Politik

28.09.2018

Gestückelter Filz

Prozess gegen Ex-OB Wolbergs: ein Kommentar von Florian Sendtner

Gut 475 000 Euro soll der Regensburger Bauunternehmer Volker Tretzel im Vorfeld der letzten Kommunalwahl an den SPD-Ortsverein Regensburg-Süd gespendet haben. Und zwar nicht auf einmal, sondern hübsch gestückelt, in Tranchen zu 9900 Euro – ab 10 000 Euro sind Parteispenden veröffentlichungspflichtig. Und die jeweils 9900 Euro kamen auch nicht nur vom Konto des Baulöwen, sondern vor allem von anderen Personen. Die alle mit Tretzel in Verbindung standen: Angestellte seines Bauunternehmens, seine Schwiegermutter. Wurden alle diese Spender von einer plötzlichen Zuneigung zur SPD übermannt? Rein zufällig erhielt das Bauunternehmen Tretzel bald darauf den Zuschlag für den lukrativen Baugrund der vormaligen Nibelungenkaserne. Und Tretzels Angestellte bekamen die Parteispende von ihrem Arbeitgeber rückvergütet.

Der „Fall Wolbergs“, der seit dieser Woche vor dem Regensburger Landgericht verhandelt wird, ist ein Präzedenzfall in Sachen kommunaler Korruption. Der suspendierte Regensburger SPD-Oberbürgermeister muss sich wegen Vorteilsannahme verantworten. Joachim Wolbergs präsentierte sich zu Prozessbeginn als die verfolgte Unschuld vom Lande, verstieg sich gar dazu, der Staatsanwältin zu drohen. Das fehlende Unrechtsbewusstsein kommt nicht von ungefähr.

Regensburger Korruptionssumpf wurde keineswegs von der SPD erfunden

Denn der Regensburger Korruptionssumpf wurde keineswegs von der SPD erfunden. Vor Wolbergs war 18 Jahre lang CSU-Mann Hans Schaidinger am Ruder, auch gegen ihn ermittelt die Staatsanwaltschaft. Wolbergs ging als dritter Bürgermeister sechs Jahre lang bei Schaidinger in die Lehre, bevor er selbst OB wurde. Und gegen den örtlichen CSU-Landtagsabgeordneten Franz Rieger wird wegen des Verdachts der Erpressung ermittelt. Auch bei Riegers ultraklerikalem Wahlkampfmanager Peter Kittel fand eine Durchsuchung statt. Rieger soll einem anderen lokalen Baulöwen dringend nahegelegt haben, für die CSU zu spenden, andernfalls könne es mit städtischen Zuschlägen knapp werden. Der Bauunternehmer parierte.

Die einzige Hoffnung ruht jetzt auf einer unabhängigen Justiz, der es gelingen könnte, dieses jahrzehntelange, parteiübergreifende System der ganz selbstverständlichen Verfilzung endlich zu zerschlagen.

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