Politik

Teures Pflaster – hier der Landkreis Starnberg: Wer in Bayern erbt, kommt in vielen Regionen über den Freibetrag und muss dann Erbschaftsteuer zahlen. (Foto: dpa/Ulrich Wagner)

12.09.2025

Große Vermögen bleiben oft verschont: Ein ungerechtes System

Die Erbschaftsteuer sorgt laufend für Zoff – wie könnte ein gerechteres Modell aussehen?

Als Verlegerin Friede Springer Mathias Döpfner, dem Vorstandsvorsitzenden der Axel Springer SE, 2020 Firmenanteile im Wert von rund einer Milliarde Euro schenkte, dürfte er Beobachtern zufolge weitgehend steuerfrei davongekommen sein. Möglich macht das das deutsche Steuerrecht, das bei der Übertragung von Betriebsvermögen, land- und forstwirtschaftlichem Besitz sowie Anteilen an Kapitalgesellschaften einige Ausnahmen zulässt.

Ab einem Großvermögen von 26 Millionen Euro können die Begünstigten beispielsweise die sogenannte Schonungsbedarfsprüfung beantragen: Wer nachweisen kann, dass er die eigentlich fällige Erbschaft- oder Schenkungssteuer nicht aus seinem bisher verfügbaren Vermögen bezahlen kann, muss nichts zahlen. Geschaffen wurde diese Regelung, um die Weiterführung eines Betriebs zu sichern. Freilich kann sie auch als Steuersparmodell dienen.

Enorme Wertsteigerungen

Normale Eigenheimbesitzer können sich solche Überlegungen sparen. Zwar gelten Steuerfreibeträge, wenn Vermögen auf direkte Verwandte oder Ehepartner übertragen wird, doch diese Freibeträge wurden seit mittlerweile 17 Jahren nicht mehr angepasst. 500.000 Euro gelten bei Ehepartnern, 400.000 Euro bei Kindern und 200.000 Euro bei Enkeln, falls deren Eltern noch leben. Bei Erbschaften gilt der Betrag einmalig, bei Schenkungen kann er alle zehn Jahre ausgeschöpft werden.

Das hört sich nach viel an, ist aber bei Immobilien- oder Grundbesitz je nach Region schnell überschritten. Denn in vielen Regionen Bayerns gab es enorme Wertsteigerungen. Die Konsequenz: Nicht selten muss das geerbte Haus verkauft werden, um die fällige Erbschaftsteuer – je nach Vermögen und Verwandtschaftsgrad zwischen 7 und 50 Prozent des Vermögenswerts – zahlen zu können.

Beispiel Dachau im Münchner Speckgürtel: Dort kommt schon ein Einfamilienhaus auf 600 Quadratmetern Grund auf einen Verkehrswert von mehr als einer Million Euro.

Reformbedarf sehen alle Parteien – nur wie?

Angenommen, der Sohn hat das Haus seiner Eltern geerbt, wohnt aber selbst mit seiner Familie in einem noch nicht ganz abbezahlten Haus in der Nähe seiner Arbeitsstätte in Nürnberg. Seine Tochter könnte sich vorstellen, nach ihrem Studium in das Haus nach Dachau zu ziehen. Doch die Familie kann die 90.000 Euro Erbschaftsteuer (15 Prozent des Vermögens nach Abzug des Freibetrags) nicht aufbringen und muss das geliebte Haus schließlich doch verkaufen.

Die einzige Möglichkeit, die Steuer zu umgehen, wäre der direkte Einzug der Familie in das geerbte Haus gewesen. Doch oft lassen die Lebensumstände solch eine Option nicht zu, so auch in diesem Szenario. 

„Uns droht der Ausverkauf unserer Heimat“, klagt denn auch Bayerns Finanzminister Albert Füracker (CSU). Die CSU hat schon 2023 Klage beim Bundesverfassungsgericht eingereicht, bei der Bundesregierung und den anderen Ländern fanden sich keine Unterstützer. Ziel sind geringere Steuersätze – Ministerpräsident Markus Söder spricht von einer Halbierung der Sätze – und höhere persönliche Freibeträge. Um das selbst bestimmen zu können, fordert die CSU eine Regionalisierung der Steuer. Schließlich, so die Argumentation, kommen die Einnahmen den Ländern zugute. 

Die Freien Wähler fordern schon lange – wie auch die AfD oder der Bund der Steuerzahler – eine komplette Abschaffung von Erbschaft- und Schenkungssteuer, „für den Schutz des Eigentums“, wie der finanzpolitische Sprecher der Freie-Wähler-Landtagsfraktion, Stefan Frühbeißer, erklärt. In Österreich etwa gibt es die Steuer nicht. Erbschaft- und Schenkungssteuer machten ohnehin nur einen geringen Anteil am Gesamtsteueraufkommen aus. 

Genau genommen sind es 2,68 Milliarden Euro, die laut Finanzministerium im vergangenen Jahr in Bayern aufkamen. Der Gesamthaushalt umfasst rund 77 Milliarden Euro. Trotzdem müsste diese Lücke im Haushalt irgendwie gefüllt werden, sagt Tim Pargent, der finanzpolitische Sprecher der Grünen im Landtag.

So wie bisher lassen will die Steuer niemand. Auch die Grünen sehen Nachbesserungsbedarf. Sie stellen sich einen Freibetrag von einer Million Euro vor, der dann nur einmal im Leben abgerufen werden darf, und einen einheitlichen Steuersatz von 25 Prozent – der für alle Verwandtschaftsgrade und Beträge gilt. „Die Höhen sind aber nicht in Stein gemeißelt“, sagt Pargent. Und: Das Familienheim solle auf jeden Fall unangetastet bleiben. „Hauptsache, die Kompletterlassmöglichkeit fällt weg.“

Steuerbegünstigungen für Großvermögen

Er meint die großen Vermögen, die mit vergleichsweise wenig Steuerlast übertragen werden können, was auch die SPD ändern möchte. Schätzungen zufolge werden in Deutschland jedes Jahr Vermögen im Wert von rund 400 Milliarden Euro verschenkt und vererbt. Eingenommen hat der Staat im vergangenen Jahr davon aber nur 13,3 Milliarden Euro. Das liegt zum großen Teil an den Freibeträgen. Nicht unerheblich ist aber auch der Anteil der gewährten Steuerbegünstigungen vor allem für Betriebsvermögen und Anteile an Kapitalgesellschaften: Insgesamt 17,1 Milliarden Euro wurden erlassen.

Ist diese unterschiedliche Besteuerung von Firmenvermögen und anderem Besitz fair? Zu dieser Frage wird noch in diesem Jahr mit einem Urteil des Bundesverfassungsgerichts gerechnet – möglicherweise mit der Forderung nach einer Angleichung der Besteuerung. 

Wird das Gericht Bayern folgen und eine Regionalisierung unterstützen? Der Grüne Pargent hält das für unrealistisch. Denn selbst in Bayern gebe es große Unterschiede, etwa zwischen Grundstücken in Oberfranken und am Starnberger See. Eigentlich müsse man dann sogar innerhalb von Kommunen differenzieren, sagt Pargent. Ein bürokratischer Albtraum.
(Thorsten Stark)
 

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