Politik

19.02.2016

Ein Grapsch-Paragraf muss her

Ein Kommentar von Angelika Kahl

Ein beherzter Griff an den Hintern einer Unbekannten. Oder an die Brust. In der Münchner Fußgängerzone. Das ist völlig okay! Nur im Büro sollte Mann das tunlichst unterlassen. Es ist absurd, aber sexuelle Belästigung kennt nur das Arbeitsrecht – es droht der Jobverlust. Grapschen im öffentlichen Raum ist straffrei.

Völlig grotesk aber ist es, dass sich daran auch mit dem Gesetzentwurf zur Verschärfung des Sexualstrafrechts von Bundesjustizminister Maas (SPD) nichts ändert. Der liegt seit Mitte 2015 vor, nach den Ereignissen in Köln arbeitet man mit Hochdruck an der Umsetzung. Die Strafbarkeit der sexuellen Nötigung und Vergewaltigung soll auf Fälle erweitert werden, in denen das Opfer keinen Widerstand leistet – entweder aufgrund von Überrumpelung oder Angst. Grapschen über der Bekleidung aber bleibt straffrei. Denn eine sexuelle Nötigung ist das noch nicht, liegt es doch unter der „Erheblichkeitsschwelle“, wie es im Gesetz heißt. Sexuelle Belästigung aber kommt dort auch künftig mit keinem Wort vor. Was zwar die Unions-Frauen erzürnt, die CSU-Herren aber irritierenderweise nicht zu jucken scheint. Sowohl Bayerns Justizminister Bausback als auch die Landtagsfraktion lassen ausrichten, mit dem Thema habe man sich noch nicht beschäftigt.

Der CSU  ist's offenbar egal

In Einzelfällen behelfen sich Gerichte mit dem Konstrukt der sexuellen Beleidigung. Allerdings ist das ein Notbehelf, der meist nicht standhält. Denn eine Beleidigung ist nicht deshalb eine Beleidigung, weil sich das Opfer gekränkt fühlt. Juristisch ist sie nur dann erfüllt, wenn der Täter vorsätzlich jemanden beleidigen will. Greift er an einen Hintern, weil der ihm gefällt, ist das also nicht strafbar. Zeigt er dagegen einem Mitmenschen den Stinkefinger, droht eine Geldstrafe. Ein Witz. Dabei wäre die Lösung einfach: ein Grapsch-Paragraf, der auch die sexuelle Belästigung unter Strafe stellt. Denn Betatschen ist natürlich entwürdigend und kann verletzen. In Österreich steht das Po-Grabschen übrigens seit 1. Januar unter Strafe. Und nein, die Polizei muss sich dort seitdem nicht mit Unmengen ungewollter Annäherungsversuche aufgrund falschverstandener Flirtsignale herumplagen, wie von Gegnern der Gesetzesverschärfung prophezeit. Und wenn es doch mal ein Missverständnis gibt? Nun ja, es kommt ja auch nicht jeder Stinkefinger zur Anzeige.

Kommentare (1)

  1. Rüdiger008 am 21.02.2016
    das darüber überhaupt debattiert werden muss..?! Wenn ein Mensch von einem anderen nicht angefasst werden will und der andere das nicht akzeptieren mag dann ist das selbstverständlich kriminell.
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