund und die Zerstrittenheit in der Bundesregierung genannt. Auch konkrete Beschlüsse der grünen Bundesminister wie das Heizungsgesetz von Wirtschaftsminister Robert Habeck oder Positionierungen wie das Gendern werden der Partei (nicht nur) in Bayern in konservativen Kreisen negativ ausgelegt. Keine Frage, auch SPD und FDP haben damit zu kämpfen, aber dank der Dauerkritik von CSU und Freien Wählern stehen die Grünen eben doch ganz besonders im Fokus.

Grüne sollen nicht schlechter abschneiden als AfD

Dabei ist es trotz allem von Bedeutung, und auch das ist von CSU wie Freien Wählern unter der Hand zu hören, dass die Grünen bei der Wahl am 8. Oktober nicht schlechter als die AfD abschneiden. Im Umfragen liefern sich die beiden Parteien ein Kopf-an-Kopf-Rennen. Sollte es - und danach sieht es aus - eine Fortsetzung der Koalition von CSU und FW geben, ist es für das Gefüge im Landtag nicht unerheblich, wer stärkste Oppositionsfraktion ist und damit bei Redezeiten und der Reihenfolge der Redner einen besonderen Status innehat. Auch die Vergabe wichtiger Posten in den Landtagsausschüssen hängt direkt vom Abschneiden bei der Wahl ab.

Als Wahlziel hatten die Grünen eine Regierungsbeteiligung ausgegeben. Aufgrund der Vorfestlegung der CSU auf eine Fortsetzung der Koalition mit den Freien Wählern gilt das aber als unwahrscheinlich - obwohl sich bei den Christsozialen durchaus Kritik an den Freien Wählern regt, die es sich offenkundig rechts der CSU bequem machen. Da eine Regierung ohne die CSU in Bayern Umfragen zufolge nicht zu erwarten ist, blicken einige Grüne bereits auf die Wahl 2028: Dann wäre Schulze, die derzeit bekannteste Grünen-Politikerin im Freistaat, über 40 Jahre alt und könnte sich für das Amt der Ministerpräsidentin bewerben. Diesen Gedanken schieben in der CSU bisher noch alle Strategen von sich weg.
(Marco Hadem und Sabina Crisan, dpa)

 

 

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