Politik

14.03.2019

Erhöhung des Rundfunkbeitrags: Ist eine Anpassung notwendig?

ARD und ZDF wollen mehr Geld. Johannes Kreile, Justiziar der Allianz Deutscher Produzenten – Film & Fernsehen unterstützt das. Ganz anders Martin Hagen, Vorsitzender der FDP-Fraktion im Landtag. Er fordert stattdessen eine Verschlankung des Ö-R.

JA

Johannes Kreile, Justiziar der Allianz Deutscher Produzenten – Film & Fernsehen e.V.:

Seit nahezu einem Jahrzehnt ist der Rundfunkbeitrag nicht nur stabil, er konnte in dieser Zeit sogar einmal gesenkt werden. Effektive und effiziente Sparbemühungen der Rundfunkanstalten haben dazu beigetragen, dass er von 17,98 Euro auf 17,50 Euro reduziert werden konnte. Hierzu hat auch die Tatsache beigetragen, dass die Rundfunkanstalten aufgrund der Umstellung von der Rundfunkgebühr auf den Rundfunkbeitrag Rücklagen ansammeln konnten, die jedoch spätestens 2020 komplett verbraucht sind.

Um auch künftig neben den Flaggschiffen Information, Kultur und Bildung attraktive Unterhaltungsprogramme anbieten zu können, die von der freien Produktionswirtschaft in Deutschland gestaltet werden, ist eine Beitragserhöhung notwendig.

Warum ist das Erzählen von fiktionalen Geschichten so wichtig? Diese vermitteln eine Vielzahl von Stimmungen im Lande und können als Spiegelbild der Gesellschaft einen wichtigen Beitrag zur Meinungsvielfalt leisten. Und eine pluralistische Gesellschaft bedarf des Ausdrucks einer Vielzahl von Meinungen, die vortrefflich in fiktionalen Geschichten erzählt werden können. So ist die Darstellung von wichtigen Zeitabschnitten, ob es nun Kudamm 56/59, Charité oder der erfolgreiche Zweiteiler Gladbeck ist, ein wichtiger Beitrag zum Zusammenhalt eines Landes.

Zu Recht fordern Urheber und Kreative seit Langem, ihre Leistungen angemessen zu vergüten: Autoren, Regisseure oder Komponisten haben auch einen Anspruch darauf. All dies muss in der Produktion umgesetzt werden, attraktive Programme fordern eine angemessene Bezahlung der Mitwirkenden.

Nach über zehn Jahren Beitragsstabilität können Preissteigerungsraten nicht mehr aufgefangen werden. Will man das Leistungsniveau der vielen Fernsehfilme, die für unsere Kultur im Lande prägend sind, erhalten, bedarf es einer Beitragserhöhung, die sich an dem Rahmen orientiert, den die Rundfunkanstalten der KEF zur Beschlussfassung vorlegen.

NEIN

Martin Hagen, Vorsitzender der FDP-Fraktion im Landtag:

Ein öffentlich-rechtlicher Rundfunk, der frei von kommerziellen Zwängen und politischer Beeinflussung ein qualitativ hochwertiges Programm anbieten kann, ist von großer Bedeutung für ein demokratisches Gemeinwesen. Damit ARD, ZDF & Co diesem Anspruch gerecht werden können, werden sie großzügig finanziert: Sie erhalten jährlich 7,9 Milliarden Euro aus Gebühren – und damit 60 Prozent mehr als die weltweit für ihr Programm geschätzte British Broadcasting Corporation (BBC). In absoluten Zahlen leistet sich Deutschland den teuersten öffentlichen Rundfunk der Welt.

Die FDP steht zum dualen System, also dem Nebeneinander von privaten Medien und öffentlich-rechtlichem Rundfunk. Es sichert Qualität und Meinungsvielfalt. Vor einer Diskussion über noch mehr Geld muss aber die Aufgabenkritik stehen: Die künftige Finanzierung ergibt sich aus der notwendigen Reform des öffentlich-rechtlichen Rundfunks. Die Freien Demokraten halten eine Verschlankung für ebenso geboten wie eine Fokussierung des Programmauftrags auf Information, Bildung und Kultur.

Qualitätsjournalismus muss wieder zum Markenzeichen von ARD und ZDF werden, nicht teure Sportübertragungen und Unterhaltungsshows. Was in ähnlicher Form bei privaten Anbietern läuft, muss nicht von den Öffentlich-Rechtlichen kopiert werden. Die Masse an Sendern – rund 20 Fernseh- und 70 Hörfunkprogramme – ist genauso zu hinterfragen wie die Existenzberechtigung von winzigen Regionalanstalten wie Radio Bremen oder dem Saarländischen Rundfunk.

Ohnehin erfordert das veränderte Mediennutzungsverhalten der Bevölkerung neue Antworten der Anbieter. Streaming-Dienste verdrängen zunehmend das lineare Fernsehen. Inhalte werden wichtiger als Sender. Den Rundfunkbeitrag immer weiter zu erhöhen dämpft den Reformdruck und entbindet die Rundfunkanstalten von ihrer Verantwortung gegenüber den Beitragszahlern.

Kommentare (5)

  1. Giselle am 17.03.2019
    Klarname zum Beitrag soeben
  2. Giselle am 17.03.2019
    Die Antwort ist eindeutig: NEIN.
    Bevor wir über Geld reden, müssen wir erst mal den Rahmen abstecken. Wieviel ÖR wollen wir uns leisten und wieviel Geld benötigen wir dafür. Was ist Grundversorgung? Wie weit geht sie? Brauchen wir ca. 20 Fernsehsender? 2013 hatten wir 62 ör Radiosender, 2018 bereits 71.
    Es ist unstrittig, dass der ÖR dringender Reformen bedarf, leider wurde viel versprochen und wenig getan. Das Thema ist sehr komplex, sodass ich nur einige Punkte anreissen kann.

    Bereits den Anknüpfungspunkt der Wohnung für den Rundfunkbeitrag halte ich für falsch. Er belastet Alleinwohnende und verteuert für sie das Wohnen. In der Evaluation 2015 sollte dies noch mal betrachtet werden. Zu meiner Verwunderung teilte man als Termin für die Beteiligung der Bürger den 31.7.2015 mit. Der Abschlussbericht stand unter Datum 7.7.2015 dann im Internet.
    Der Anknüpfungspunkt Wohnung benachteiligt Frauen übermäßig, da sie häufiger allein wohnen.
    Dafür dürfen Frauen die Männerdominanz finanzieren. Nach einer Studie der Uni Rostock sind Frauen in Film und TV unterrepräsentiert.
    Wie steht es mit dem Datenschutz? Hier wird ein Nebenmelderegister geschaffen und gespeichert, wer wo wann mit wem zusammen wohnte.
    Wenigstens ist jetzt die Doppelbelastung für Leute mit Zweitwohnung vom Tisch.

    Wie soll es mit den Angeboten im Internet weitergehen? Streamen kostet die Sender Geld.
    In der Vorlage des Herrn Kirchhof sollte der ÖR frei von Werbung sein. Nach ca. 10 Jahre wird davon nicht mehr gesprochen.

    Es ist bekannt, dass Geld in den Pensionskassen fehlt. Ich habe den Eindruck, dass man mit Beitragserhöhungen nur das hoheVersorgungsniveau stützen will.
    Eine Indexierung geht gar nicht, damit entzieht man den Prozess der parlamentarischen Kontrolle.
    Ich möchte als Zuschauer und als Beitragszahler in diesen Prozess eingebunden sein. Nur dann kann Akzeptanz erreicht werden.
  3. Heidi Baumgartner am 16.03.2019
    Eine Anpassung ist dringend nötig, ja... nach Null.
    Das ist eine Zeangsabgabe, die seinem Sinn in keinster Weise gerecht wird.
  4. rudi am 15.03.2019
    Der Argumentation Herrn Hagens und des Kommentars KanarZ gibt es kaum etwas hinzufügen: vielleicht noch, dass sich hier ohne wirksame Kontrolle Strukturen geschaffen haben, die qualitativ wenig bringen und viel kosten. Obwohl ich Sportfan bin sehe ich hier beim öffentlich rechtlichen Rundfunk Sparpotenzial ohne Ende : Doppel-Kommentatoren, Doppel-Experten usw. Was außerdem zu fehlen scheint, sind echte und objektive Kontrollstrukturen, die verhindern, dass sich Sender immer mehr ausweiten und aufblähen. Dies obwohl bei der Jugend kaum jemand überhaupt Fern sieht und wenn schon überhaupt nicht öffentlich, d.h. der Empfängerkreis eher deutlich rückläufig ist. Die Konzentration auf Information Bildung und Kultur wie genannt wäre deshalb genau der Fokus: bei den Vergütungsstrukturen sollte sich wieder mehr am öffentlichen Bereich orientiert werden. Ein Anchorman von Heute journal soll gut verdienen, weswegen jedoch hoch 5-stellig?
  5. KanarZ am 14.03.2019
    Es ist keine Erhöhung nötig. Da hilft es wirklich nach Großbritannien zur BBC zu sehen. Die bekommen mit Milliarden Euro weniger ein besseres Programm hin. In unserem System ist mehr als genug Geld vorhanden für kreatives und gutes Programm. Es muss halt nur richtig verwendet werden. Weniger Geld in Verwaltung, Doppelstrukturen und Pensionen und mehr ins Programm.
    Erst müssen Reformen durchgeführt werden bevor man über Beitragssteigerunen nur nachdenkt.
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